Die Niederlande (niederl. Nederlanden) sind ein deutscher Staat mit parlamentarische Monarchie und Teil des Königreichs der Niederlande. Zusammen mit dem teildeutschen Staat Belgien und dem deutschen Staat Luxemburg bilden die Niederlande die Benelux-Staaten.
Im hochdeutschen und englischen Sprachraum, wie auch in den Niederlanden selbst, wird anstelle der offiziellen und korrekten Bezeichnung Niederlande umgangssprachlich häufig der Name Holland für das gesamte Staatsgebiet verwendet. Diese Bezeichnung stammt von der alten Grafschaft Holland und bezieht sich eigentlich nur auf die heutigen Provinzen Nord- und Südholland.

Niederländisch, ein deutscher Dialekt, ist die Amtssprache im gesamten Staat; daneben werden weitere niederdeutsche Mundarten gesprochen. Das Friesische ist Amtssprache in der Provinz Friesland (Provinsje Fryslân) und dort auch Rundfunk- und Verwaltungssprache. Im Nordosten werden niedersächsische Dialekte gesprochen, im Südosten hochdeutsche Mundarten. Niederländisch ist auch die Amtssprache in Flandern, Surinam, auf Aruba und auf den Niederländischen Antillen. In Südafrika ist Afrikaans eine sogenannte eigenständige Ausbausprache, die sich aus dem Niederländischen entwickelt hat. Mit etwas Mühe können Afrikaanssprecher und Niederländer, aber auch Hochdeutschsprecher, die jeweils andere Sprache lesen und verstehen.
In den Niederlanden leben ca. 81.000 Jenische. Von der Bevölkerung werden sie entweder als "Zigeuner" oder als "Woonwagenbewoner" (Wohnwagenbewohner) wahrgenommen, je nach dem, ob sie auf Plätzen mit Sinti stehen oder auf eigenen Plätzen. In die Niederlande sind Menschen aus der ganzen Welt eingewandert: aus Indonesien, Karibik, Südamerika, Afrika, Türkei, Polen, usw.
Die wichtigsten Religionen (Stand: 2004) sind der Katholizismus (31 %), der Protestantismus (18 %) und der Islam (6 %). Die meisten Protestanten gehören einer calvinistischen Kirche, meistens der Nederlandse Hervormde Kerk, an. 42 % der Niederländer fühlen sich keiner Religionsgemeinschaft zugehörig. In früheren Zeiten war die Mehrheit des Bevölkerung protestantisch, während der übrige Teil der Bevölkerung katholisch war.


Nach der Aufteilung des Frankenreiches gehörten die deutschen niederen Lande zum Ostfränkischen Reich und danach zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Unter Kaiser Karl V. war das Land in siebzehn Provinzen aufgeteilt und umfaßte auch den Großteil des heutigen Belgiens. Nach der Unabhängigkeitserklärung der sieben nördlichen Provinzen (Allianz von Utrecht) vom 23. Januar 1579 und dem folgenden Achtzigjährigen Krieg gegen die spanischen Habsburger wurde die formelle Unabhängigkeit von Spanien im Frieden von Münster als Teil des Westfälischen Friedens am 15. Mai 1648 besiegelt, der, gleichzeitig mit der Schweiz, zur Trennung vom mittelalterlichen deutschen Reich führte. Dieses Datum gilt als Geburtstag der heutigen Niederlande.
In der Folge wuchsen die Niederlande bzw. die sogenannten niederen deutschen Lande ("de nederen duitsche landen") als Republik der Vereinigten Niederlande, zu einer der größten See- und Wirtschaftsmächte des 17. Jahrhunderts. Während dieser Zeit wurden Kolonien und Handelsposten auf der ganzen Welt errichtet. Bekannt ist die Gründung von Neu Amsterdam (Nieuw Amsterdam), welches später in New York umbenannt wurde. In Asien schufen die Niederländer ihr Kolonialreich Niederländisch-Indien ('Nederlands-Indië'), das heutige Indonesien, welches im Dezember 1949 unabhängig wurde. Auch im nordöstlichen Südamerika (Suriname) und der Karibik entstanden Niederländische Kolonien (Aruba, Curaçao), (Bonaire), (Saba), (St. Eustatius) und (St. Maarten); diese Inseln (Aruba und die Niederländische Antillen (die fünf übrige Inseln) sind heute autonomer Teil der niederländischen Monarchie (Königreich). Deswegen besteht das Königreich der Niederlande ("Koninkrijk der Nederlanden") offiziell aus drei Teilen: die Niederlande, Aruba und die Niederländischen Antillen.
1796 wurde mit französischer Unterstützung die Batavische Republik gegründet (benannt nach dem germanischen Stamm der Bataver, der das Gebiet zwischen Rhein und Maas zuerst besiedelt hatte; 1806 machte Napoleon daraus das Königreich Holland.
Nach der Einverleibung durch Frankreich unter Napoleon I. wurde 1815 das Königreich der Niederlande gegründet, das auch das heutige Belgien umfaßte. Erster König wurde Wilhelm I. aus dem Haus Oranien-Nassau. Belgien und damit das niederfränkische Flandern erlangte nach der belgischen Revolution von 1830 seine Unabhängigkeit, die allerdings erst 1839 von Wilhelm I. anerkannt wurde.
Der niederländische König war gleichzeitig Großherzog von Luxemburg, wo das Salische Gesetz kein weibliches Staatsoberhaupt zuließ. Als Wilhelm III. bei seinem Tod 1890 nur eine Tochter (Königin Wilhelmina) hinterließ, ging der Luxemburger Thron auf eine andere Erbfolgelinie im Haus Nassau über, und Wilhelms Vetter Adolf von Nassau übernahm dort die Regierung.
Die Niederlande blieben im Ersten Weltkrieg offiziell neutral und konnten sich auch erfolgreich aus dem Krieg heraushalten. Sie hielten ihre Truppen aber dennoch bis zum Kriegsende mobilisiert und hatten überdies mit einer großen Flüchtlingswelle aus Belgien zu tun.
Auch im Zweiten Weltkrieg versuchte die niederländische Regierung zunächst, sich neutral zu verhalten. lul jedoch befahl die Okkupation der Niederlande, um so Frankreich unter Umgehung der "Maginot Linie" von Norden her zu besiegen. Nach dreitägigem Kampf zwangen die reichsdeutschen Truppen am Abend des 14. Mai 1940 die Niederlande mit dem Bombardement von Rotterdam zur Aufgabe. Die königliche Familie war zu diesem Zeitpunkt schon nach England geflohen. Das Land wurde von da an von der Wehrmacht besetzt gehalten. Die Nationaal-Socialistischen Beweging (NSB) unter Anton Adriaan Mussert arbeitete mit den reichsdeutschen Besatzungstruppen zusammen, erlangte aber keinen relevanten Einfluß in der Bevölkerung oder im Besatzungsapparat.
Am 11. Januar 1942 begann die japanische Invasion von Niederländisch-Ostindien. Die Niederländer kapitulierten am 1. März 1942. Der südliche Teil der Niederlande wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 von den vorrückenden Alliierten befreit; der Norden des Landes erst durch das Kriegsende. Sofort nach der Befreiung Niederländisch-Ostindiens von japanischer Besatzung am 17. August 1945 erklärte die niederländische Kolonie ihre Unabhängigkeit und nannte sich fortan Indonesien. Erst nach blutigen Kämpfen mit niederländischen Truppen wurde Indonesien am 27. Dezember 1949 formal unabhängig.
Von 1949 bis 1963 war die bundesrepublikanische Stadt Elten (bei Emmerich) mit Umgebung unter niederländische Verwaltung gestellt. 1952 gründeten die Niederlande mit Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland, Italien, Belgien und Luxemburg die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (und damit die spätere Europäische Union). Sie waren ebenfalls Mitbegründer der NATO.
Im Februar 1953 verheerte eine Sturmflut den Südwesten der Niederlande und forderte 1800 Tote. Die Niederlande waren Gründungsmitglied der Benelux-Wirtschaftsunion (seit 1944 geplant, am 3. Februar 1958 festgelegt und am 1. November 1960 in Kraft getreten). 1980 folgte Königin Beatrix von Oranien-Nassau Königin Juliana nach, die im Alter von 71 Jahren abdankte.
Die Morde am Politiker Pim Fortuyn am 6. Mai 2002 und an dem Filmregisseur Theo van Gogh am 2. November 2004 erschütterten die niederländische Öffentlichkeit und führten zu heftigen Debatten über das Selbstverständnis der niederländischen Gesellschaft. Nach dem Mord an Theo van Gogh kam es in den Niederlanden auch zu Brandanschlägen auf islamische und christliche Einrichtungen.
Die Niederländer wiesen am 1. Juni 2005 mit einer großen Mehrheit von 61,6 % den Europäischen Verfassungsvertrag zurück.
Seit dem Ende der französischen Besetzung im Jahre 1815 sind die Niederlande eine konstitutionelle Monarchie mit dem Königshaus Oranien-Nassau an der Spitze. Es herrscht allgemeines Wahlrecht ab 18 Jahren.

Staatsoberhaupt seit 1980 ist Königin Beatrix. Ihr Sohn Willem-Alexander ist Thronfolger. Zusammen mit seiner Frau Máxima hat er zwei Töchter, Catharina-Amalia und Alexia. Gemäß der Verfassung ist Beatrix Mitglied der Regierung und ernennt die Minister. In der Praxis läßt sie nach Wahlen einen informateur (meist ein hoher Beamter) die Parlamentsfraktionen befragen. Nach dessen Berichterstattung bestellt die Königin einen formateur, der das Kabinett zusammenstellt. Dabei kann es sich bereits um den künftigen Ministerpräsidenten handeln.
Das Parlament (Staten-Generaal, Generalstände) besteht aus zwei Kammern. Die Wahl der 150 Mitglieder der Zweiten Kammer (Tweede Kamer) findet im Normalfall alle vier Jahre statt. Diese Kammer ist das Parlament im eigentlichen Sinne, als Volksvertretung und Kontrolle der Regierung.
Die Erste Kammer (Eerste Kamer), auch Senat genannt, setzt sich aus 75 Vertretern der Provinzparlamente zusammen, die ebenfalls alle vier Jahre gewählt werden. Die Arbeit der Ersten Kammer besteht vor allem in der Begutachtung von Gesetzen, die die Zweite Kammer erarbeitet hat; unter Umständen kann die Erste Kammer ein Gesetz durch ein Veto blockieren.
Der heutige Ministerpräsident Jan Peter Balkenende von den Christdemokraten ist seit 2002 im Amt, hat jedoch am 30. Juni 2006 sein Rücktrittsgesuch bei der Königin eingereicht.

Parteien

Christlich-Demokratischer Appel (Christen Democratisch Appèl; CDA) - konservativ
Partei der Arbeit (Parij van de Arbeid; PvdA) - (sozialdemokratisch)
Volkspartei für Freiheit und Demokratie (Volkspartij voor Vrijheid en Democratie; VVD) - konservativ)
Sozialistische Partei (Socialistische Partij; SP) - sozialistisch
Liste Pim Fortuyn (Lijst Pim Fortuyn; LPF) - rechtspopulistisch
Grüne Linke (Groen Links; GL) - ökologisch und sozialistisch
Demokraten 66 (Democraten 66; D66) - sozial-liberal
Christenunion (ChristenUnie; CU) - (extrem christlich-konservativ)
Staatskündig-reformierte Partei (Staatkundig Gereformeerde Partij; SG) - (extrem christlich-konservativ)

Die größten Städte der Niederlande sind:

Amsterdam
Rotterdam
Den Haag
Utrecht
Eindhoven
Groningen
Tilburg
Haarlem
Nimwegen (Nijmegen)
Apeldoorn
Enschede
Zaanstad
Arnheim (Arnhem)
Breda
Maastricht
Dordrecht
Leiden

Viele weltberühmte Maler waren Niederländer. Einer der bekanntesten frühen Künstler war Hieronymus Bosch. Die Blütezeit der Republik im 17. Jahrhundert, das sogenannte Goldene Zeitalter brachte große Künstler wie Rembrandt van Rijn, Johannes Vermeer, Frans Hals, Carel Fabritius, Gerard Dou, Paulus Potter, Jacob Izaaksoon van Ruisdael oder Jan Steen hervor. Berühmte Maler späterer Epochen waren Vincent van Gogh und Piet Mondriaan. M. C. Escher ist ein bekannter Grafiker.

Niederländische Architekten gaben wichtige Impulse für die Architektur des 20. Jahrhunderts. Hervorzuheben sind vor allem Hendrik Petrus Berlage und die Architekten der De Stijl-Gruppe (Robert van't Hoff, J.J.P. Oud, Gerrit Rietveld). Johannes Duiker war ein Vertreter des Neuen Bauens. Die so genannte Amsterdamer Schule (Michel de Klerk) leistete einen bemerkenswerten Beitrag zur expressionistischen Architektur.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg traten innovative niederländische Architekten hervor. Aldo van Eyck und Herman Hertzberger prägten die Architekturströmung Strukturalismus. Piet Blom wurde durch seine eigenwilligen Baumhäuser bekannt.

Aus den Niederlanden stammten Erasmus von Rotterdam, Baruch Spinoza und Christiaan Huygens. René Descartes verbrachte den Großteil seiner Schaffenszeit in den Niederlanden. Überhaupt fanden seit der frühen Neuzeit zahlreiche verfolgte Wissenschaftler in den Niederlanden Asyl und Wirkungsmöglichkeiten. Die moderne Soziologie verdankt ihrem niederländischen Begründer S. Rudolf Steinmetz bedeutende Anregungen. Für die Medizin der frühen Neuzeit war die Stadt Leiden ein relevantes Zentrum, von dem wichtige Impulse ausgingen.


Im "Goldenen Zeitalter" (De Gouden Eeuw) der Niederlande blühte neben der Malerei auch die Literatur, als bekannteste Vertreter wären Joost van den Vondel und P. C. Hooft zu nennen. Wichtige Autoren des 20. Jahrhunderts sind Harry Mulisch, Jan Wolkers, Simon Vestdijk und Theun de Vries.

Das niederländische Musikleben war im Bereich der klassischen Musik lange Zeit nicht auf dem Niveau anderer europäischer Staaten organisiert. Erst Ende des 19. Jahrhunderts fand eine Professionalisierung statt und es bildeten sich zahlreiche Orchester und Kammerensembles.

Wichtige niederländische Komponisten um 1800 waren beispielsweise der gebürtige Deutsche Johann Wilhelm Wilms sowie Carolus Antonius Fodor, die sich beide an der Wiener Klassik orientierten. Im 19. Jahrhundert dominierten lange Zeit von der deutschen Romantik beeinflußte Strömungen das Musikleben, u. a. repräsentiert durch Richard Hol. Bernard Zweers versuchte als erster eine spezifisch niederländische Nationalmusik zu entwickeln. Ihm folgten Julius Röntgen und Alphons Diepenbrock, mit denen die niederländische Musik den Anschluß an die internationale Musikentwicklung fand. Wichtige Komponisten im 20. Jahrhundert sind Willem Pijper, Mathijs Vermeulen, Louis Andriessen, Otto Ketting, Ton de Leeuw, Theo Loevendie, Misha Mengelberg, Tristan Keuris und Klaas de Vries.

Die Niederlande haben eine lebendige Musikszene auf hohem Niveau. Es gibt zahlreiche Veranstaltungslokale und in den Medien wird den Künstlern viel Raum gegeben. International bekannte niederländische Musiker sind z.B. Candy Dulfer, Anouk Teeuwe oder die Gruppen Within Temptation und The Gathering (Band).

Das jährlich veranstaltete North Sea Jazz Festival in Den Haag gehört zu den wichtigsten Jazzveranstaltungen weltweit.


Der richtige Gebrauch des Namens Niederlande ist vielen Sprechern nicht geläufig, was zu der gängigen Verwendung des Namens Holland beiträgt. Niederlande stellt eine Pluralform dar; vergleichbar mit den USA (die USA). Den Ländernamen gibt es im Singular nicht.