Jede nicht sinnlose Gewalthandlung hat Gewaltkontrolle und Gewaltreduktion zum Ziel.
Gewaltkontrolle ist eine der Elementarfunktionen jeder Gesellschaft und setzt stets ein Gewaltpotential als äußerstes Mittel des Kontrollierenden voraus. In unserer Gesellschaft ist dies im Sinne eines staatlichen Gewaltmonopols geregelt, dass in seiner Gewaltsamkeit den Rechtsmaßstäben der Verhätnismäßigkeit gerecht werden muss.
Solange wir nicht in einer Gesellschaft von lauter heiligen Fransziskanermönchen leben (was sich etwa der Anarchist Giorgio Agamben wünscht), wird das auch so bleiben: Die rechtsstaatliche Gewaltsamkeit stellt den höchsten Rationalisierungsgrad von Gewaltkontrolle dar.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist aber die bürgerliche Gesellschaft.
Kriegerische Massengewalt hingegen war schon immer ein wesentliches Konfliktlösungsmerkmal vormoderner Gesellschaften. In der Neuzeit wird sie aber besonders dort akut, wo der Gegensatz von Tradition und Moderne gesellschaftliche Widersprüche schafft, die zu Krisen und gewaltsamen Konflikten eskalieren: indigene Reproduktionssysteme, traditionelle Symbolsysteme und vormoderne Herrschaftsverhältnisse werden von den Prinzipien des Kapitalismus und der modernen Staatlichkeit zermalmt, vernichtet, manipuliert und modernisiert.
Solange dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, wird es kriegerische Massengewalt geben.
Wer mit diesem Umstand zivilisiert umgehen will, sollte in Zeiten eines totalen Vernichtungspotentials alles dafür tun, andere
Konfliktlösungsstrategien als die akute Gewaltsamkeit zu entwickeln: Diese bietet die bürgerliche Zivilgesellschaft. Ganz wird er dabei allerdings auf ein eigenes Gewaltpotential auch nicht verzichten können, und ebensowenig darauf, im Notfall tatsächlich Gewalt anzuwenden.
Und: Bin ich jetzt Militarist, Pazifist oder was?