Bayern hat einen neuen Ministerpräsidenten
Nach 14 Jahren Edmund Stoiber heißt der neue bayerische Ministerpräsident ab heute Günther Beckstein (CSU). Auf Vorschlag von CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann wählte der Landtag mit 122 von 178 Stimmen den ehemaligen Innenminister zum neuen Regierungschef.
53 Abgeordnete stimmten mit "Nein", zwei enthielten sich, ein Stimmzettel war ungültig. Die CSU verfügt mit insgesamt 124 Stimmen über die Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag, weshalb die Wahl als Formsache galt. CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann sprach von einem "tollen Votum" für den bisherigen Innenminister. Er äußerte sich im Bayerischen Fernsehen gelassen darüber, dass nicht alle 124 CSU-Abgeordneten für Beckstein gestimmt haben. Es könne sein, dass wegen Problemen der Bahn zwei CSU-Politiker nicht rechtzeitig in den Landtag kommen konnten. Auf jeden Fall seien 122 Ja-Stimmen eine "hervorragende Arbeitsgrundlage" für den neuen Regierungschef.
Mit der Wahl des 63-jährigen Franken Beckstein wird es künftig eine CSU-Doppelspitze geben, nachdem Erwin Huber kürzlich auf dem Parteitag zum CSU-Chef gewählt wurde. Der bisherige Ministerpräsident Stoiber hatte seit 1999 beide Spitzenämter inne.
"Mein Herz schlägt für Bayern"
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Ergebnisses nahm Günther Beckstein die Wahl an und leistete den Amtseid. In einer kurzen Ansprache erklärte der neue Ministerpräsident, sein Herz schlage "für ganz Bayern, für alle Regionen, Stämme und Menschen, die hier leben". Er trete sein Amt mit Demut, aber auch mit Mut an: aus Demut in der Verantwortung vor Gott und den Menschen, aber auch mit Mut, da eine starke Fraktion an seiner Seite stehe.
Die Opposition im Bayerischen Landtag lud Beckstein zum fairen Wettbewerb ein. In der Politik gehe es weniger um ewige Wahrheiten denn um zweckmäßige Lösungen. Beckstein betonte ferner das Prinzip der solidarischen Leistungsgesellschaft und eines wertebezogenen Bürgerstaates. Ausländische Mitbürger lud Beckstein zum Dialog für "ein gutes und friedliches Miteinander" ein.
"Der beste Mann für Bayern"
Vor der Wahl hatte CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann den mittelfränkischen Politiker als sympathisch und bürgernah bezeichnet. Damit sei Beckstein geeignet, das Land Bayern in die Zukunft zu führen. Herrmann wörtlich: "Beckstein ist der beste Mann für Bayern."
"Ende einer Schmierenkomödie"
Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget wünschte dem designierten Ministerpräsidenten in der Aussprache vor der Wahl "viel Erfolg" und erklärte die Bereitschaft der SPD zur "konstruktiven Mitarbeit". Zugleich kritisierte er, Becksteins Regierung werde immer der Makel anhaften, den amtierenden Ministerpräsidenten aus dem Amt gedrängt zu haben.
Die Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause warf der CSU vor, eine Erklärung für Stoibers Rücktritt schuldig geblieben zu sein. Die Wahl Becksteins sei kein Neuanfang, sondern das Ende einer monatelangen Schmierenkomödie. "Neuwahlen wären die beste, die sauberste Lösung gewesen".
Rasche Kabinettsbildung angekündigt
Beckstein will nun zügig mit der Zusammenstellung seines Kabinetts beginnen. Nach seiner Wahl sagte er, er werde nun zunächst mit dem CSU-Vorsitzenden Erwin Huber und mit CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann reden. Außerdem habe er Gespräche mit Landtagspräsident Alois Glück und Stoiber vereinbart.
Am 16. Oktober soll das neue Kabinett vereidigt werden. Fest steht bisher lediglich der neue Regierungssprecher: Es ist der bisherige Sprecher des Innenministeriums, Michael Ziegler. Auch Zieglers Stellvertreter Rainer Riedl wechselt von seinem bisherigen Arbeitsplatz in die Staatskanzlei. Als gesetzt für eine Ministerposten gilt zudem CSU-Chef Erwin Huber.
Umso heftiger wurde am Rande der Wahl spekuliert. Finanzminister Kurt Faltlhauser antwortete auf die Frage, ob er Finanzminister bleiben wolle: "Ja, natürlich will ich". Innenstaatssekretär Georg Schmid - im Gespräch als Nachfolger Günther Becksteins auf dem Posten des Innenministers - sagte, er sei "immer optimistisch" und habe versucht in den vergangenen vier Jahren gute Arbeit zu leisten.
"Eine auf die Nuss": Herrmann warnt vor neuer Personaldebatte
Vor der Wahl Becksteins hatte CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann seine Partei vor erneuten Personaldebatten gewarnt. Hintergrund sind Äußerungen von Parteifreunden, die sich bereits mit einem Nachfolger für Günther Beckstein im Jahr 2013 beschäftigen. Mit ungewöhnlich deutlichen Worten sagte Herrmann vor Journalisten, er hoffe nur, dass jeder der "dumm daherredet" in den kommenden Wochen - wörtlich - "eine auf die Nuss kriegt".
[Links nur für registrierte Nutzer]