Menschenrechtler klagen über "britisches Guantanamo"
Gerade erst sind drei britische Guantanamo-Häftlinge auf Betreiben ihrer Regierung freigekommen, da bestätigt ein Gericht in Großbritannien ein umstrittenes Gesetz. Danach darf die Regierung ausländische Terrorverdächtige auf der Insel ohne Anklage beliebig lang internieren.
London - Die Berufungskammer des High Court, die zweithöchste Rechtsinstanz des Landes, wies mit seiner Entscheidung heute die Klage von zehn Internierten ab, die zum Teil seit Dezember 2001 in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis festgehalten werden. Ihre Anwälte bezeichneten die Entscheidung als "erschreckend", Menschenrechtsgruppen sprachen von einem "britischen Guantanamo".
Nach ihrer Auffassung steht das Vorgehen im direkten Widerspruch zur englischen Habeaskorpus-Akte von 1679, einem Meilenstein in der internationalen Rechtsgeschichte, wonach niemand ohne gerichtliche Untersuchung in Haft gehalten werden darf. Die Anwälte wollen den Fall nun möglicherweise vor die Lordrichter des Oberhauses, die höchste Rechtsinstanz, bringen.
Grundlage für die Inhaftierung der Verdächtigen ist ein Antiterrorgesetz, das vom britischen Parlament 2001 im Schnellverfahren unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September verabschiedet worden war. Dem Gesetz zufolge dürfen Ausländer unbegrenzt festgehalten werden, wenn die Regierung "vernünftige Gründe für den Verdacht" hat, dass die Betreffenden Verbindungen zu Terrorgruppen haben. Der Menschenrechtsausschuss des britischen Unterhauses hat die Regierung kürzlich aufgefordert, das Gesetz zurückzuziehen.
Die Internierten, um die es in dem Verfahren ging, werden nach Darstellung ihrer Anwälte zum Teil auf Grund von Beweismaterial festgehalten, das im US-Gefangenenlager Guantanamo unter Folter erpresst wurde. Der britische Innenminister David Blunkett sagte dazu: "Wir verurteilen Folter ohne Einschränkung. Es wäre aber unverantwortlich, nicht jede Information zu berücksichtigen, die dabei helfen könnte, die nationale Sicherheit zu gewährleisten." Im Übrigen sei er erfreut, dass das Gericht seiner Einschätzung gefolgt sei, die Internierten als "internationale Terroristen" und "Gefahr für unsere nationale Sicherheit" einzustufen.
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