Zitat von
Ingeborg
Kirchenvertreter reagierten in Deutschland – anders als in den USA - bisher eher defensiv und teilweise sogar mit Selbstkritik, wie sie etwa Robert Leicht, der Präsident der Evangelischen Akademie zu Berlin, im Tagesspiegel vorbrachte: Das vormalige Ratsmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) setzte die Toten bei den Anschlägen auf die Twin Towers mit der Zahl der Opfer der "Attentate und Gewaltakte, die in den USA aus christlich deklarierter Motivation in den letzten ein, zwei Jahrzehnten verübt worden sind" in Relation und kam zu dem Ergebnis "dass dieser religiöse Terrorismus es in der Summe mit dem 9/11-Anschlag aufnehmen kann."
Eher mit der Reaktion amerikanischer Religionisten vergleichbar scheint dagegen die im Blog "Politically Incorrect". Während man dort sonst stets darauf bedacht ist, den Unterschied zwischen "Religionskritik" und "Rassismus" zu betonen, legte man bei Dawkins offenbar einen anderen Maßstab an und begrüßte ihn nicht als Aufklärer, sondern urteilte pauschal, sein Buch sei "antisemitisch". Begründet wurde das mit einer Passage, die sich wenig von dem sonst auf der Website vorherrschenden Duktus unterscheidet:
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"Der Gott des Alten Testaments ist die unangenehmste Gestalt in der gesamten Literatur: Er ist eifersüchtig und auch noch stolz darauf; ein kleinlicher, ungerechter, nachtragender Überwachungsfanatiker; ein rachsüchtiger, blutrünstiger ethnischer Säuberer; ein frauenfeindlicher, homophober, rassistischer, Kinder und Völker mordender, ekliger, größenwahnsinniger, sadomasochistischer, launisch-boshafter Tyrann."
Angreifbarer scheint Dawkins Werk von einer anderen Seite her: Er verwendet einen relativ engen Gottes- und Religionsbegriff. Seit Émile Durkheim wurde der Religionsbegriff jedoch auch auf Glaubensphänomene ausgeweitet, die traditionell nicht als Religion wahrgenommen werden – dafür aber um so besser als solche funktionieren. Damit ließe sich dann die Frage stellen, ob tatsächlich nur der Islam, das Christentum, Scientology, die Mormonen (deren Mitglied Mitt Romney derzeit der aussichtsreichste republikanische Präsidentschaftskandidat ist) und der Diskordianismus eine potentielle Gefahr darstellen – oder beispielsweise auch der Glaube an das "Geistige Eigentum"?
Telepolis hat dazu eine Umfrage gestartet: Welche Religion ist die gefährlichste? Wir bitten um lebhafte Beteiligung.
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