Der Landtag möge beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine Streichung des § 130 StGB (sogenannte „Volksverhetzung“) zu verwenden.
Udo Pastörs und Fraktion
Begründung:
Paragraph 130 StGB („Volksverhetzung“) ist verfassungsrechtlich äußerst bedenklich und steht - unbeschadet des rechtswirksamen Verbots von Parteien und Organisationen - insbesondere in Widerspruch zu Artikel 3 Abs. 1 GG („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“) und Art. 5 Abs. 1 GG [„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (...)“].
Auch das vom Gesetzgeber insbesondere im Kontext der Novellierung des Paragraphen 130 StGB im Jahre 1994 geltend gemachte Interesse am „öffentlichen Frieden“ kann kein ausreichend fassbarer Rechtsgrund für eine rechtsstaatlich legitimierte Strafandrohung sein. Der in Teilen der Literatur als Rechtsgut aufgefasste „öffentliche Friede“ hat in seiner dort verwendeten Umschreibung als „Gefühl der Sicherheit“ keinen weiterführenden Inhalt und legitimiert eine strafrechtliche Verfolgung namentlich der im Tatbestand des § 130 Absatz 3 genannten Äußerungen („Billigen“, „Leugnen“, „Verharmlosen“) nach Auffassung der Fraktion der NPD in keiner Weise. Ebenso wenig vermag der Verweis auf den Würde- und Achtungsanspruch der Opfer des NS-Regimes ein vermeintlich besonderes öffentliches Interesse an der durch den in Rede stehenden § 130 StGB normierten Strafverfolgung zu fundieren. Die von der Fraktion der NPD geforderte komplette Streichung des Strafrechtsparagraphen 130 erscheint auch und gerade vor dem Hintergrund einer ausufernden und fundamentalen Prinzipien des Rechtsstaates entgegenstehenden Gesinnungsjustiz in der Bundesrepublik als dringend geboten; dies umso mehr, als die Aushöhlung rechtsstaatlicher Grundsätze im Wege der Tabuisierung und Inkriminierung von Meinungsäußerungen durch den Gesetzgeber - namentlich im Kontext der Verschärfung von 1994 - diesem durchaus bewusst ist. So kommentierte der frühere brandenburgische Innenminister Alwin Ziel (SPD) eine Interviewfrage des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, ob eine weitere Verschärfung des Strafrechtsparagraphen 130 nicht auf ein „Gesinnungsstrafrecht gegen Rechts“ hinauslaufe, mit den Worten:
„Allerdings meine ich, daß wir seit 1990 eine neue Qualität der juristischen Diskussion berücksichtigen müssen. (...) Die Vereinigung ist nicht ohne Einfluß auf den ordre public geblieben. Von daher sind auch Eingriffe in Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die vor der Wende als kritisch galten, heute gerechtfertigt. Deutschland und sein Grundgesetz sind heute etwas anderes, als sie es vor der Vereinigung waren.“ Im Zuge dieser Entwicklung sind von „Eingriffen in die Meinungs- und ersammlungsfreiheit“ in der laufenden Rechtsprechung der Bundesrepublik heute nicht mehr nur konträre, vom offiziösen Meinungsbild (Stichwort: „Offenkundigkeit“) abweichende Äußerungen zu Fragen der Zeitgeschichte betroffen, sondern zunehmend auch Äußerungen zu essentiellen politischen Fragen unseres Gemeinwesens, etwa im Bereich der Ausländer- und Asylpolitik. Angesichts eines exzessiven und auf allen Ebenen der Meinungsbildung betriebenen „Kampfes gegen Rechts“ muss sich eine flankierende Strafgesetzgebung, von der bestimmte Meinungsäußerungen selektiv betroffen sind, besonders verheerend auswirken, weil dies zu einer Schwächung des Rechtsstaates führt.
Hier meldet die Fraktion der NPD dringenden Handlungsbedarf an. Sie erachtet es als für die Meinungsvielfalt im demokratischen Rechtsstaat konstitutiv, dass das Spektrum der im öffentlichen Raum geäußerten und diskutierten Meinungen gerade auch Äußerungen und Bekundungen umfasst, die als „umstritten“ gelten und von der durch Medien und Parteien vorgegebenen herrschenden Lesart abweichen. Im Extremfall muss ein demokratisches Gemeinwesen auch mit der öffentlichen Artikulation von Irrtümern leben können - die im Wege des pluralistischen Austauschs der Meinungen und Argumente ja coram publico zu widerlegen sind.
Die von der Fraktion der NPD vorgeschlagene Streichung des § 130 StGB könnte im Wege von Verhandlungen der Landesregierung mit den Landesregierungen anderer Bundesländer - mit dem Ziel einer Bundesratsinitiative an den Deutschen Bundestag - initiiert werden