Seit 1 bis 2 Jahren versuche ich mich als Kleinkünstlerin mit satirischen Sketchen und politischem Kabarett. Dabei ist mir schon oft aufgefallen, dass die so genannte Realität die Satire von mir und von anderen immer öfter und immer gnadenlose überholt. Satire eilt nicht mehr wie vor dreißig Jahren der Realität voraus, sondern hinkt ihr immer öfter hinterher.
Vor dreißig Jahren nahm das durchaus ernst zu nehmende Satiremagazin MAD den Kapitalismus auf die Schippe, in dem es in einer Welt weitgehend funktionierender öffentlicher Dienstleistungen deren Privatisierung andachte. Als SATIRE!
Da klagte dann der gestresste Krauter, dennen Privatpolizeit bei jeder Ermittlung extra kassiert, dem Freund sein Leid. Der Freund wusste Rat: komm doch zu meiner Polizei, die haben den Einheitstarif. Sozusagen die Flatrate für Verbrechensopfer.
Soweit die Satire vor dreißig Jahren - heute haben wir privatisierte Wachschützer.
Auch vor dreißig Jahren wollte der kommunistischer Umtriebe unverdächtige israelische Autor Ephraim Kishon das damals schon grassierende Börsenwesen veralbern. Ein Anlageobjekt musste her, dass so absurd ist, dass es nie Wirklichkeit werden könnte. Dachte Kishon. Deshalb erfand er eine Hausgemeinschaft in Gestalt eines mehrstöckigen Wohnhauses, wo alle in Elefanten investieren. Einer fängt mit dem Unfug an und da alle mithalten müssen und an der Börse nicht weniger absahnen wollen als der Nachbar, legen alle ihr Erspartes in Elefanten an. Der unvermeidliche Börsenkrach tritt dann im wortwörtlichem Sinne auf: das Haus kracht zusammen und laut trompetend laufen die Elefanten davon.
Soweit die Satire von vor dreißig Jahren. Heute kann man an der Warenterminbörse in Kaffee oder Kakao investieren, wenn die Preise niedrig sind und den ganzen Klumpatsch wieder abstoßen, wenn ihre Preise gestiegen sind. Kishons Fehler, Waren zu Hause aufbewahren zu wollen (was bei Elefanten naturgemäß schwierig ist), hat das System behoben: man ruft seinen Broker an und lässt ihn kaufen und verkaufen, ohne mit den Waren je in Kontakt zu kommen. Der Anlageform "Elefanten" steht somit nichts mehr im Wege und die Freunde der schönen neuen neoliberalen Welt werden auch für so einen Unsinn eine Rechtfertigung finden.
Um die unsinnige Vorschläge im Bereich der "Arbeitsföderung" zu veralbern, schlug ich auf Politikforum.de mal vor, Arbeitslose beim Weinbau im (streng islamischen) Saudi-Arabien einzusetzen. Ein Teilnehmer, der auch noch "Der Winzer" heißt, schluckte den Köder zunächst, ehe er sinngemäß fragte: Wo sind denn in Saud-Arabien Weinberge?
Auf Politikforum.de und auch hier gab es den Teilnehmer "Alphadeutscher": hart Nationalkonservativ und ebenso hart modernistisch und futuristisch. Der gewählte Nick scheint mir wo viele seiner Posts eine Kombinantion aus Selbstdarstellung und Selbstverarschung zu sein. Also Satire.
Nun sollte ein verständiger Mensch meinen, es reicht, wenn der Alphadeutsche Alpha ist. Der ist zugleich krass und hat dabei aber auch ironische Selbstdistanz.
Aber die Realität ist immer einen Schritt voraus und beglückt uns mit den [Links nur für registrierte Nutzer] - viel Spaß :rolleyes:
Letztens hat mich das asoziale Gebaren des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit so angekotzt, dass ich ihm eine Biografie mit dem Titel "Ich und Ich" andichtete. "Ich und Ich" hielt ich für so gnadenlosen und konsequenten Ausdruck von totalem Egoismus, Ichbezogen und asozialem Autismus, dass kein ernst zu nehmender Mensch irgend etwas so nennen würde.
Heute morgen holte mich die Realität auf GMX ein: [CODE]Ich + Ich
Das kreative Erfolgs-Duo: Es lebe der melancholische deutschsprachige Pop!/CODE]