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Thema: Konservative Staatsphilosophie

  1. #1
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    Standard Konservative Staatsphilosophie

    Welches sind für Euch Grundbegriffe konservativer Staatstheorie? Welche Autoren, Paradigmen zählt ihr dazu?

    Auf welchen staatsphilosophischen Eckpfeilern muss ein Staat aus konservativer Sicht aufgebaut sein, im Gegensatz zum liberalen Vertragskonzept, RationalChoice-Paradigma und dergleichen?

  2. #2
    GOTT MIT UNS Benutzerbild von McDuff
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Für mich sind das moralische und ethische Werte die das Verhalten in einem Staate regeln.
    "Bund der Kaisertreuen"

  3. #3
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Moral ist ein gutes Stichwort. Von Arisoteles über de Toqueville bis zu den modernen Klassikern wie Almond, Easton, Putnam haben wir immer so etwas wie Bürgertugend, Staatsbürgerethik, "civic culture" o.ä.

    Mir scheint, die Liberalen haben das verdrängt bzw setzen es einfach stillschweigend voraus.

    Aber ich will vielleicht mal einen grundsätzlicheren Punkt ansprechen, nämlich die menschliche Natur. Während bei Hobbes der Mensch böse ist und es daher den Staat benötigt, ist bei radikalen Liberalen bis Anarchisten der Mensch gut und brauch daher keine bzw möglichst wenig Herrschaft.

    Kann es sein, dass das eines der prinzipiellen Axiome ist, durch die sich konservative Theoretiker von Liberalen unterscheiden? Weil der Mensch von Natur aus böse ist bzw sein kann, braucht es eine rigide Herrschaft, bindende Sitten usw., um das im Zaum zu halten...

  4. #4
    Antimodernist vom Dienst Benutzerbild von Sauerländer
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Ein grundsätzlich pessimistisches Menschenbild scheint mir in der Tat ein wesentliches Kennzeichen konservativen Denkens sein.
    In sich unterschiedlich ist es dann hinsichtlich der Frage, wie die Sicherung gegen die grundsätzlich als gegeben anzusehende Korruptibilität des Menschen auszusehen hat. Denkbar sind hier der überwachende, züchtigende Staat, ebenso wie religiöse Institutionen (hier stellt sich mir am Rande die Frage, ob man es nicht ebenfalls als konservative Kerngröße begreifen kann, dass die materielle Welt an sich selbst "nicht genug" ist und irgendeiner Art von Transzendenz bedarf) oder auch Stammes- und Familienstrukturen.
    Größen, die durchaus feindlich zueinander stehen können.
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    "Der Prinz fürchtet lediglich, nun habe er eine Revolution am Hals. Lasst uns ihm zeigen, wie furchtbar er uns unterschätzt..."
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  5. #5
    in memoriam Benutzerbild von Rheinlaender
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Zitat Zitat von Chanan Beitrag anzeigen
    Aber ich will vielleicht mal einen grundsätzlicheren Punkt ansprechen, nämlich die menschliche Natur. Während bei Hobbes der Mensch böse ist und es daher den Staat benötigt, ist bei radikalen Liberalen bis Anarchisten der Mensch gut und brauch daher keine bzw möglichst wenig Herrschaft.
    Das mag bei Anarchisten der Fall sein, nicht bei Liberalen: Der Liberale geht davon aus, dass jeder das tun soll, was er meint richtig zu sein, ob es ihm schadet oder nuetzt, hat den Liberalen nicht zu interessieren. Die Grenze beginnt dort, wo andere betroffen sind, hier hat der Staat, als Organ der Gesellschaft, ein klare Linie zu ziehen.

    Die liberale Ideologie geht davon aus, dass jeder fuer sich Entscheidungen treffen kann und muss - und deren Folgen auch selber tragen.

    Um noch weiter zu gehen: Die Begriffe "gut" und "boese" existieren als sinnvolle Begriffe nicht. Der einzige moraliche Massstab ist das Recht des anderen seine rechte auch auszuueben, werden diese nicht betroffen, so ist jede Handlung als neutral zu sehen. Nur Handlungen, die die Rechte Anderer beschraenken sind negativ zu sehen, aber nicht unter dem moralsichen Aspekt "gut"/"boese", unter dem Aspekt, dass eine schaedliche Handlung zu verhindern ist.

  6. #6
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Zitat Zitat von Chanan Beitrag anzeigen
    ist bei radikalen Liberalen bis Anarchisten der Mensch gut und brauch daher keine bzw möglichst wenig Herrschaft.
    Wobei, dies nur als kleine Randnotiz, da, wo ich mich bewege, "der Mensch ist gut" als Position so mir kaum untergekommen ist bishe.
    Sehr viel häufiger scheint mir die Ansicht, der Mensch sei beides;
    oder, auch sehr häufig, dass tatsächlich der Menschen sowas wie "böse" sei, gefolgt von dem Argument, dass in diesem Falle ein starker Staat oder ein Staat überhaupt keine Lösung des Problems darstellen könne, weil - okay, ich mein, bösen Menschen Macht zu geben ist wohl gaga.

    Bei Hobbes, Randnotiz 2, finden wir übrigens die Lösung (edit: Einen Versuch, besser gesagt, der m.E. scheitert) für dieses Dilemma in seiner Anthropologie und damit den Ansichten über die Art des Funktionierens des Herrschers als Mensch.
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

  7. #7
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Zitat Zitat von -jmw- Beitrag anzeigen
    (...)
    Sehr viel häufiger scheint mir die Ansicht, der Mensch sei beides;
    oder, auch sehr häufig, dass tatsächlich der Menschen sowas wie "böse" sei, gefolgt von dem Argument, dass in diesem Falle ein starker Staat oder ein Staat überhaupt keine Lösung des Problems darstellen könne, weil - okay, ich mein, bösen Menschen Macht zu geben ist wohl gaga.
    Je nachdem, wie genau das Böse verstanden wird, ist das in der Tat ein Problem, das sich stellt.
    Eine moderate konservative Antwort darauf ist in der Regel das Subsidiaritätsprinzip. Bei radikalerer Herangehensweise kann das durchaus bis in einen (nach wie vor konservativ zu interpretierenden, etwa stark religiös gefärbten) Anarchismus führen - der allerdings immer Gefahr läuft, in eine grundsätzliche Autoritätsnegation zu verfallen, womit sein konservativer Gehalt geopfert wäre.
    Genauer besehen stellt sich die Frage, was genau wir unter "Macht" verstehen.
    Welcher Art zum Beispiel ist die Macht des (heutigen) Papsttums? Kann der Heilige Stuhl realweltlich gegen irgendjemanden Zwang ausüben, der das nicht wünscht?
    Nein, das kann er nicht. In diesem Sinne (der wohl auch Stalin bei seiner berühmten Frage nach den Divisionen des Papstes vor Augen stand) hat Rom keine Macht.
    Während gleichzeitig nicht bestritten werden kann, dass dort Richtlinien aufgestellt werden, die weltweit für viele, viele Menschen in einem durchaus freiheitsbeschränkenden Sinne verbindlich sind.
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  8. #8
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Zitat Zitat von -jmw- Beitrag anzeigen
    Wobei, dies nur als kleine Randnotiz, da, wo ich mich bewege, "der Mensch ist gut" als Position so mir kaum untergekommen ist bishe.
    Sehr viel häufiger scheint mir die Ansicht, der Mensch sei beides;
    oder, auch sehr häufig, dass tatsächlich der Menschen sowas wie "böse" sei, gefolgt von dem Argument, dass in diesem Falle ein starker Staat oder ein Staat überhaupt keine Lösung des Problems darstellen könne, weil - okay, ich mein, bösen Menschen Macht zu geben ist wohl gaga.
    Dieses Problem wird von Konservativen unterschiedlich angegangen, die einen sehen darin ein Argument für, die anderen gegen die Demokratie.

    Während man v.a. im 19. Jh. diese Überlegungen als Ausgangspunkt dafür nahm, dass Herrschaft überhaupt nicht von Menschen, sondern nur von Gott ausgehen könne, und ein Kaiser daher "von Gottes Gnaden" regiert, sagen neuere Konservattive: Entscheidend ist, dass überhaupt eine allgemeingültige Ordnung da ist, die für alle gilt und daher den Menschen ihre Willkür nimmt, Schlechtes zu tun. Moral, Religion, Staat dienen dazu. Wie sie genau ausgestaltet sind ist egal, hauptsache sie sind allgemein bindend. Damit diejenigen, die diese Ordnung aufbauen, ihre Macht nicht missbrauchen, sollen wir sie aber abwählen dürfen.

  9. #9
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Zitat Zitat von Chanan Beitrag anzeigen
    Während man v.a. im 19. Jh. diese Überlegungen als Ausgangspunkt dafür nahm, dass Herrschaft überhaupt nicht von Menschen, sondern nur von Gott ausgehen könne, und ein Kaiser daher "von Gottes Gnaden" regiert, sagen neuere Konservattive: Entscheidend ist, dass überhaupt eine allgemeingültige Ordnung da ist, die für alle gilt und daher den Menschen ihre Willkür nimmt, Schlechtes zu tun. Moral, Religion, Staat dienen dazu. Wie sie genau ausgestaltet sind ist egal, hauptsache sie sind allgemein bindend.
    Das demonstriert vortrefflich einen Teil des Elends des modernen Konservatismus, das auch am Schmitt´schen Dezisionismus deutlich wird:
    Wichtig ist, DASS entschieden wird, nicht WIE entschieden wird.
    Wenn aber ganz in diesem Sinne die Rechtfertigung der Macht in sich selbst liegt bzw grundsätzlich auf sie verzichtet werden kann, dann wird ein Instrument zur Verwirklichung von Inhalten selbst zum Inhalt, dann liegt der Wert des Befehls im Befehl, und kann somit willkürlich gesetzt werden.
    Natürlich, "Auctoritas, non veritas facet legem" gilt faktisch immer.
    Die Frage ist nur, ob in der offensive Aussprache dieser Feststellung nicht eine über die Feststellung bestehender Faktizität hinausgehende Bejahung steckt, die bereits nicht mehr weit von der Preisgabe der Veritas entfernt ist.
    Schmitt konnte das tun, weil er implizit immer noch von einer ganz bestimmten Wahrheit ausging - aber wie stellt sich uns das heute dar?
    Kannn ein solcher Konservatismus mehr sein als ein knallharter Etatismus? Zumindest scheinen mir Zweifel angebracht.

    EDIT: Da habe ich doch tatsächlich SELBST die Wahrheit vergessen...
    Danke für den Hinweis, Chanan.
    Geändert von Sauerländer (29.04.2008 um 16:12 Uhr)
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  10. #10
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    Standard AW: Konservative Staatsphilosophie

    Zitat Zitat von Rheinlaender Beitrag anzeigen
    Das mag bei Anarchisten der Fall sein, nicht bei Liberalen: Der Liberale geht davon aus, dass jeder das tun soll, was er meint richtig zu sein, ob es ihm schadet oder nuetzt, hat den Liberalen nicht zu interessieren. Die Grenze beginnt dort, wo andere betroffen sind, hier hat der Staat, als Organ der Gesellschaft, ein klare Linie zu ziehen.

    Die liberale Ideologie geht davon aus, dass jeder fuer sich Entscheidungen treffen kann und muss - und deren Folgen auch selber tragen.

    Um noch weiter zu gehen: Die Begriffe "gut" und "boese" existieren als sinnvolle Begriffe nicht. Der einzige moraliche Massstab ist das Recht des anderen seine rechte auch auszuueben, werden diese nicht betroffen, so ist jede Handlung als neutral zu sehen. Nur Handlungen, die die Rechte Anderer beschraenken sind negativ zu sehen, aber nicht unter dem moralsichen Aspekt "gut"/"boese", unter dem Aspekt, dass eine schaedliche Handlung zu verhindern ist.
    Dieses Denken funktioniert im Zwei-Bauern-zwei-Bauernhöfe-Gedankenexperiment, aber danach findet es auch schon seine Grenzen. Politik ist immer kollektiv bindende Entscheidungen (also solche, wo andere betroffen sind), sowohl etymologisch ("über die Stadt") als auch in allen neuzeitlichen Definitionen. Und sei es nur die kollekiv bindende Entscheidung, dass jeder das tun dürfe, was er wolle, solange die Rechte anderer nicht berührt sind. Gleichermaßen müssen hier dann kollektiv bindende Enscheidungen darüber getroffen werden, was denn die Rechte anderer sind. Das wiederum leitet sich nicht aus dem Nichts ab, sondern aus einer bestimmten Kultur mit bestimmten Wertvorstellungen.

    Der Liberale nimmt einfach an, es sei ja ganz klar, dass jeder der selben Kultur angehöre, die selben Vorstellungen von Rechten teile, und auf dieser Basis kann man natürlich locker sagen "Jeder soll machen was er will, bis die Rechte der anderen tangiert werden", da dann ja ein Konsens darüber besteht, was denn als Rech gilt.

    Der Konservative jedoch sieht ein, dass es für Mensch A ganz und gar nicht einsichtig sein muss, dass es Mensch Bs Recht ist, das große Anwesen zu besitzen, Steuern in Höhe X einzutreiben, eine Mohammedkarikatur zu zeichnen, schwul zu sein, eine Statue von Wilhelm II. auf dem Markplatz zu wollen und kein Gewerkschaftshaus, die Rotrückenkoalas per Naurschutzgebiet erhalten zu wollen oder als Jude überhaupt leben zu dürfen. Daher sagt er: Es muss allgemeinbindende Regeln geben, die verhindern, dass die Menschen ihre Dissensen offen austoben. Diese Regeln sind für alle gleichgeltende Staatsordnung, Gesetze, Moral, Sitten, Religion usw usf. Was da überall drin steht ist im Grunde egal, hauptsache es ist wirksam gewährleistet dass sich alle dran halten.

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