Die Stelle findet sich zwar am angegebenen Orte, wenn auch keineswegs in der Ordnung. Sie enthält nicht Gesetze, sondern Aussprüche dreier um die Auffassung eines Satzes sich streitender Lehrer. Daß dies der so gern citirende Herr Professor nicht beachtet, kommt daher, daß er überhaupt gar keinen Talmud zu lesen versteht. Die Aussprüche der drei Männer werden sich aber leicht verstehen lassen, wenn man weiß, was der Talmud gewöhnlich "Ketzer" und "Verräther" nennt. Der erstere heißt im Urtext "Mîn", der zweite "Môsêr". Unter Mîn versteht man einen Israeliten, der offenbar Götzendienst ausübt, und unter fremden Völkern kennt der Talmud bezüglich des Judenthums keinen Ketzer; so steht ausdrücklich in Tr. Chullin f. 13, 2.:
"Es giebt keine Mînim unter den fremden Völkern, (denn sie halten die Sitte ihrer
Väter, erklärt Raschi)." Der Mîn ist also ein Israelite. Ebenso ist der Môsêr, wie
Raschi zur Stelle erklärt, "der (34) Verleumder, der das Vermögen seiner
Bundesgenossen in die Hand Fremder bringt. "Wissen Sie nun, Herr Professor,
welche Sorten Menschen Mîn und Môsêr sind? Israeliten, die vor einem Steine einen Götzen anbeten und ihre Bundesgenossen zur Folter führen; nicht Glieder fremder Völker.