Sa Jul 5, 2008 10:02 MESZ14
Raketenschild - Eine polnische Ohrfeige für die USA
"Das war eine wahrhaftige politische Bombe" sagte am Abend im polnischen Fernsehen der Politik Wissenschaftler Dr. Wojciech Jabłoński über das Fiasko in den Verhandlungen um die Stationierung US amerikanischer Teile ihres weltweiten Raketen- Abwehrsystemes. Die polnische Regierung hatte am Freitag hierzu das letzte Angebot der Amerikaner als "unzureichend" abgelehnt, indem es um die von Warschau geforderten Gegenleistungen für die Stationierung ging. "Die Entscheidung der polnischen Regierung ist für die USA eine Ohrfeige von ihrem 51. Bundesstaat. Bisher hatte Polen niemals zwei Staaten enttäuscht oder gar nein gesagt, das sind die USA und der Vatikan, darum war es für die Amerikaner eine schmerzvolle Überraschung, dass Polen wegen Mangel an Übereinstimmung mit den US Konditionen, den Raketenschild- Elementen im eigenen Land abgesagt hatte" - stellte Jabłoński klar. Das Angebot der USA enthielt, lt. Infos aus dem Aussenministerium, tatsächlich wenig Garantie für eine Sicherheit Polens durch ein mit der Stationierung verbundenes wachsendes Risiko für das Land. So soll Washington lediglich einen zeitweiligen Schutz durch Patriot Batterien, die US Eigentum bleiben sollten, in Aussicht gestellt haben.
Mit Jabłoński konform zeigte sich auch der Politologe Dr. Sławomir Sowiński: "Das ist eine kluge Entscheidung unserer Regierung, welche die die Souveränität Polens bestätigt". Es ist auch ein weiterer polnischer Anteil zu den Bemühungen einer sinnvollen Gestaltung des Nato Bündnisses und der Souveränitäten im Rahmen der Europäischen Vereinigung. Die Haltung Polens in den verhandlungen mit den Amerikanern zeigt, dass unser Land sich nicht von den Großmächten Russland und der USA abhängig machen lässt" - lobte Sowiński die Haltung der Tusk Regierung. Nach seiner Meinung habe es sowieso kaum direkte verhandlungen mit den USA in der Raketenfrage gegeben, diese haben sich mehr zwischen dem Präsidenten Lech kaczynski, der sogar seine Partei sogar auf eine Bezahlung für die US Raketenabwehr- Elemente eingestimmt haben soll, und dem Premier Donald Tusk abgespielt. Dank einer geschlossen Haltung der Regierung habe Kaczynski das "Spiel" verloren und Polen sei von den Knien aufgestanden - lobte Sowiński, der allerdings auch keine Zweifel hat, dass Kaczynski derzeit neue Kräfte für einen Frontalangriff sammele, obwohl ihm dies in seinem wachsenden Tief in den Umfragenwerten immer schwerer fallen wird.
Die Entscheidung der polnischen Regierung ist vor allem ein Problem der Vereinigten Staaten, denn das Raketen-Schild soll hauptsächlich die USA schützen und nicht Polen. Das Gegenleistungs- Angebot der Amerikaner zeigt einmal mehr wie wenig seriös die ganze Raketenabwehr Komödie überhaupt ist, denn es enthält kaum Sicherheitsgarantien für Polen, das sich mit Recht für die Furcht vor schon angedrohten russischen Gegenmaßnahmen und Attacken durch Terroristen bezahlen lassen möchte. Dass Russland zuletzt kaum noch die polnische Souveränität in dieser Frage bemängelte, liegt mit Sicherheit daran, dass der Kreml genausowenig wie wichtige Insider daran glaubt, dass dieses Geschäft zwischen den USA und Polen jemals zustande kommen wird. Einer Vereinbarung mit den USA zuzustimmen, wie Kaczynski sie blind unterschreiben wollte, ohne Rücksicht auf die Verantwortung welche Polen damit übernimmt, würde von absoluter Hörigkeit oder Blindheit zeugen. Da man dem polnischen Präsidenten weder das Eine noch das Andere unbedingt unterstellen kann, fragt man sich doch was denn diesen Mann in dieser Frage so antreibt.
In gewisser Weise scheint Lech Kaczynski aber trotzdem recht eng mit den USA verbunden, denn er bezeichnet sogar den Präsidenten des weltgrößten Rüstungskonzern Lockheed Martin, der schon traurige Berühmtheit in Korruptionsaffären erlangt hatte, als seinen Freund, obwohl er den Polen 48 F16 Kampfflugzeuge verkauft hatte, für die Warschau selbst heute nicht einmal ausreichend ausgebildete Piloten hat.
Die Bush Regierung hat im Übrigen nur noch wenige Wochen zu leben und in dieser Zeit wird man sowieso keine weltbewegenden Entscheidungen mehr treffen, doch auch die Kandidaten für die Nachfolge sind allesamt für den weltweiten Ausbau ihres Raketabwehrschildes. In der EU fühlt sich allerdings nur Tschechien fast widerstandslos dazu berufen einen Teil dieser US Elemente zu beherbergen. Hoffen wir für die Tschechen und ihrem Präsidenten Vaclaw Klaus, dass am nicht mit "Zitronen gehandelt" haben.
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Polen: Keine Einigung mit USA bei Raketenschild
Warschau (Reuters) - Nach monatelangen Verhandlungen hat Polen die Stationierung des Raketenschilds trotz eines verbesserten Angebots der USA abgelehnt.
Der Beitrag zur Modernisierung der polnischen Luftabwehr sei nicht ausreichend, erklärte Ministerpräsident Donald Tusk am Freitag. Die Entscheidung bedeutet einen Rückschlag für die Regierung von US-Präsident George W. Bush, die sich zuletzt zuversichtlich über eine Einigung geäußert hatte. Der Schild soll Angriffe von sogenannten Schurkenstaaten wie dem Iran abwehren. Russland fühlt sich durch das System am Westrand der ehemaligen Sowjetunion bedroht.
Tusk zeigte sich offen für weitere Verhandlungen, betonte aber bei der Pressekonferenz: "Wir haben kein zufriedenstellendes Ergebnis bei der Verbesserung der polnischen Sicherheit erreicht." Wenn die Bedrohung des Landes wegen des Schilds zunehme, dann müssten Systeme wie Patriot-Abwehrraketen auf polnischem Boden stationiert werden. "Wir wollen nicht Teil eines weltweiten Sicherheitssystems sein, sondern haben speziell die Sicherheit des polnischen Territoriums zu bedenken."
Die USA reagierten verhalten. In einer ersten Stellungnahme des Außenministeriums hieß es, Polen bleibe ein enger und wichtiger Verbündeter der Vereinigten Staaten. Man halte daher an den Verhandlungen fest und wolle sich öffentlich nicht zu Details äußern.
Das US-Angebot lag polnischen Regierungskreisen zufolge finanziell deutlich unter den Erwartungen der Regierung in Warschau. Es ist seit Jahren das erste Mal, dass Polen einen Wunsch des engen Verbündeten abschlägt. Dies gilt als Ausdruck eines größeren Selbstbewusstseins des Landes unter der liberalen Regierung von Tusk, die im Vergleich zu ihren konservativen Vorgängern Wert auf einen eigenständigeren Kurs gegenüber der Großmacht legt.
Die USA wollen zehn Abfangraketen in Polen stationieren sowie ein dazugehöriges Radarsystem in Tschechien. Russland betrachtet den Schild als Gefahr für seine nationale Sicherheit und hat damit gedroht, seine Raketen wieder auf Europa auszurichten.
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Sehr schön! Eine weise Entscheidung, hoffentlich bleibt es auch dabei. Mit dieser Entscheidung zeigt Polen Rückgrad gegenüber den USA.