SPD-Parteitag in Hamburg
Zurück zum Sozialismus!
Wie weit links sind die Sozialdemokraten wirklich?
Parteichef Kurt Beck will SPD als linke Volkspartei positionieren. ddp
Hamburg - Die SPD rückt nach links - programmatisch jedenfalls. Im 38-Seiten-Papier, das die Delegierten am Ende ihres Parteitages absegneten, hat ein alter Begriff Eingang gefunden: demokratischer Sozialismus. Ihm wird gar ein eigenes Kapitel gewidmet. Doch wie links sind die Genossen wirklich ?
Parteichef Kurt Beck hat die Messlatte hoch gelegt, nennt diesen Parteitag "historisch", jubelt: "Die SPD ist wieder da!" Der Konvent könnte tatsächlich in die Geschicke eingehen als Anfang vom Ende der "Agenda 2010". Nach dem Beschluss, Älteren länger ALG I zu zahlen, sind weitere Kurskorrekturen möglich. Damit könnte dann die "Programm-SPD" als Opposition in die Wahlkämpfe ziehen, während der andere Teil auf der Regierungsbank sitzt. Beobachter wissen: Parteitage der SPD ticken links. Das wurde in Hamburg gleich dokumentiert. Größter Coup: Mit Tempo 130 auf Autobahnen überholten die Roten sogar die Grünen.
Von einem "Linksruck" mag Beck nicht reden. Doch er wird aufpassen müssen, dass ihm die Geister, die er mit dem Vorstoß für ein längeres Arbeitslosengeld rief, nicht über den Kopf wachsen. Er könnte leicht zum Getriebenen der Linkspartei werden. Die SPD ist im Zugzwang. Ein Drittel der Mitglieder liefen ihr weg, sie sitzt im Umfragekeller, muss ihren sozialen Ruf wieder herstellen. Egal ob aus Überzeugung oder Angst: Die SPD will nicht nur Agenda-Partei sein. Statt "solidarischer Mitte" steht "solidarische Mehrheit" im Programm und jede Menge Kapitalismus-Kritik. Die Union verteufelt die "Rückbesinnung auf den Sozialismus". Wie links die SPD wirklich geworden ist, wird sich sehr bald in der Praxis zeigen. Erste Gelegenheit: Frau Merkel für längeres ALG I erwärmen...
Berliner Kurier, 29.10.2007