Alles ist nichts. Dieser Satz beruht darauf, daß nichts Sinn ergibt, weil es keinen Sinn machen würde, daß etwas Sinn ergibt. Es gibt kein gut und kein böse, da Moral ohne jede Bedeutung ist, es gibt nicht mal negativ oder positiv, da es keine Entwicklung geben kann, auf die eingewirkt werden kann, weil auch Konsequenzen ohne jede Bedeutung sind. Deshalb könnte der Mensch einfach durchs Leben gehen, ohne darüber nachzudenken, wie er die Welt mit seinem Handeln verändert, aber dazu später mehr.
Alles ist nichts. Dieser Satz wird auch durch die moderne Physik gestützt. Dadurch, daß alle Teile des Universums, vom Makro- bis in den Mikrokosmos, aus kleineren Teilen zusammengesetzt sind und diese kleineren Teile nur einen unendlich kleinen Teil des Raumes eines größeren Teiles einnehmen, besteht das gesamte Universum effektiv aus nichts. Dadurch wird aber nichts zu allem, da nur nichts existiert.
Alles ist nichts. Denn es gibt kein Schicksal, das unser Leben unwiderruflich steuert. Denn Schicksal würde bedeuten, daß aus mehreren Möglichkeiten immer eine automatisch ausgewählt würde. Aber diese Auswahl existiert überhaupt nicht, da jede Situation grundsätzlich auf ein durch die Umstände der Situation bestimmtes Ereignis hinausläuft. Man kann zwar versuchen, diese Situation nachzustellen, und dabei sogar zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, aber da man nie exakt dieselbe Situation wiederholen kann, muß sich auch nicht das Ergebnis wiederholen.
Genausowenig gibt es aber einen freien Willen, denn jedes Ereignis ist nur die Reaktion auf die Impulse der Außenwelt, egal, ob die Wahrnehmung dieser Impulse durch Gene oder Prägung geschieht. Alles ist Reaktion und gleichzeitig Aktion, da jeder Mensch und überhaupt jedes Ding sowohl Teil der Außenwelt, die die Innenwelt beeinflußt und dadurch von ihr beeinflußt wird, als auch einzig und allein die eigene Innenwelt. Da er gleichzeitig untrennbarer Teil der Außenwelt und von ihr getrennt ist, gibt es bei dieser Kette von Reaktionen keinen Beginn, da die Bedingung für einen Beginn erst durch das Ende erfüllt wird.
Tiere leben nach dem gleichen Muster: Im Instinkt ist der Einfluß der Außenwelt repräsentiert. Menschen leben nach dem gleichen Instinkt, nur nehmen sie diesen anders wahr und benennen ihn in Logik um, was lediglich ein bewußtes Miterleben der Reaktionskette eines Instinktes darstellt.
Alles ist nichts. Tiere kommen deshalb damit so gut klar, weil sie nicht nach einem allem übergeordneten Sinn suchen. Dadurch sind sie mit ihrer Existenz zufrieden, während der Mensch die Besonderheit aufweist, daß er nicht zufrieden sein kann. Deshalb strebt er immer danach, die Außenwelt zu verändern, um dadurch sich selbst zu verändern. Aus keinem anderen Grund erschaffen wir Kultur, Gesellschaft, Philosophie. Der Mensch muß verändern, weil er mit sich selbst nicht auskommt.
Alles es nichts. Denn es existiert keine Wahrnehmung, sondern nur die Vorstellung von ihr. Über die stoffliche Welt können wir keine Aussagen treffen, da wir sie nicht erfahren, sondern nur die Vorstellung einer Wahrnehmung von ihr.
Alles ist nichts. Denn niemand kann beweisen, daß ich nicht die einzige existente Person bin und der Rest der Welt nur eine Projektion meines Geistes ist. Genausowenig kann ich wissen, ob ich selbst nicht nur in den Gedanken einer anderen Person existiere, von dieser aber mit dem unerschütterlichen Glauben an meine Existenz erschaffen wurde.
Alles ist nichts. Diesen Satz können wir gar nicht verstehen und deshalb verleugnen wir ihn. Alles in uns sträubt sich gegen ihn, weil er so unvorstellbar ist. Deshalb erfinden wir uns einen eigenen Weg, die Welt scheinbar zu verstehen, egal ob dieser Weg Philosophie, Physik oder Religion genannt wird. Wir erschaffen die Ethik, weil wir es nicht ertragen können, daß Handlungen und Begründungen keinen Wert an sich haben. Und alle diese Erklärungsversuche für die Welt laufen darauf hinaus, sich das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten, da es ohne höheren Wert und ohne tieferen Sinn existiert.
Alles ist nichts. Daraus läßt sich aber keine Moral (oder besser Morallosigkeit) und kein Leitfaden für das Leben ableiten, da wir uns Sinnlosigkeit nicht vorstellen können. Wir müssen uns an Hilfskonstruktionen wie Moral klammern, da wir uns nur die eingebildete sinnvolle Welt als real vorstellen können. Auch wenn wir nichts verstehen, müssen wir uns immer vorstellen, alles zu verstehen. Die logische Konsequenz aus dem Satz, der die Grundlage allen Seins bildet, wäre die Negation des Seins.
Alles ist nichts: Solche Paradoxien fastzinieren uns deshalb so sehr, weil sie den unerreichbaren Schlüssel zu echter Erkenntnis darstellen. Wenn wir ein Paradoxon verstehen, hören wir auf es zu verstehen. Und wenn wir es nicht verstehen, beginnen wir zu verstehen.
Alles ist nichts. Deshalb sind alle diese Überlegungen belanglos, weil wir uns sowieso nur an unserer Vorstellung von der Welt orientieren können.
p.s.:Heute Nacht hörte sich das sehr einleuchtend an, mal sehen, wie es morgen aussieht.