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Thema: Der doppelte Marx

  1. #31
    Commandante Benutzerbild von Amida Temudschin
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    das hieße ja dann, dass für das qualitativ hochwertigere produkt ein neuer tauschwert errechnet werden muss. also dann wird es wirklich kompliziert, denn wer stellt den qualität fest, ist ja nicht gesagt das ein schustermeister unbedingt gute schuhe macht.
    und wie das alles umrechnen, also das system must du mir genauer erklären.
    Die Qualität könnte man z.B. wie bei Eiern in Güteklassen einteilen, sodaß nicht jede einzelne Ware ein eigenes Produkt darstellen würde. Und ob man nun Leute damit beschäftigt, Güter einzuteilen und so den Preis festzulegen, oder Marktforschung betreibt, um zu sehen, wieviel die Kunden bereit sind, zu zahlen, dürfte vom Aufwand her keinen großen Unterschied machen.

    mit regionalem handwerk meinte ich, güter die nur in einer region hergestellt werden und deshalb gar keinen direkten vergleich auf dem gesamtmarkt haben.
    in hessen bspw. der äppelwoi.
    Wenn nur wenige Handwerker ein Produkt herstellen, wird die gesellschaftlich notwendige Arbeit auch nur aus diesem kleinen Personenkreis berechnet.
    "Ich bin bekannt für meine Ironie. Doch in Amerika eine Freiheitsstatue zu errichten wäre selbst mir nicht eingefallen."
    George Bernhard Shaw

    "Lieber tot als Sklave"
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    Wir werden nichts beanspruchen. Wir werden um nichts bitten. Wir werden nehmen. Wir werden besetzen.

    Welche Niedrigkeit begingest du nicht, um die Niedrigkeit auszutilgen?
    Könntest du die Welt endlich verändern, wofür wärest du dir zu gut?

  2. #32
    City on a hill Benutzerbild von moxx
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    Zitat Zitat von Amida Temudschin
    Die Qualität könnte man z.B. wie bei Eiern in Güteklassen einteilen, sodaß nicht jede einzelne Ware ein eigenes Produkt darstellen würde. Und ob man nun Leute damit beschäftigt, Güter einzuteilen und so den Preis festzulegen, oder Marktforschung betreibt, um zu sehen, wieviel die Kunden bereit sind, zu zahlen, dürfte vom Aufwand her keinen großen Unterschied machen.
    würdest du mir bei der aussage zustimmen, dass in einem solchen system (übrigens eine horrende bürokratie ) die willkür leichtest spiel hätte?
    man müste ja auch ständig neue güteklassen entwickeln, da auch ständig neue produkte entwickelt werden usw.

  3. #33
    Wüstensohn Benutzerbild von Manfred_g
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    Zitat Zitat von Moxx
    es wird niemals einen perfekt entwickelten kapitalismus geben...
    Zitat Zitat von Amida Temudschin
    Vielleicht ist das richtig, es wird aber immer ein Streben hin zur Perfektion geben, wenn wir nicht aus der kapitalistischen Logik ausbrechen.

    Der perfekte Marxismus, was ist das?
    Man könnte auch vom perfekten Gefängnis sprechen. Beduetet das, daß kein Gefangener mehr ausbrechen kann, oder daß es gar keiner mehr WILL ?

    Letzteres halte ich sowohl beim Gefängnis, als auch beim Marxismus für mehr als abwegig.
    Schließlich machen diese Staatstheorien alle den selben Fehler:
    Sie hinterfragen nie, was das einzelne Individuum eigntlich will, wie es leben möchte, welche Lebensplanung es hat, welche Ziele und welche Regierungsform am geeignetsten erscheint, um kurz- UND langfristig diese Ziele zu unterstützen, bzw. wenigsten das Erreichen dieser Ziele aus Eigenkraft des Individuums zuzulassen.

    Stattdessen wird eine Schein-Institution die man mal "Staat", mal "Gesellschaft" oder sonstiwe nennt über alle Individuen gestellt. Dies halte ich aber in diesem Zusammenhang für absolut unzulässig (und darin sehe ich nicht nur den verbrecherischen Fehler der Kommunisten, sondern auch der Rot-Grün Regime)
    Der grund ist: es gibt kein "Glück" des Staates. Es gibt kein "Allgemeinwohl", das man vom Wohl des Einzelnen ablösen könnte.
    Das Allgemeinwohl ist der Mittelwert der Glücksempfindungen der Einzelindividuen. Aber zu glauben, das Allgemeinwohl durch dadurch isolierte Betrachtungen fördern zu können, ist eine Irreführung.
    Jeder einzelne weiß am besten, was für ihn gut ist.

    Um ein überspitztes Beispiel zu bringen:
    Zwei Individuen möchten ein Auto: der eine ein schwarzes, der andere ein weißes.
    Die freie Marktwirtschaft stellt genau dieses bereit.
    Die kommunistische Planwirtschaft gibt jedem ein graues Auto.
    Was würde wohl die Menschen mehr erfreuen?

    Ich wollte nur stark vereinfacht verdeutlichen, daß der Staat als zentrales "GEsamthirn" niemals für jedes einzelne individuum denken und handeln kann. Daher ist er gezwungen, das "Allgemeinwohl" überzustrapazieren, daß -wie ich meine- so nicht existiert.
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    (George Clinton, 1970)

  4. #34
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    @moxx: Das soll ja auch nur eine Übergangslösung sein. Im echten Marxismus soll es sowas wie Handel gar nicht mehr geben.

    @Manfred_g: Im Kapitalismus hat man genau das gegensätzliche Problem: die eigene Freiheit steht über der allgemeinen. Man kann sich natürlich fragen, was erstrebenswerter ist.
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  5. #35
    City on a hill Benutzerbild von moxx
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    zur übergangslösung:
    wenn diese schon ineffizent ist, wie soll dann erst das ziel aussehen?

    wenn es keinen handel mehr gibt, wie sollen dann güter an die nachfrager gebracht werden? oder wie überhauot soll herausgefunden werden welche nachfrage überhaupt besteht?
    man kann natürlich sagen, grundbedürfnisse sind zu befriedigen und es ist ziemlich einfach, deren nachfrage zu ermittel (wobei dies ja auch nicht immer funktioniert). aber auch dieses problem, die nachfrage zu ermitteln ohne den handel (also das angebot ) ist nur durch eine bürokratie möglich. außer man schafft überall ein überangebot an waren, was total ineffizient wäre und das system innerhalb kürzester zeit zum kollabieren bringen würde.

  6. #36
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    Kurz gefaßt: Wenn jeder soviel leistet, wie er kann, und nur soviel nimmt, wie er braucht (was deutlich über Grundbedürfnisse hinausgeht), entsteht zwangsläufig Überfluß, auch deshalb, weil im Marxismus stetiger technischer Fortschritt beinhaltet ist. Natürlich ist das utopisch (und deshalb auch etwas unscharf), aber ich sehe den voll entwickelten Marxismus auch als Utopie, die ich selbst vielleicht nie erreiche, aber allein durch das Streben nach ihr wird die Welt verbessert.
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  7. #37
    City on a hill Benutzerbild von moxx
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    na dass hast du aber schön gesagt!!!

    es muss aber nicht unbedingt heißen, dass das streben nach einer utopie die die welt verbessert.
    denn gerade wenn systeme so hohen selbstzwang einbauen (jeder nimmt nur soviel wie er wirklich braucht), sind sie sehr anfällig wenn nur eine kleine gruppe sich nicht daran hält.

  8. #38
    Mitglied Benutzerbild von hbss
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    Zitat Zitat von Amida Temudschin
    Wurde Marx von der Arbeiterbewegung nur halb verstanden? Stellte sie nur eine Bewegung innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft dar und sparte Kritik an den grundlegenden Kategorien des Kapitalismus aus?

    Robert Kurz: Der doppelte Marx
    aus: Folha de Sao Paulo
    "Wenn Geburtstage, Todestage, Jahrestage oder Gedenktage gefeiert werden, die sich auf einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren beziehen, dann ist der Gegenstand der Erinnerung meistens schon museal geworden, in die Artefakte der toten Vergangenheit einsortiert und kein Grund zur Aufregung mehr. Die Feuilletons, die kulturellen Honoratioren und die Verwalter der Geschichte können ihre events zelebrieren und sich gemütlich über die eingeglasten Dokumente dessen beugen, was einstmals die Herzen schneller schlagen ließ. Das "Manifest der Kommunistischen Partei" aus dem Jahr 1848, verfaßt von zwei damals fast unbekannten jungen Intellektuellen, Karl Marx und Friedrich Engels, hat sich erstaunlich lange frisch gehalten. Ein Text, der auch nach mehr als einem Jahrhundert noch rasenden Haß auf sich zieht und immer wieder verboten wird, gleichzeitig verbreitet ist wie sonst nur noch die Bibel, muß wirklich geistigen Sprengstoff für ein ganzes Zeitalter enthalten.
    Trotzdem kann das "Manifest" seinen 150. Geburtstag nicht mehr als leidenschaftlich umstrittene Größe mitten im gesellschaftlichen Kampfgetümmel feiern. Irgendwann in den 80er Jahren, spätestens mit der großen Wende von 1989, ist dieses so lange glühende Dokument plötzlich kalt und schal geworden, seine Botschaft über Nacht vergilbt und heute nur noch als Urkunde einer zu Ende gegangenen Geschichte "ohne Zorn und Eifer" zu studieren. Aber weder ist damit die Theorie von Karl Marx erledigt, die nur zusammen mit dem Kapitalismus sterben und historisch werden kann, noch ist der Inhalt des "Manifests" heute deshalb ungenießbar geworden, weil er von Anfang an ein "Irrtum" gewesen wäre. Wenn der Neoliberalismus eine solche Behauptung aufstellt, dann schnappt er immer noch bellend nach dem alten Gegenstand seines Zornes, der gar keine Kritik des fortentwickelten Kapitalismus mehr darstellen kann, und beweist damit nur, daß er selber in der alten Epoche sitzengeblieben ist.
    Um zu begreifen, warum das "Manifest" so lange eine Wahrheit ausgesprochen hat und erst am Ende des 20. Jahrhunderts in gewisser Weise unwahr geworden ist, müssen wir den widersprüchlichen Charakter der fälschlicherweise stets als geschlossene Einheit behandelten Marxschen Theorie erkennen. Es gibt sozusagen einen "doppelten Marx": zwei Theoretiker in demselben Kopf, die ganz verschiedene Wege der Argumentation verfolgen. Der Marx Nr. 1, das ist der allgemein bekannte "exoterische" und positive Marx, der Abkömmling und Dissident des Liberalismus, der sozialistische Politiker seiner Zeit und der Mentor der Arbeiterbewegung, die nie etwas anderes wollte als staatsbürgerliche Rechte und einen "gerechten Lohn für ein gerechtes Tagewerk". Dieser Marx Nr. 1 scheint einen ontologischen Standpunkt der "Arbeit" samt der dazugehörigen protestantischen Ethik einzunehmen, den "unbezahlten Mehrwert" einzuklagen und das juristische "Privateigentum an den Produktionsmitteln" durch das Staatseigentum ersetzen zu wollen.
    Und kein Zweifel: Das ist auch der Marx des "Kommunistischen Manifests", auf dessen Niveau sein Adlatus und Mitautor Engels zeitlebens verharrte. Es ist das Manifest des "Klassenkampfs", wie er die Entwicklung der modernen Welt zwischen 1848 und 1989 bestimmt hat. "Euer Recht", so schleudern Marx und Engels dem selber noch jungen kapitalistischen Bürgertum entgegen, "ist nur der zum Gesetz erhobene Wille eurer Klasse". Da gibt es zwar sogenannte materielle Bedingungen; was aber die Geschichte letzten Endes bestimmt und vorantreibt, ist die ungeschmälerte Subjektivität des bewußten Willens von gegensätzlichen sozialen Interessen: "Klasse gegen Klasse", ohne daß genauer danach gefragt wird, auf welche Weise diese gesellschaftlichen Großsubjekte und ihre Interessen eigentlich konstituiert worden sind. Ganz unbefangen ist hier noch die Sprache der aufklärerischen Philosophie zu hören, in der die Gesellschaft und ihre Entwicklung sich quasi naturwissenschaftlich auf bewußte Willenshandlungen reduzieren lassen.
    Dementsprechend ist das Ziel auch nur die Umstülpung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse, also "die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse"; und "das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen". Der Begriff des Kapitals bezeichnet hier plötzlich kein gesellschaftliches Verhältnis mehr, sondern eine Ansammlung von dinglichem Reichtum, den die eine Klasse der anderen wegnehmen kann und dessen gesellschaftliche Form gar nicht weiter in Betracht kommt. Geld und Staat erscheinen somit als neutrale Gegenstände, die umkämpft sind und gewissermaßen als Beute der einen oder anderen Klasse zufallen, wobei das Proletariat sich in diesem Kampf als Träger der "Arbeit" gegenüber dem parasitären "arbeitslosen Einkommen" der Kapitalisten moralisch legitimiert. Folgerichtig verlangt das "Manifest" als wesentliche Maßregeln die "Zentralisation des Kredits in den Händen des Staates" und "gleichen Arbeitszwang (!) für alle" sowie die "Errichtung industrieller Armeen (!)". Adorno wußte schon, was er sagte, als er dem Marx des "Manifests" vorwarf, er habe die ganze Gesellschaft in ein einziges Arbeitszuchthaus verwandeln wollen. Die späteren sozialistischen Entwicklungsdiktaturen in der Sowjetunion und in der 3. Welt trugen ja tatsächlich alle Züge eines arbeits-utopischen Kasernenkommunismus. Aber es gibt eben noch einen ganz anderen Marx. Dieser Marx Nr. 2, das ist der bis heute dunkle und wenig bekannte "esoterische" und negative Marx, der Entdecker des gesellschaftlichen Fetischismus und radikale Kritiker der "abstrakten Arbeit" samt der dazugehörigen repressiven Ethik, wie sie das moderne warenproduzierende System kennzeichnet. Der Marx Nr. 2 richtet seine theoretische Analyse nicht auf die systemimmanenten sozialen Interessen, sondern vielmehr auf den historischen Charakter dieses Systems selbst. Das Problem ist hier nicht mehr der "unbezahlte Mehrwert" oder die juristische Verfügungsgewalt des Privateigentums, sondern die gesellschaftliche Form des Werts selber, die den kämpfenden Klassen gemeinsam ist und überhaupt erst die Gegensätzlichkeit ihrer Interessen hervorbringt. Diese Form ist deswegen "fetischistisch", weil sie eine subjektlose Struktur "hinter dem Rücken" aller Beteiligten konstituiert, in der sie gemeinsam dem unaufhörlichen kybernetischen Prozeß einer Verwandlung abstrakter menschlicher Energie in Geld unterworfen werden.
    Auf der theoretischen Ebene des Marx Nr. 2 sind wesentliche Aussagen des "Kommunistischen Manifests" einfach sinnlos. Das Kapital ist hier kein Ding mehr, das man der herrschenden Klasse wegnehmen könnte, sondern das gesellschaftliche Verhältnis des totalisierten Geldes, das als Kapital auf sich selbst rückgekoppelt wurde und sich deshalb in einer gespenstischen Bewegung verselbständigt hat, also (wie Marx später im "Kapital" sagt) als "automatisches Subjekt" funktioniert. Dieses absurde Verhältnis aufzuheben und den modernen Fetischismus zu überwinden, kann demzufolge auch nicht durch eine bloße Verlängerung des systemimmanenten Interessenkampfes gelingen. Stattdessen ist letzten Endes ein bewußter Bruch mit der gemeinsamen Form der Interessen notwendig, um von der verrückten Bewegung des Werts und seiner Kategorien ("Arbeit", Ware, Geld, Markt, Staat) zu einer emanzipatorischen gemeinschaftlichen "Verwaltung von Sachen" zu gelangen und die Produktivkräfte nach Kriterien "sinnlicher Vernunft" bewußt einzusetzen, statt sie dem blinden Prozessieren einer fetischistischen "Maschine" zu überlassen.
    In welcher Beziehung stehen der "exoterische" Marx Nr. 1 und der "esoterische" Marx Nr. 2? Der "doppelte Marx" läßt sich nicht in einen "frühen" und in einen "späten" Marx auseinanderdividieren, denn das Problem zieht sich als Widerspruch durch die gesamte Marxsche Theorie. Elemente der Kritik am Fetischismus der Wertform und an der "Arbeit" finden sich schon vor dem "Kommunistischen Manifest" in den Frühschriften, während umgekehrt Elemente der soziologisch verkürzten Denkweise auch noch im "Kapital" und in den Spätschriften auftauchen. Das Problem besteht darin, daß Marx zu seiner Zeit den Widerspruch in seiner Theorie gar nicht erkennen konnte, weil es sich nicht um einen Widerspruch nur der Theorie, sondern der Wirklichkeit selbst handelte. Marx entdeckte als einziger die gemeinsame Form der gegensätzlichen Klasseninteressen und ihren historisch begrenzten Charakter; aber diese Entdeckung konnte nicht praktisch wirksam werden, weil das moderne warenproduzierende System noch einen langen Weg der Entwicklung von 150 Jahren vor sich hatte. Für die Arbeiterbewegung war deshalb der Marx Nr. 2 bedeutungslos und sie konnte nur die Lesart des "Kommunistischen Manifests" aufnehmen.
    In diesem Sinne läßt sich der "Klassenkampf" ganz anders als gewöhnlich verstehen: Weit davon entfernt, auf den Sturz des Kapitalismus hinzuarbeiten, war er vielmehr der innere Entwicklungsmotor für das kapitalistische System selbst. Die auf die fetischistische Form ihrer Interessen beschränkte Arbeiterbewegung repräsentierte gewissermaßen immer wieder den Fortschritt der kapitalistischen Produktionsweise gegen den unreflektierten Konservatismus der jeweiligen kapitalistischen Eliten. Sie setzte Lohnerhöhungen, Verkürzung der Arbeitszeit, Koalitionsfreiheit, allgemeines Wahlrecht, Staatsinterventionismus, Industrie- und Arbeitsmarkt-Politik usw. als Bedingungen für die Entwicklung und Ausbreitung des industriellen Kapitalismus durch. Und das "Kommunistische Manifest" war das leuchtende Fanal dieser historischen Bewegung innerhalb der fetischistischen Hülle.
    Wenn heute diese Bewegung zum Stillstand gekommen ist, so deswegen, weil das kapitalistische System selber keinen Horizont der Entwicklung mehr vor sich hat. Der "Klassenkampf" ist zu Ende gegangen, und damit hat auch das "Kommunistische Manifest" seine Kraft verloren. Seine aufrüttelnde Sprache ist zum historischen Dokument erstarrt. Dieser Text ist unwirklich geworden, weil er seine Aufgabe erfüllt hat. Gerade deswegen aber schlägt jetzt die Stunde des "esoterischen" Marx Nr. 2: Das gemeinsame Bezugssystem des "automatischen Subjekts", das in der Zeit des historischen Klassenkampfs gar nicht als distinkte Erscheinung wahrgenommen wurde und gewissermaßen "unsichtbar" war, ist zum brennenden Problem geworden und seine globale Krise wird das neue Jahrhundert prägen. Jetzt müßte ein anderes, neues Manifest geschrieben werden, dessen Sprache noch nicht gefunden ist."
    Quelle: [Links nur für registrierte Nutzer]

    das ist richtig sonst waere die ddr nicht abgesoffen.als kapital ist der mensch negativ einzubuchen,da hat marx recht.
    Manila.
    You are never alone.
    but:
    You are never alone.

  9. #39
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    Zitat Zitat von Amida Temudschin
    Kurz gefaßt: Wenn jeder soviel leistet, wie er kann, und nur soviel nimmt, wie er braucht (was deutlich über Grundbedürfnisse hinausgeht), entsteht zwangsläufig Überfluß, auch deshalb, weil im Marxismus stetiger technischer Fortschritt beinhaltet ist. Natürlich ist das utopisch (und deshalb auch etwas unscharf), aber ich sehe den voll entwickelten Marxismus auch als Utopie, die ich selbst vielleicht nie erreiche, aber allein durch das Streben nach ihr wird die Welt verbessert.
    das waere aber ein unsinniges paradoxon fern jeder realitaet.
    Manila.
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  10. #40
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    Zitat Zitat von moxx
    na dass hast du aber schön gesagt!!!
    Jaja, ich weiß, daß das was von Totschlagargument hat, wenn ich sage: "Alles wird gut."

    denn gerade wenn systeme so hohen selbstzwang einbauen (jeder nimmt nur soviel wie er wirklich braucht), sind sie sehr anfällig wenn nur eine kleine gruppe sich nicht daran hält.
    Jedes System hat solche Zwänge, z.B. die starre Hierarchie im Feudalismus oder der Egoismus im Kapitalismus. Für den Kommunismus bringe ich dann mal das nächste Totschlagargument an: Irgendwann wird der Mensch gelernt haben, daß es ihm langfristig mehr Vorteile bringt, wenn er nicht versucht, jeden kurzfristigen Vorteil abzugreifen.
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