In der Union sollten Muslime mehr Verantwortung übernehmen, fordert der Chef des Deutsch-Türkischen Forums in der CDU. Sonst könnten CSU und CDU Wähler verlieren. Denn die Zahl der Wähler mit Migrationshintergrund wird immer größer. Doch die Parteibasis sträubt sich gegen muslimische Abgeordnete.
Hätte Roland Koch nur einen Türkischstämmigen in seinem Wahlkampfteam gehabt! Dann würde er noch heute mit komfortabler Mehrheit Hessen regieren. Dann könnte er jetzt auf einen erfolgreichen Wahlkampf zurückblicken.
Und er könnte viele Türkischstämmige und Muslime zu seinen Wählern zählen, weil ihnen das forsche Vorgehen gegen Jungkriminelle mit und ohne Zuwanderungshintergrund sicher imponiert hätte.
Davon ist zumindest der Christdemokrat Bülent Arslan überzeugt. Nur eine Entscheidung wäre dafür nötig gewesen: Koch hätte einen Innenpolitiker türkischer Abstammung zum Protagonisten seines Law-and-Order-Kurses machen müssen. Denn der hätte "durch Sensibilität und allein durch seine Person signalisiert: Es geht nicht gegen Migranten und Muslime, es geht gegen Kriminelle“.
Und so sieht Arslan, der Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums in der CDU (DTF), etliche Vorteile für die Christdemokratie, die mit mehr Zugewanderten in ihren Reihen einhergingen. Die Parteispitze wirbt zwar ebenfalls für mehr türkischstämmige Unionsmitglieder (auf der CDU-Website sogar auf Türkisch).
Doch die Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen Parteispitze und Basis ist immens. Weshalb Christdemokrat Arslan seine Partei nun vor einer "gewaltigen verpassten Chance“ warnt, weil sich "das Migranten-Milieu dauerhaft an SPD und Grüne zu binden“ drohe.
Wie massiv der Widerstand gegen muslimische oder türkischstämmige CDU-Politiker gerade an der Parteibasis ist, veranschaulicht nichts besser als der politische Werdegang Arslans: Es war der heutige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der versuchte, Arslan für die Bundestagswahl 2002 einen Wahlkreis in Hagen zu organisieren. Arslan stellte sich sogleich im Kreisverband vor.
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Die Folge: Der Union entgeht nahezu vollständig eine wachsende Bevölkerungsgruppe. Immerhin gibt es laut Islamarchiv in Soest rund 3,5 Millionen Muslime in Deutschland, darunter mindestens 1,1 Millionen deutsche Staatsbürger – und bald 500.000 Wahlberechtigte.
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Neben den Ostdeutschen sind es vor allem konservative Unionschristen, die muslimischen und türkischstämmigen Parteifreunden reserviert begegnen. Typisch dafür ist Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Beckstein.
Noch als Innenminister traf er einmal einen muslimischen Verbandsführer. Dem versprach er sogleich, auch die CSU werde sich für Muslime stärker öffnen. Dann aber soll Beckstein hinzugefügt haben: "Aber wissen Sie, was nach dem hundertsten Muslim passiert? Dann ist Schluss!“ Und schon zog der fröhliche Franke lachend ab.
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Doch die Kluft zwischen Theorie und Praxis, zwischen Parteispitze und Basis ist immens. Weshalb Christdemokrat Arslan seine Partei nun vor einer "gewaltigen verpassten Chance“ warnt, weil sich "das Migranten-Milieu dauerhaft an SPD und Grüne zu binden“ drohe.
Auch dessen Vorsitzender Arslan meint, "dass sich viel zu wenige Muslime und Türkischstämmige in der CDU engagieren“. Dabei störten die sich gar nicht an der Betonung des Christlichen in der CDU, eher schon an dem restriktiven Kurs beim Familiennachzug und dem Nein zum türkischen EU-Beitritt.
"Wenn aber umgekehrt erst mehr Türkischstämmige und Muslime der CDU beitreten müssen, bevor sie auch mehr Mandate erhalten, droht ein Teufelskreis“, meint Arslan. Denn: "Je weniger Migranten in der CDU aktiv sind, umso unattraktiver wird die Partei für Wähler mit Zuwanderungshintergrund