Das Geschäft mit Krieg und Krisen und sogar mir flatterte vor einigen Jahren eine Werbemail eines privaten Sicherheitsdienstes ins Postfach :rolleyes: Private Sicherheitsdienste sind an den Krisenschauplätzen der Welt präsent und es werden immer mehr. Siehe zum Beispiel diesen Artikel über Sicherheitsdienste im Irak, wo 100 000 private Söldner stationiert sein sollen:
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Sogar die UNO will private Söldnerarmeen in Krisengebieten einsetzen, siehe
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Da steht auch:
Bis an die Zähne bewaffnet und mit 10 000-12 000 Euro im Monat sind private Söldner etwa im Irak oder in Afghanistan im Einsatz. Als "Security" kann man sie auch in deutschen Innenstädten in Aktion erleben, wobei am unteren Ende der Lohnskala den "Wachschützern" 3 Euro die Stunde gezahlt werden.Die Zeiten, in denen ein Staat dem anderen den Krieg erklärte, der dann auf den Schlachtfeldern ausgefochten wurde, gehören offenbar der Vergangenheit an. Aber auch bei zwischenstaatlichen Kriegen, und der Irakkrieg gehört zweifellos zu diesem Typ, ist schon seit Jahren ein Prozess im Gang, der bei den so genannten Low Intensity Conflicts begonnen hatte: die Privatisierung des Krieges mittels spezialisierter Subauftragnehmer. Pionier dieser Entwicklung war Executive Outcomes, ein von ehemaligen südafrikanischen Militärs gegründetes Söldnerunternehmen. Inzwischen werden an private Sicherheitsfirmen eine ganze Reihe von Dienstleistungen delegiert: die Sicherung von Ölförderanlagen und die Sicherheitsüberprüfung potenzieller Unternehmensstandorte, Verhandlungen mit Geiselnehmern und die Ausbildung von NGO-Mitarbeitern für die Minenräumung. Diese Firmen arbeiten oft in einer rechtlichen und moralischen Grauzone. Wenn künftig immer mehr Staaten Söldnerfirmen in Anspruch nehmen, müssen angemessene Regeln entwickelt werden, um ein minimales "Berufsethos" zu garantieren.
Neoliberale und neokonservative Hardliner werden die Privatarmeen wohl als Sieg der Marktwirtschaft und kostengünstige Alternative zum staatlichen Militär feiern. Ich als Linke finde die Söldnerarmeen allenfalls feiernswert, wenn sie zum Untergang von Zuständen beitragen, deren Protagonisten gar nicht wissen, dass sie mit Feuereifer an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen.
Meine Gründe:
1. Was ist mit dem staatlichen Gewaltmonopol, dass gegen randalierende Demonstranten immer so eifrig verteidigt wird? Ist es auf einmal kein Kernbestand moderner Staatlichkeit mehr? Wie soll ein Staat Ordnung stiften, der auf sein Gewaltmonopol verzichtet?
2. Das Militär ist über eine Befehlskette an die politische Führung - egal ob Zivilisten oder Militärs - gebunden und so auch in den Staat integriert. Egal ob in einer liberalen Demokratie im Zweifelsfall die Kontrolle der Öffentlichkeit wirkt oder in einem autoritärem System drakonische Strafen unerwünschtes Verhalten ahnden - letztendlich ist der Soldat untergeordnet und hat zu gehorchen.
Das Verhältnis Staat-Privatarmee dagegen ähnelt mehr dem zwischen am Markt gleichberechtigten Kunden und Auftragnehmer. Wobei wohl schon viele Kunden erlebt haben, dass ihre Aufträge nicht so ausgeführt wurden, wie sie das wollten :rolleyes: Bauen reguläre Soldaten nach Ansicht der Führung Mist, hat diese ein weit gefächertes Arsenal an Sanktionsmöglichkeiten. Baut eine Privatarmee Mist, kann ihr der Kunde weitere Aufträger verweigern - das war es aber auch schon.
3. Man stelle sich nun in Anlehnung an 2. vor, die jetzt schon börsennotierten privaten Sicherheitsdienste erlangen eine etwa den Energiekonzernen in Deutschland vergleichbare marktbeherrschende Stellung. Wenn Sicherheitskonzern A schlecht und teuer ist, ist Konzern B vielleicht schlecht und billig, aber das war's auch schon. Wechseln bringt nicht viel, weil alle sich ähneln es vielleicht sogar einen "Tarifdschungel" vergleichbar dem in der Telekommunikation gibt.
Was für Deutschland mit seiner Bundeswehr noch pure Fantasie ist, kann für viele kleinere Staaten, die z. B. das Pech haben, über Rohstoffquellen zu verfügen, bittere Wirklichkeit werden. Die eigene Armee ist schlecht, vielleicht unzuverlässig, also vertraut man sich privaten Sicherheitskonzernen an.
4. In einer Doku über Söldnerarmeen wurde auch gezeigt, was mit Söldnern ganz schnell passieren kann: sie werden umgebracht :rolleyes: Womit wir beim Thema Legitimation sind.
Ich denke, in jedem Gemeinwesen selbst wenn es sich dem Anarchismus verschrieben hätte, muss es Menschen geben, die im Zweifelsfall mit Androhung und Anwendung von Gewalt Konflikte "bearbeiten". Idealerweise treten sie so auf, dass sie nicht bei jeder Gelegenheit den Knüppel schwingen oder gar die Pistole ziehen müssen. Also respektiert, notfalls gefürchtet, aber nie gehasst und verachtet. Deswegen sollten die jeweiligen Ordnungskräfte von der zu ordnenden Gesellschaft als ein Teil von ihnen angesehen werden. So gesehen ist der gewählte Sheriff in US-Provinzkäffern gar nicht mal so schlecht. Selbst Linke haben sich Gedanken darüber gemacht, wie man die Polizei besser in die Gesellschaft intergrieren könnte.
Mit Söldnern und Security wird der entgegengesetzte Weg gegangen. Die Ordnungskräfte kommen von außerhalb der Gesellschaft, sind oft Landesfremde. Nicht gesellschaftliche, soziale oder staatspolitische Kriterien bestimmen ihren Einsatz, sondern allein eine ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung. Die oft nicht aufgeht - mit fatalen Folgen für beide Seiten. Der fremde Söldner kann in einer Gesellschaft nicht Ordnung schaffen und die Menschen profitieren nicht von ihm. Dafür ist er im Zweifelsfall nicht mehr als eine lebende Zielscheibe, deren Tod sch...egal ist. Siehe die Bilder ermordeter Söldner aus dem Irak.
5. Ich bin selbst gegenüber staatlichem Militär skeptisch bis ablehnend und glaube nicht, dass staatlicher Zwang - d. h. Polizei und Justiz - allein irgendwelche gesellschaftlichen Probleme lösen kann. Doch Militär und Polizei sind selbst in übelsten Diktaturen dadurch "kontrolliert", dass irgendwann der Erosionsprozess einer Tyrannei auch seine Armee und seine Polizisten erfasst. Irgendwann ist ein Punkt erreicht wo ein Tyrann so am Ende ist, dass in seinem Land keiner mehr für ihn kämpfen will.
In einer Welt mit privaten Sicherheitskonzernen kann sich jeder Tyrann aber so lange halten, wie er noch Geld hat, um sich den Machterhalt mittels "externer Kräfte" zu erkaufen. Wenn die eigenen Leute nicht mehr für ihn kämpfen wollen, weil er keine Legitimation mehr hat, kommen die Söldner. Einen Umsturz verhindert das vielleicht nicht, doch er wird blutiger und teurer, weil wahrscheinlich die Nachfolgeregierung noch die Rechnung des privaten Sicherheitskonzerns bezahlen muss.
6. Söldnerarmeen sind in der Geschichte nichts Neues, aber waren sie jemals etwas Gutes? So heißt es über Rom, dass sein Niedergang begann, als die Bürgerheere etwa in den Kriegen mit Karthago immer mehr ausbluteten und Rom zunehmend auf Söldner zurückgriff. Zuerst waren es einheimische Soldaten, die sich aber mehr ihrem Feldherrn als etwa dem Senat verpflichtet fühlten, in der Kaiserzeit waren es Söldner aus nichtrömischen Völkern, etwa von den Germanen.
In der frühen Neuzeit waren die "Landsknechte" wohl eher berüchtigt als berühmt - wäre der Dreißigjährige Krieg ohne plündernde Söldner so entsetzlich verlaufen? Um 1800 sollen die Menschen in Deutschland die Wehrpflicht nicht als Belastung, sondern als Befreiung empfunden haben - einfach weil sie die Söldnerarmeen ihrer absolutistischen Herrscher satt hatten und lieber selbst zur Waffe griffen.
7. Und jetzt? Wozu braucht man eigentlich Staaten, die sich sozusagen mit Wonne selbst all ihrer Funktionen entledigen? Ein Staat, der sein Gewaltmonopol abschafft, der sein Militär privatisiert - warum kann man den nicht auch abschaffen? Womit dann aber die ach so tolle weil so beliebige Globalisierung eine neue Qualität erreicht. Vielleicht die ihrer Selbstabschaffung resp. Transformation in etwas Anderes, Neues, was immer das sein mag.