Umfrageergebnis anzeigen: Seit wann ist Geschichte Massenbetrug?

Teilnehmer
9. Du darfst bei dieser Umfrage nicht abstimmen
  • seit der Moderne

    1 11,11%
  • sie wurde schon im Mittelalter zu Massenbetrug

    1 11,11%
  • seit der Antike

    1 11,11%
  • sie war immer Betrug am Menschen

    4 44,44%
  • keine oder andere Meinung

    2 22,22%
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Thema: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

  1. #1
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    Standard "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    In dem Artikel auf Wikipedia über die [Links nur für registrierte Nutzer] steht der Satz "Aufklärung wird zum Massenbetrug". Und wer einen kritischen Blick auf die letzten 250 Jahre wirft, kann nicht anders als dem zuzustimmen. In der Aufklärung/Moderne geschah Folgendes:

    1. Die Menschheit wuchs von unter 1 Milliarde auf über 6 Milliarden, wobei die allermeisten Menschen den Eindruck erwecken, zu nichts anderem nütze zu sein als dazu, um Ressourcen irgendwelcher Art zu konkurrieren und die Erde langsam aber sicher kaputt zu machen.

    2. Es wurden schon vor Hitler und Stalin, nämlich von bürgerlichen Systemen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die konzeptionellen Grundlagen für den "totalen Krieg", Konzentrationslager, systematischen Völkermord und ihr Land ins Elend treibende Diktatoren geschaffen.

    3. Mit der Frühindustrialisierung verschlechterten sich die Lebensbedinungen der Menschen nur zu oft, die Engländer wurden im 19. Jahrhundert kleiner.

    4. Die meisten außereuropäischen Gemeinwesen verloren die Möglichkeit zu eigenständiger Entwicklung. [Links nur für registrierte Nutzer] prägte den Begriff der "Entwicklung der Unterentwicklung".

    5. Im Zeichen der "historischen Notwendigkeit" wurde ein Geschichts- und Menschenbild geprägt, in dem der Einzelne nur Material für einen historischen Prozess ist, von dem er oder sie selbst nicht unbedingt profitiert, vielleicht sogar Nachteile hat oder daran zugrunde geht. Hegels diesbezüglichen Auslassungen haben nicht zu Unrecht das böse Wort "Von Hegel zu Hitler" geprägt. "Von Hegel zu Stalin" oder "Von Hegel zu Mao" hätte vielleicht besser gepasst, weil die beiden roten Großverbrecher "Entwicklung" darunter verstanden, dabei Millionen ihrer Bürger im Wortsinne zu verheizen. Wobei die Roten hier im Zeichen "nachholender Entwicklung" nur das machten, was die bürgerlichen Systeme 50 bis 100 Jahre vorher praktiziert hatten. Selbst in der biederen Schweiz kratzten beim Bau des Gotthard-Tunneln hunderte Arbeiter ab - rechnet man das auf China mit 100mal so viel Einwohnern und all seine "Entwicklungsvorhaben" hoch, braucht man sich über nix mehr zu wundern. Vielleicht hatte Genosse Mao auch ein Schweizer Taschenmesser.

    6. In außer- und vormodernen Gesellschaften möglicherweise selbstverständliche Rechte mussten in der Moderne erst mühsam wieder erkämpft werden oder wir haben sie heute noch nicht. Z. B. das Recht, das Gemeinwesen zu verlassen und sich ein neues zu suchen, wenn man es im alten nicht mehr aushält. Geburtenkontrolle soll es bei "primitiven" Völkern schon lange vor der Pille gegeben haben. Das 19. Jahrhundert war im Zeichen des "Viktorianismus" ein trauriger Höhepunkt sexueller Repression in der Geschichte der Menschheit.

    7. Heute labern alle von "Multikulti" - nachdem die Moderne nicht nur bei den europäischen Juden eine Epoche systematischen Völkermordes war. Viele der Völker, die es vor 250 Jahren gab, existieren heute nicht mehr oder sind von der Exterminierung bedroht bzw. verlassen deshalb ihre eigene Heimat.

    8. Die Lebenserwartung hat sich zwar verdoppelt und viele der 6 Milliarden Menschen sind heute besser genährt als die < 1 Milliarde vor 250 Jahren. Aber hinsichtlicher der "Kosten-Nutzen-Rechnung" könnten sich Progressisten und Konservative noch die nächsten 1000 Jahre streiten, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Zudem profitieren nicht alle Menschen von den technischen Errungenschaften in gleichem Maße. Ich sehe da drei große Gruppen:

    1. Eine Minderheit von 10 bis 20 Prozent der Menschheit, die von allem profitiert, der es materiell und ideell besser geht als es ihr vor 250 Jahren gegangen wäre. Die Oberschicht.

    2. Eine Gruppe von 10 bis 30 Prozent, die auch Vorteile hat, aber sich mit den Segnungen der Moderne nur über deren Hohlheit hinwegtröstet.
    Die Mittelschicht.

    3. Der Rest, möglicherweise die Mehrheit der Menschen, die von den Entwicklungen der letzten 250 Jahre keinen Vorteil hatte. Vielleicht sogar Nachteile, weil in einer selbstorganisisert perfektionierten Kontrolle sich Fluchtmöglichkeiten früherer Epochen erledigt haben.
    Die Unterschicht.

    9. Das "Schöne" daran ist: hatten selbst die Staatssozialisten noch einen Geschichtsfahrplan, der von Leid und Entbehrungen letztendlich in die Transzendenz führt - "Menschen wie Götter" -, so wurde dieser Geschichtsfahrplan vom seit Anfang der 1990er Jahren global herrschenden Mainstream ad acta gelegt.

    Es soll immer so weiter gehen.

    Genau so.

    Genau so.


    Die Frage ist nur:

    Wie konnte das geschehen?

    Wenn man die Moderne in dieser Form als Unheil betrachtet, hätte eine vormoderne "heile Welt" SO ETWAS nie zugelassen. Vielleicht als zeitlich une räumlich begrenzte Episode, von der man im Tipi oder in der Therme mit wohligem Grauen spricht, um darüber den Kopf zu schütteln. Wobei das Tipit vielleicht aus einem so hochwertigem Material ist, dass in innendrin auch bei -40 Grad angenehm warm ist und das Indianerdorf gerade ohne seinen Medizinmann auskommen muss, weil der auf der Suche nach Erleuchtung zum Mars geflogen ist.

    Von nichts kommt nichts und irgendwie hat auch die Vormorderne Schuld an dem was ihr folgte. Weil die Zustände in ihr der Nährboden für die Moderne waren und

    10. Weil die Moderne randvoll mit vormodernen Ideologien und Apparaten ist, die eigentlich keine Sau braucht. Diese "Religion" genannten Ideologien haben leider im Bereich des Transzendenten und Sozialen Funktionen monopolisiert, ohne die eine Gesellschaft wohl doch nocht auskommt. Wobei die vormodernen Religionen sie nur zu oft zum Schaden der Menschen und als Büttel der Herrschenden ausübern.
    Auch der säkulare Konservatismus spielt in der Moderne eine oft unrühmliche Rolle. Das kommt im Ausspruch von Franz Josef Strauß "Konservative stehen an der Spitze des Fortschritts" zum Ausdruck. Man traut sich als Konservativer nicht, so neumodisches Zeugs wie den Kapitalismus zu verwerfen, im Gegenteil. Wenn es ums Materielle geht, neue Macht- und Herrschaftsmittel und ein besseres Leben für sich selbst, sind Konservative oft vorneweg! Geistig dagegen ... alter Wein in neuen Schläuchen, gesellschaftliche Öffnung wird mit Zähnen und Klauen bekämpft oder gar zunichte gemacht. Dabei die eigene und fremde Gesellschaften letztendlich wirkungsvoller zerstört als das zumindest die Linke vorgehabt hätte. Weil die allermeisten Konservativen bis heute weder am Kolonialismus noch Kapitalismus oder moderner Staatlichkeit etwas auszusetzen haben. Ein Gottesstaat ist doch so wirksam, um die Bürger auch gegen ihren Willen auf den rechten Wege zu führen, gelle

    Der Schweizer Autor [Links nur für registrierte Nutzer] hat in dem dreibändigen Zyklus [Links nur für registrierte Nutzer] deshalb einen drastischen Schritt vollzogen:

    1. Aufklärung und Moderne sind Betrug, den die Menschen nicht brauchten, weil sie schon vor Kant "aufgeklärt" waren. Menschen des Mittelalters hatten über ihr Lebensumfeld einen ebenso guten Überblick wie wir über unseres.

    2. Die Menschen der vormodernen Epochen sind voll verantwortlich für das was geschah und was zu einer eher schädlichen als nützlichen Moderne führte.


    PM schildert die Zusammenhänge in Form einer Parallelwelt-Zeitreise-Geschichte, die im Jahr 1000 spielt. Sein Ritter Rodulf ist Agent einer "Firma", welche die Geschichte im Zeichen der Notwendigkeit zur Moderne führen will. Doch Rodulf und seine Freunde rebellieren gegen dieses von ihnen als unmenschlich erkannte Vorhaben. Angefangen beim Reich "Ottos des Großen" bringen sie all die relativ kleinen Imperien des Jahres 1000 in Europa, dem Nahen Osten, Afrika und Asien zu Fall und liquidieren auch die Niederlassungen der "Firma" bei den Mayas.
    So schaffen sie eine Welt relativ kleiner, anarchistischer Gemeinwesen, wo die Verbindungen und Reiserouten rund um den Erdball nicht von Imperiumsgrenzen zerschnitten, sondern wieder offen sind. Amerika musste nich extra entdeckt werden, es war schon immer da und zugänglich.

    Ritter Rodulf und seine Mitkämpfer verhindern so u. a.

    - die Kreuzzüge und die Entrechtung der Juden in Europa
    - das Aufkommen der Inquisition, des Hexenwahns und massiver Verfolgung von Homosexuellen
    - den Völkermord an den Indianern, den Armeniern, den europäischen Juden ...
    - die Entstehung neuer riesiger Mordreiche vom Mongolenreich über die europäischen Kolonialreiche bis zum "Dritten Reich"

    Dass PM seine Bücher nicht für Otto den Großen und seine Zeitgenossen geschrieben hat, wird auch in der Rezension deutlich:

    "In Rodulfs Welt scheint es so einfach, das Ruder herumzuwerfen und der Menschheit eine bessere Zukunft zu bereiten. In der hiesigen Realität ist die Firma noch am Werk und richtet diesen schönen Planeten zugrunde. Wir verhalten uns wie die Opportunisten in Orwells 1984, lassen uns sehenden Auges für dumm verkaufen. P.M. will einen Denkansatz geben, damit die Menschen endlich aufwachen und sich wehren."
    Geändert von Beverly (22.06.2008 um 08:32 Uhr)

  2. #2
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Ich denke, Geschichte wurde schon im späten Mittelalter resp. am Ende des Hochmittealters zu Betrug. PM schreibt da sinngemäß über unsere Vorfahren: "Sie machten nur deshalb regionalen Scheiß, weil sie zu globalem Scheiß noch nicht in der Lage waren." Wobei sie aber den Willen dazu nur zu oft dokumentierten. Ausgerechnet der Beginn der so oft gefeierten Renaissance ist eine Zeit, wo es den Menschen eher schlechter als besser ging und wo in Europa auch vormoderne Gesellschaften Gehversuche in Sachen Totalitarismus machten. Eben mit der Inquisition oder dem "Hexenwahn". Zudem wurde in der Renaissance so um 1300 in Europa zunächst nur dass entdeckt, was die islamischen Gesellschaften an Wissen schon lange hatten und nun zu vergessen begannen. Die Dialektik der Verarschung, wo sich Fortschritt als Rückschritt entpuppt.

  3. #3
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Was ist denn überhaupt Geschichte?
    Die Summe des tatsächlich Geschehenen, oder das Bild, das man sich im Rückblick davon macht?
    Was ist im Zuge dessen Aufgabe des Geschichtsschreibers: Möglichst wahrheitsgetreu Einzelfakten aufzuzählrn und auf jede Wertung zu verzichten?
    Sich um das Aufzeigen von Zusammenhängen und Trends zu bemühen, was praktisch immer Wertungen und Verzerrungen einschließt? Niederzulegen, was hätte sein sollen, statt dem, was war?

    In gewissem Sinne war Geschichte meines Erachtens IMMER Betrug und wird es auch immer bleiben. Jeder hat ein Bild von der Geschichte, das nur Ausschnitte wahrnimmt, gerade auch die jeweilige Elite, die eben oft genug den Diskurs über Geschichte bestimmt.
    Das zum einen.

    Weiterhin: Auch mit diesem Faktum im Bewusstseín sind wir in meinen Augen gegenwärtig auf einem ganz besonderen Irrweg. Wann der begonnen hat, wird diskutabel sein, aber das Ende des Hochmittelalters und langsame Sichankündigen der Renaissance sind in meinen Augen aussichtsreiche Kandidaten.
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  4. #4
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    (...)Weiterhin: Auch mit diesem Faktum im Bewusstseín sind wir in meinen Augen gegenwärtig auf einem ganz besonderen Irrweg. Wann der begonnen hat, wird diskutabel sein, aber das Ende des Hochmittelalters und langsame Sichankündigen der Renaissance sind in meinen Augen aussichtsreiche Kandidaten.
    Wobei sich die Frage stellt, warum es so gekommen ist:

    Weil man vom Altbewährten abließ und schädliche Neuerungen einführte - Progressismus - oder weil man starr am Altbewährten festhielt und Neuerungen unterdrückte oder ignorierte, bis sie sich gewaltsam Bahn brachen - Konservatismus.

    Wobei ich gerade in Neuzeit und Moderne manchmal den Eindruck habe, dass da bei einem ganz speziellem Betrug "Progressisten" und "Konservative" ein Spiel mit verteilten Rollen spielen (wie "guter Bulle, böser Bulle"). Einer Zeit der Neuerungen, die nicht das Versprochene brachten, folgte eine Zeit der "Rückbesinnung", die alles nur noch schlimmer machte.
    Oder "Prgressisten" und "Konservative" waren nur zwei Facetten der einen üblen Sache. Ich denke da vor allem an die Entdeckung und Eroberung Amerikas und den Kolonialismus des Westens in Afrika und Asien. Was sich da abspielte, hatte mit Fortschritt wenig zu tun und dem Fortschrittsgedanken hätte es mehr entsprochen, wenn Kolumbus und seine Nachfolger zu Hause geblieben wären. Mit Konservatismus - Neuerungen aufs Unvermeidliche zu beschränken - hat es meines Erachtens auch nichts zu tun, so ziemlich alle Gemeinwesen in Amerika zu exterminieren und in Afrika und dem größten Teil Asiens zu unterjochen.

    Wobei aber die vormoderne Welt die Möglichkeit dieser Moderne als so etwas wie eine tickende Zeitbombe in sich enthielt, die in dem Moment hochging, wo alle Zutaten beieinander und der Zündfunke da war. Wenn ich mir etwa die Windmühle vom alten Fritz in Sanssouci ansehe, wie umständlich da Energie aus Wind gewonnen und Korn gemahlen wurde, so sehe da eine Epoche, die dem Kommenden nichts entgegenzusetzen hatte. Weil das Kommende technisch viel, viel besser war Ein "weiter so" hätte die tickende Zeitbombe nur zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort hochgehen lassen.
    Ich denke, wer die Moderne teilweise oder ganz verwirft, muss sich auch die Frage nach den Fehlern in der Vormoderne stellen.
    Geändert von Beverly (22.06.2008 um 15:01 Uhr)

  5. #5
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Wobei sich die Frage stellt, warum es so gekommen ist:
    Weil man vom Altbewährten abließ und schädliche Neuerungen einführte - Progressismus - oder weil man starr am Altbewährten festhielt und Neuerungen unterdrückte oder ignorierte, bis sie sich gewaltsam Bahn brachen - Konservatismus.
    In gewissem Sinne trifft beides zu. Man kann als Beispiel mal wieder die Reformation, einen der wirkmächtigsten Teile der Modernisierung, nehmen.
    Einerseits wird damit die Einheit der Kirche zerstört und die Grundlage für innereuropäische Religionskriege, und später für die irrwitzigsten Verdrehungen der Religion gelegt - andererseits kommt sie auf, weil sich die Kirche selbst zu diesem Zeitpunkt teilweise in einem erbarmungswürdigen Zustand befindet, der dringend der Korrektur bedarf.
    Man erinnere sich an den Wortsinn der Re-form: Eine Veränderung der Methode, die es ermöglichen soll, unter veränderten Bedingungen das Wesentliche Alte beizubehalten. In diesem Sinne ist eine wohlverstandene Reform eine zutiefst konservative Tat, wenn man Konservatismus positiv versteht und nicht als starres Beharren auf Erscheinungen.
    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Wobei ich gerade in Neuzeit und Moderne manchmal den Eindruck habe, dass da bei einem ganz speziellem Betrug "Progressisten" und "Konservative" ein Spiel mit verteilten Rollen spielen (wie "guter Bulle, böser Bulle"). Einer Zeit der Neuerungen, die nicht das Versprochene brachten, folgte eine Zeit der "Rückbesinnung", die alles nur noch schlimmer machte.
    Das Problem ist, dass Progressisten im Allgemeinen nicht nur Versprechungen abgeben, die sie dann nicht erfüllen (das wäre ja tendenziell harmlos), sondern vom Bestehenden einiges, mitunter Vieles opfern, um zu den versprochenen Zuständen zu kommen. Begreiflicherweise erweckt das den Widerwillen derer, die damit keine Utopie bekommen und zusätzlich Dinge verlieren, die ihnen inmitten der unperfekten Zustände irgendeinen Halt gegeben haben.
    Davila hat es sehr schön formuliert: "Die Ideen der Linken erzeugen Revolutionen. Die Revolutionen erzeugen die Ideen der Rechten."
    DIe Linke hat immer dann ihre starken Momente, wenn sie aus moralischer Empörung lebt und nicht aus abstraktem Fortschritt, der selige Zustände in die Zukunft projeziert.
    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Oder "Prgressisten" und "Konservative" waren nur zwei Facetten der einen üblen Sache. Ich denke da vor allem an die Entdeckung und Eroberung Amerikas und den Kolonialismus des Westens in Afrika und Asien. Was sich da abspielte, hatte mit Fortschritt wenig zu tun und dem Fortschrittsgedanken hätte es mehr entsprochen, wenn Kolumbus und seine Nachfolger zu Hause geblieben wären. Mit Konservatismus - Neuerungen aufs Unvermeidliche zu beschränken - hat es meines Erachtens auch nichts zu tun, so ziemlich alle Gemeinwesen in Amerika zu exterminieren und in Afrika und dem größten Teil Asiens zu unterjochen.
    Ich stimme dir durchaus zu, als eine konservative Tat im positiven Sinne lässt sich das schwerlich bezeichnen, ebensowenig wie als Fortschritt im utopistischen SInne.
    Eine konservative Tat hätte es etwa sein können, von kleineren Kolonien und Siedlungen aus friedlich, ohne Gewalt (und damit von der Lehre her glaubhafter) Missionare zu den Völkern zu schicken und sie dann auf Augenhöhe in die Christenheit aufzunehmen, ohne sich raubend ihrer länder zu bemächtigen.
    Aber wenn die Gier erstmal am Werke ist, gibt es kein Halten mehr.
    So aber ist nunmal der Fortschritt, das Fortschreiten der Welt. Liebe und Frieden bringt er nicht mit sich.
    Erinnern wir uns: Auch Marx hat etwa den britischen Kolonialismus in Indien begrüßt. Weil er eben eine abstakte höhere Kulturstufe bringen sollte, die einen der seligen Endutopie näher brachte.
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  6. #6
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Wobei aber die vormoderne Welt die Möglichkeit dieser Moderne als so etwas wie eine tickende Zeitbombe in sich enthielt, die in dem Moment hochging, wo alle Zutaten beieinander und der Zündfunke da war. Wenn ich mir etwa die Windmühle vom alten Fritz in Sanssouci ansehe, wie umständlich da Energie aus Wind gewonnen und Korn gemahlen wurde, so sehe da eine Epoche, die dem Kommenden nichts entgegenzusetzen hatte. Weil das Kommende technisch viel, viel besser war Ein "weiter so" hätte die tickende Zeitbombe nur zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort hochgehen lassen.
    Ich denke, wer die Moderne teilweise oder ganz verwirft, muss sich auch die Frage nach den Fehlern in der Vormoderne stellen.
    Man kann in diesem Sinne natürlich den Ansturm der Moderne allein schon durch die Technik als unausweichlich betrachten. Nur sind es dann eben die gesellschaftlichen Folgen der Technisierung auch, dann MUSSTEN Urbanismus, Zentralismus, Industrialismus, Massenheer in dieser oder einer ähnlichen Form geschehen.
    Und dann sind wir wieder bei Spengler.
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  7. #7
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    Das Problem ist, dass Progressisten im Allgemeinen nicht nur Versprechungen abgeben, die sie dann nicht erfüllen (das wäre ja tendenziell harmlos), sondern vom Bestehenden einiges, mitunter Vieles opfern, um zu den versprochenen Zuständen zu kommen. Begreiflicherweise erweckt das den Widerwillen derer, die damit keine Utopie bekommen und zusätzlich Dinge verlieren, die ihnen inmitten der unperfekten Zustände irgendeinen Halt gegeben haben.
    Davila hat es sehr schön formuliert: "Die Ideen der Linken erzeugen Revolutionen. Die Revolutionen erzeugen die Ideen der Rechten."
    DIe Linke hat immer dann ihre starken Momente, wenn sie aus moralischer Empörung lebt und nicht aus abstraktem Fortschritt, der selige Zustände in die Zukunft projeziert.
    Eine von den Linken gemachte Revolution, welche eine harte Rechte hervorbrachte - das passt ja "wunderbar" auf die Novemberrevolution von 1918. Bezieht sich Davila darauf?
    Wobei auf das Nachfolgesystem Weimarer Republik der Spruch der Autonomen "in Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den sicheren Tod" auch "wunderbar" passt.

  8. #8
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    Und dann sind wir wieder bei Spengler.
    Wenn sich Rechte und Mitte das 21. Jahrhundert untereinander aufteilen, dann wird es mit dem Untergang vielleicht endlich was :rolleyes:

    Oder man wünscht ihn sich :rolleyes:

  9. #9
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    Standard AW: "Dialektik der Aufklärung oder der Lüge" - wann wurde Geschichte Massenbetrug?

    "Seit wann ist Geschichte Massenbetrug?"

    Im großen Stil erst seit Bildung des Ost und Westblockes und natürlich bis heute.

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