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Thema: ist in den usa auch eine diktatur moeglich?

  1. #1
    GESPERRT
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    Standard ist in den usa auch eine diktatur moeglich?

    ich moechte hier ein neues, thema eroeffnen.ich denke es wurde hier noch nicht angesprochen.ich mache mir gedanken,weil sich in amerika in letzter zeit viel veraendert hat.viele menschen fuehlen sich in den usa angegriffen wenn man nur irgendetwas negatives ueber die usregierung sagt.und diejenigen dort,die die momentane us-regierung nicht besonders moegen,diskutieren darueber nicht gerne oder versuchen,diese art themen zu vermeiden.(natuerlich gibt es auch menschen in den usa,die darueber diskutieren,aber wenige.)vielleicht liege ich falsch,doch es kommt einem fast vor,als ob viele fast"angst" haben,irgendetwas negatives ueber die regierung oder ihr land zu sagen.ich bin eben gewohnt,meine politische meinung ueber deutschland zu aeussern wo und mit wem ich will.und klar zieht man doch oefter mal am arbeitsplatz bei freunden,familie ueber die momentane schlechte politik in deutschland doch auch her.
    nur in den usa ist das irgendwie ein tabu.
    waere unter umstaenden in den usa auch eine diktatur moeglich?was denkt ihr?
    ich weiss dass ich jetzt wieder ein thema eroeffnet habe,das einige gemueter erhitzen wird...

  2. #2
    Bewohner der Erde Benutzerbild von Touchdown
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    Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Die Amerikaner betonen doch immer wie wichtig ihnen die Werte Freiheit und Demokratie sind.
    Sie wollen diese Werte doch sogar einem Kreuzzug ähnlich mit Waffengewalt in die restliche Welt tragen.
    Also warum sollten die Amerikaner plötzlich die Demokratie abschaffen?
    "So wie ich die Sache sehe, ist die Intelligenz bereits ausgerottet und es leben nur noch die Idioten!"
    Die beste Band der Welt!

    Keine Angst vor Terroristenschweinen!!!

    Du bist die Menschheit!!!

  3. #3
    GESPERRT
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    Theoretisch möglich, aber praktisch auf keinen Fall !


    Viele machen in Deutschland den Fehler und glauben das ihre Einstellung zum Staat die einzig richtige sei !
    Immer Skeptisch, immer Pessimistisch und immer Negativ, die Regierung muss überwacht werden, sonst würde Deutschland untergehen... Die Amerikaner sind Optimistischer, für sie sind Machthaber nicht grundsätzlich böse !!!

  4. #4
    UPUAUT Benutzerbild von Thrar
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    Zitat Zitat von Moonwitch
    vielleicht liege ich falsch,doch es kommt einem fast vor,als ob viele fast"angst" haben,irgendetwas negatives ueber die regierung oder ihr land zu sagen.
    Komisch das du das ansprichst; mir kommt es nämlich (im Ernst) so vor als wäre das Gegenteil der Fall. An allen Ecken und Kanten hagelt es Kritik (und damit meine ich natürlich auch die Amis selber).

    Zitat Zitat von Moonwitch
    nur in den usa ist das irgendwie ein tabu.
    Kann man so pauschal glaube ich nicht sagen.

    Zitat Zitat von Moonwitch
    waere unter umstaenden in den usa auch eine diktatur moeglich?was denkt ihr?
    Das beim besten Willen nicht. Rechtlich gesehen steht dem ja schon die Verfassung entgegen (seperation of powers).
    ***************************************
    Wenn der Mensch den Halt verliert,
    beginnt die Furcht Ihn zu regieren,
    und in ihren Wirbeln treibt er blind dahin.

    ***************************************

  5. #5
    Mitglied Benutzerbild von Notstand
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    Mein ich auch die Vervassung der USA ist doch mehr als sicher vor einer diktatur.

  6. #6
    W. Kovacs Benutzerbild von Rorschach
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    Theoretisch ja, praktisch wohl eher nein, wie schon Grünkreuz sagte (Schreck lass nach! ).

    Theoretisch könnte eine Partei den Präsidenten stellen und gleichzeitig auch das Parlament kontrollieren, womit neue Gesetze im Grunde kein Problem sein dürften. Dazu könnte der Oberste Gerichtshof noch mit ideoogisch genehmen Richtern besetzt werden, so daß evtl. kritische Gesetze oder Vorhaben durch diese den 'höchsten Segen' erhalten würden.

    Dem allen steht aber entgegen, daß es Wahlen gibt. Und bei denen zeigen die Amerikaner immer wieder ein eigenartiges Verhalten, nämlich daß sie nicht nach Parteizugehörigkeit wählen, sondern (gerade bei Abgeordnetenwahlen) auf das Programm achten.

    Ganz anders sähe der Fall wieder aus, wenn eine Partei ausreichend Sitze/Stimmen hätte, um die Verfassung ändern zu können. Aber dieser Fall ist mehr als unwahrscheinlich, da die Bürger so etwas immer zu verhindern gewußt haben; und etwaige Pläne (hin zu einer Diktatur) mit der ersten Verfassungsänderung zu einer schnellen Abwahl der besagten Partei führen würden.
    "Quis custodiet ipsos custodes?"

    "If our house be on fire, without inquiring whether it was fired from within or without, we must try to extinguish it." Thomas Jefferson

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen, Krieg ist der Terrorismus der Reichen." Sir Peter Ustinov

  7. #7
    hopsgeiles Springschwein Benutzerbild von carlson.vom.dach
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    Das ist doch eine alte Debatte die hier wieder aus der Versenkung geholt wird.
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    Im Zeitalter der Angst
    Wie den Amerikanern das eigene Land unheimlich wird. Droht den USA ein sanfter Faschismus? / Von Richard Sennett

    Es überraschte mich nicht, als ich in Fanelli's Bar and Grill gleich zwei Gäste Philip Roths neuen Roman „The Plot Against America“ lesen sah. Fanelli's ist so etwas wie das linke Epizentrum von SoHo, einem ehemaligen Industrieviertel im Süden Manhattans, das in den 70er Jahren von Künstlern und Galerien besiedelt wurde und heute mit Touristen aus Europa bevölkert ist. Ins schmutzige, düstere Fanelli's mit einer Temperatur, die die Klimaanlage in die Nähe des Nullpunkts drückt, dringen die Touristen jedoch nicht vor. So bleiben die Veteranen der Gewerkschaftsbewegung, die ergrauenden Bildhauer und das eine oder andere jüngere Paar, das Kinder im Kinderwagen mit imposanten italienischen Hackfleischbällen füttert, unter sich.

    Roths Roman fantasiert von einem Amerika, das zu Beginn des Zweiten Weltkriegs vom Faschismus heimgesucht wird – und die Menschen in meinem Stammlokal sorgen sich, dass genau so etwas in Wirklichkeit passiert. Philip Roth erzählt, wie der charmante und hohlköpfige Pilot Charles Lindbergh 1940 in Amerika an die Macht kommt und durch einen bösartigen Vizepräsidenten manipuliert wird. Die Welt, die sie umgibt, macht den Amerikanern Angst; das eigene Land von jüdisch-kommunistischen Terroristen zu säubern, verleiht ihnen hingegen ein Gefühl der Sicherheit. Der Roman ist nicht ohne Vorläufer: In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schrieb Nathaniel West „A Cool Million“ und Sinclair Lewis „Das ist bei uns nicht möglich“ beides Horrorgeschichten über ein Amerika, das aus Naivität und Furcht rechten Despoten verfällt. Wie seine Vorgänger ist auch Roth ein viel zu guter Autor, um ein Stück Agitprop-Literatur zu verfassen. Er verlässt sich darauf, dass die Nachrichtenlage die Aktualität schon herstellen wird.

    Am ersten Tag nach meiner Rückkehr aus London saß ich in meinem Stammlokal und verfolgte eine Fernsehdiskussion über den „Patriot Act“. In seiner ersten Fassung, 2001 kurz nach dem Terrorangriff auf das World Trade Centre verabschiedet, weitete dieses Gesetz die staatlichen Befugnisse zur Überwachung einzelner Bürger erheblich aus (das Stichwort heißt „Datamining“ oder gezielte Datensuche), während gleichzeitig die staatlichen Operationen noch tiefer unter dem Mantel der Geheimhaltung verborgen wurden. Der „Patriot Act II“, dessen erster Entwurf im Februar 2003 bekannt wurde, sollte noch weiter gehen. Dem Entwurf zufolge sollte es möglich sein, US- Bürgern das Bürgerrecht abzuerkennen, wenn sie im Verdacht stehen, einer Terrororganisation anzugehören; diese Entscheidung sollten nicht Gerichte, sondern Behörden treffen, wie auch die Entscheidung über die Abschiebung von Ausländern, die, so der Entwurf, Amerikas „Sicherheit, Außenbeziehungen oder Wirtschaftsinteressen“ bedrohen. In fassungslosem Schweigen verfolgten die Menschen in der Bar eine nüchterne juristische Diskussion dieser Vorschläge auf dem Bildschirm und blickten ab und zu durch die schmutzigen Scheiben auf die Menschenmenge, die draußen vorbeiwogte wie auf einem anderen Planeten. Das System Bush hat die Intellektuellen gelehrt, ihr eigenes Land zu fürchten.

    Vier Blöcke weiter stellte Art Spiegelman vor einigen Wochen sein Buch „In The Shadow of No Towers“ im Cooper Union Building vor. Zuerst hatte kein großer Verlag seine Bildgeschichte haben wollen. In ihr erzählt der Cartoonist, wie seine Familie den Angriff vom 11. September und die Zeit danach erlebte; zu „politisch“ war seine Behauptung, die Politik habe die Attentate zu „Geiseln“ gemacht. Im Cooper Union fuhr der Kette rauchende Spiegelman mit seiner Cleverness zuverlässig Lacher ein, als er über Präsident Bush spottete, doch als er Szenen seines neuen Buches mit Szenen aus „Maus“, seinem Comicroman über die Nazis, verglich, herrschte Schweigen. War er zu weit gegangen? Spiegelman ließ nicht locker. Er bohrte noch einmal in der Wunde, indem er bemerkte, die einzigen Amerikaner, die heute keine Angst hätten, seien jene New Yorker, die unmittelbare Zeugen der Angriffe waren.

    „Faschismus“ ist ein starkes und undurchsichtiges Wort. Wenn hierzulande darüber gestritten wird, ob in Amerika Faschismus droht, dann geschieht das unter dem Einfluss eines jüngst erschienenen Buchs von Robert Paxton, „The Anatomy of Fascism“. Paxton, ein auf das Vichy-Regime spezialisierter Historiker an der Columbia University, analysiert den Faschismus unaufgeregt als die „entgleiste Demokratie“ Europas zwischen 1919 und 1939. Doch hat das letzte Kapitel Debatten ausgelöst, weil Paxton hier argumentiert, die Demokratie könne immer entgleisen, wenn extrem rechte Positionen sowie konservative ökonomische und politische Institutionen eine Schnittmenge bilden – die Sehnsucht nach der eisernen Faust sei beileibe nicht nur ein historischer Unglücksfall. Paxtons Fingerzeige in Richtung Israel und USA sind verhalten, aber seine Leser haben nicht verhalten auf sie reagiert.

    Wir können uns eine harte und eine sanfte Variante von Faschismus vorstellen. Der harte Faschismus hämmert den Bürgern ein, dass sie mit eiserner Faust regiert werden, wie das bei Mussolinis theatralischer Gewalt der Fall war oder in George Orwells Alptraum „1984“. Der sanfte Faschismus hingegen kommt nicht etwa mit Samthandschuhen daher, sondern als unsichtbare Hand, also in Form von Überwachungsmaßnahmen, die ihrerseits jeglicher Kontrolle entzogen werden wie im „Patriot Act II“, sowie einer Unterdrückung der eigenen Bürger, die der Öffentlichkeit als bloß präventives Vorgehen gegen Gefahren verkauft wird. Die Regierung Bush wählte diese präventive Vorgehensweise, als sie beispielsweise drei der größeren islamischen Wohlfahrtseinrichtungen verbot, nicht, weil diese irgendetwas verbrochen hätten, sondern weil irgendwann irgendwo etwas passieren könnte. Im harten Faschismus macht sich der Staat eine konkrete Furcht zunutze, im sanften Faschismus reicht eine diffuse Angst.

    Droht Amerika, in einen sanften Faschismus abzugleiten, wie viele Intellektuelle fürchten? Im Laufe dieses Herbstes hat sich der eiserne Griff des Systems Bush etwas gelockert – eine Folge der praktischen Fehlschläge des Regimes im Ausland. Man muss John Kerry zugute halten, dass er erkannt hat, wie viel auf dem Spiel steht; wenn die Linke ihn auch als schwach geißelt, so bemüht er sich doch um eine Sprache, die beruhigen soll. Aber selbst wenn Bush abgewählt würde, wäre jene Hälfte der Amerikaner, für die er spricht, ihre Angst nicht los.

    Es ist ein journalistisches Klischee geworden, Amerika in „rote“ und „blaue“ Staaten aufzuteilen. Die roten Staaten sind die im Süden und Westen, sie sind republikanisch, gottesfürchtig, militaristisch und gegen Abtreibung, Homosexuelle und Feminismus. Die blauen Ost- bzw. Küstenstaaten sind demokratisch, säkular, diplomatisch und den verschiedensten Identitäten wohlgesonnen. So scheint das Land exakt zweigeteilt. Woran diese Klischees nicht rühren, ist etwas, das Rot und Blau gemeinsam ist: Amerikas verworrene, angstbesetzte Erfahrung von Klassenunterschieden.

    In seinem Buch „What's the Matter with Kansas?“ beobachtet Thomas Frank, wie die Mittellosen in diesem Staat im Herzen der USA mit Bedrohungen wie Arbeitslosigkeit, mangelnder Krankenversicherung und wachsender privater Verschuldung umgehen. Abtreibungen oder Homo-Ehen zu verhindern, scheint irgendeine Art von Lösung darzustellen; wirtschaftliche Fragen werden in kulturelle übersetzt. Wie die pensionierten Gewerkschaftsfunktionäre im Fanelli's, die sich nach der New Yorker Arbeiterklassenpolitik im Gefolge der Weltwirtschaftskrise sehnen, greift Frank zur Kategorie des „falschen Bewusstseins“, um die aktuellen Entwicklungen zu erklären.

    Natürlich ist es nichts Neues, wenn wirtschaftliche in kulturelle Unsicherheiten übersetzt werden. Als Jonathan Cobb und ich vor beinahe 40 Jahren für unser Buch „The Hidden Injuries of Class“ recherchierten, stellte sich heraus, dass weiße Arbeiter in Boston den Hippies und der schwarzen Ghettokultur die Schuld für ihre Probleme auf dem Arbeitsmarkt und im Zusammenleben gaben, obwohl kein derartiger Zusammenhang bestand. Als Ideal reicht der kulturelle Konservatismus der Arbeiterklassen ins 19. Jahrhundert zurück.

    Neu hingegen ist die Klassenverteilung. Ironischerweise ist es ein britischer Konservativer, Ferdinand Mount, der sie in seinem neuen Buch „Mind the Gap“ nachgezeichnet hat. Seit einer Generation fühlen sich weite Bevölkerungskreise von der „Gesellschaft der Talentierten“ oder „Meritokratie“ in Clintons Amerika und Blairs Großbritannien ausgeschlossen. Es handelt sich um jene Menschen, deren Glaube an Selbstdisziplin, harte Arbeit und Aufopferung für die Familie ihnen kaum noch dazu verhilft, ihre eigenen Lebensumstände zu beeinflussen. Wie Mount hervorhebt, haben sie den Eindruck, übersehen und von den wendigeren Zeitgenossen – bestenfalls – mit Gleichgültigkeit behandelt zu werden. In Amerika stagnierte das Einkommen der Mittelschicht im selben Moment, in dem die oberen zehn Prozent ihren Wohlstand extrem steigern konnten. Um gegen die Stagnation anzukämpfen, stürzte sich die Mittelschicht in Konsumschulden, die sie kaum bewältigt, wie Robert Manning jüngst in „Credit Card Nation“ dokumentierte. Jetzt werden die Rechnungen präsentiert.

    Das zeigt sich auch im Stellenabbau. Üblicherweise schiebt man den Schwarzen Peter der Verlagerung von Arbeitsplätzen Mexiko, China oder Indien in die Schuhe, doch führt das in die Irre. So konnte etwa die amerikanische Stahlindustrie ihre Produktivität in den vergangenen 20 Jahren um vier Prozent steigern, während gleichzeitig die Beschäftigtenzahl von rund 212000 auf 79000 zurückging – hauptsächlich der Automatisierung wegen. Des Weiteren werden heute Universitätsabsolventen Stellen angeboten, die früher an Absolventen höherer Schulen gingen. Wie in Großbritannien gedeihen die zu Niedriglöhnen arbeitenden Einwanderer in den Nischen der offiziellen Wirtschaft, was man von ihren Kindern und Enkeln immer seltener behaupten kann.

    Zeugt es von „falschem Bewusstsein“, diesen Veränderungen zu begegnen, indem man für ein Verbot von Abtreibungen und gleichgeschlechtlichen Ehen eintritt? Wirtschaft in Kultur zu übersetzen, ist irrational und logisch zugleich. Im reichsten Land der Erde erweckt der Wirtschaftsmotor Ricardos altes Gespenst der Nutzlosigkeit zu neuem Leben; die neue Klassenverteilung führt dazu, dass immer weniger Menschen zählen, immer weniger Menschen eingeschlossen sind. Diese neue Klassenverteilung löst Angst aus, und das Mittel gegen die Angst besteht darin zu sagen, dass die alten Werte Geltung haben.

    Wie diese Übersetzung funktioniert, zeigt Samuel Huntingtons „Who are We?“ Sprach er in seinem „Kampf der Kulturen“ von einem unvermeidlichen Konflikt zwischen dem Islam und dem Westen, bringt das neue Werk eine auf Amerika bezogene Version desselben Arguments. Nun sind die Mexikaner die Muslime vom Dienst: eine fremde Gruppe, die sich weigert, nach den amerikanischen Regeln zu spielen. Bemerkenswert an Huntingtons Buch sind nicht so sehr die ethnischen Vorurteile, die es enthält, sondern seine Beschwörung „traditioneller“ amerikanischer Werte, die im kleinstädtischen Gewande eines protestantischen Nonkonformismus daherkommen; stolz bekennt sich der weit gereiste Harvard-Professor zu seinem „Anti-Kosmopolitismus“. Die meisten mexikanischen Einwanderer leben in äußerster Armut, aber darum geht es nicht; Huntington „verteidigt Amerika“.

    Dies ist wirklich eine Apologie des sanften Faschismus. Voller Furcht vor der Gegenwart, dem Draußen, dem Fremden, blickt der Verteidiger Amerikas zurück auf ein mythisches Goldenes Zeitalter in den Neuenglandstaaten. Doch heute ist der weiße angelsächsische Protestant mit einem Computer ausgestattet. Die Kultur des sanften Faschismus kann nicht auf den traditionellen Popanz der amerikanischen Linken reduziert werden: Auch in ihren liberalen Zeiten waren die USA ein tief religiöses Land; auch, als sie in zwei Weltkriegen für Europa kämpften, taten die Amerikaner dies als glühende Nationalisten. Man sollte die Verlockung des sanften Faschismus nicht einfach mit Verachtung strafen. Die Terrorangriffe trafen einen neuralgischen Punkt, der mit Erfahrungen von Randständigkeit zu tun hat. Außenpolitisch drückt das System Bush einen verletzten Nationalstolz aus, innenpolitisch die Ratlosigkeit, wie man rechtschaffen leben soll.

    Wenngleich Amerika die meisten Kriege im 20. Jahrhundert unter demokratischen Präsidenten focht, mussten Liberale, anders als Konservative, ihren Patriotismus immer wieder unter Beweis stellen. Seit langem hat die intellektuelle Linke in Amerika keinen Kontakt mehr zum amerikanischen Volk. Sie hat im Namen des Volkes gesprochen, aber nicht mit ihm. Nun ist aber der gebildete, kosmopolitische Liberale ein sozialer Gewinner. Selbst der Bildhauer im Fanelli's, der sehen muss, wie er über die Runden kommt, ist ein sozialer Gewinner; niemand kann ihm seine Arbeit und sein Selbstwertgefühl nehmen.

    Die Rechte hat diesen Sieg vielleicht besser verstanden als die Sieger selbst und den auf die intellektuelle Linke zielenden Hohn über das „kulturelle Elitedenken“ neu belebt. Sie schließt damit an ein klassisches Dilemma an: Wenn ein junger Mann mit einem guten Abschluss und einem teuren Laptop die soziale Ungerechtigkeit anprangert, empfindet der einfache Bürger dies als herablassend.

    In den vergangenen vier Jahren haben die Reichen und Mächtigen Amerikas aus dieser sozialen Distanz Kapital geschlagen. Die sozialen Gewinner haben sich damit verteidigt zu sagen, aber wir sind doch wie ihr, loyale Amerikaner; doch diese Verteidigung klang falsch, weil sie einen realen Unterschied überdeckte. Jene irritierten Blicke aus dem Fenster von Fanelli's, das wissende Kichern im Cooper Union sind Zeichen einer Ungleichheit, die so unklar, so vieldeutig ist wie das Wort „Amerikaner“.

    Der Autor, 1943 in Chicago geboren, ist Amerikas herausragender Soziologe und lehrt an der London School of Economics. Im Berlin Verlag erschien von ihm zuletzt „Respekt im Zeitalter der Ungleichheit“. – Aus dem Englischen von Michael Adrian
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  8. #8
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    Es könnte auch ein General sich an die Macht putschen (theoretisch!)

  9. #9
    hopsgeiles Springschwein Benutzerbild von carlson.vom.dach
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    Die Antwort darauf gab Hendryk. M. Broder bei SPON.
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    Faschismus light? Bloedsinn!

    Von Henryk M. Broder

    Die US-B�rger haben einen Pr�sidenten gew�hlt, den wir nicht m�gen. Ganz Schlaue warnen vor einem Abrutschen in den Totalitarismus. Vor lauter Hysterie geht ein wichtiger Grundsatz verloren: In der Demokratie ist der W�hler der Souver�n.

    Berlin - Nun ist es also doch passiert: George W. Bush jr. ist wieder gew�hlt worden. Entgegen allen Empfehlungen, Mahnungen und Warnungen aus Europa, und hier vor allem aus dem deutschen Feuilleton, haben sich die Amerikaner f�r einen Pr�sidenten entschieden, der au�erhalb ihres Landes so unbeliebt ist wie keiner seiner Vorg�nger. Rund 70 Prozent der Deutschen z.B. m�gen Bush nicht, und h�tte er sich in Deutschland zur Wahl gestellt, h�tte er wahrscheinlich weniger Stimmen bekommen als der SPD-Spitzenkandidat bei den bayerischen Landtagswahlen.

    Und was am meisten wehtut: Bushs Sieg ist �berraschend klar ausgefallen. Er hat nicht nur �ber drei Millionen Stimmen mehr bekommen als Kerry und damit eine satte Mehrheit sowohl bei der "popular vote" wie im "electoral college", die Republikaner haben auch ihre Mehrheiten im Senat und im Abgeordnetenhaus ausbauen k�nnen. Niemand kann jetzt also aufstehen und sagen, das Ergebnis spiegele nicht den Willen der W�hler wider, Bush habe die Wahl "gestohlen", er sei nicht gew�hlt, sondern vom Obersten Gericht zum Pr�sidenten "ernannt" worden, nachdem ihm sein Bruder in Florida geholfen habe. Ich gebe zu, ich h�tte mir auch ein anderes Ergebnis gew�nscht: Bush gewinnt die "popular vote", bekommt also die Mehrheit der Stimmen, w�hrend Kerry die meisten Wahlm�nner im "electoral college" auf seiner Seite hat. Also so wie bei der letzten Wahl vor vier Jahren, nur andersrum. Es w�re interessant zu sehen, wer dann "unfair!" und "undemokratisch!" gerufen und von einer "Farce" gesprochen h�tte.

    Au�erdem h�tte ich es gerne erlebt, wie Kanzler Schr�der ("Der deutsche Weg") auf Kerry reagiert h�tte, wenn der die imperiale Au�enpolitik von Bush fortsetzen w�rde, nur h�flicher, jovialer und konsequenter. Denn Bush warb mit dem Slogan "For a strong America!", Kerry ging noch einen Schritt weiter: "For a stronger America!"

    Von diesen beiden "was-w�re-wenn"-�berlegungen abgesehen, finde ich, dass ein so gro�es und gro�artiges Land wie die USA von einem Intellektuellen repr�sentiert werden sollte, und nicht von einem "Kumpel", der nur das Gl�ck hatte, reich geboren zu werden. Trotzdem erf�llt mich die Wahl von Bush mit einer gewissen Schadenfreude. Erstmal gegen�ber den Kollegen, die ihre Artikel schon fertig geschrieben hatten, in denen sie uns ausf�hrlich erkl�rten, warum Bush gegen Kerry �berhaupt keine Chance hatte und die uns nun das Gegenteil erkl�ren m�ssen. So ist es, wenn einem das Leben dazwischen kommt.


    Zum anderen gegen�ber den politischen Wahrsagern, kulturellen Kaffeesatzlesern und Hobby-Auguren, die sich ein Vergn�gen daraus machen, Desaster vorauszusagen, im sicheren Vertrauen darauf, dass sie niemand zur Verantwortung ziehen wird, wenn sich ihre Visionen nicht erf�llen. Ivan Nagel, der es gerne hart mag, schrieb in der "Berliner Zeitung", "Bush ist nicht Hitler", aber er begr�ndete die Feststellung so, dass er sie in ihr Gegenteil verkehrte. Wim Wenders, eher ein Softie, meinte bei Christiansen, mit Bush w�rden die USA in den "Totalitarismus" abrutschen. Und Richard Sennett erkl�rte im Tagesspiegel, die USA w�rden sich auf einen "sanften Faschismus" hin bewegen. Als Amerikaner an "low carb"-, "fat free"- und "no sugar"-Produkte gew�hnt, fiel es ihm nicht schwer, den "Faschismus light" zu erfinden. Das ist alles so albern wie das Gerede vom "Vierten Reich" nach dem Fall der Mauer, aber es dr�ckt ein tiefes Verlangen nach Katastrophen aus. 120 Millionen Amerikaner wissen nicht, was sie tun, Ivan Nagel, Wim Wenders und Richard Sennett erkl�ren es ihnen.

    Und so ganz nebenbei geht noch der Grundsatz �ber Bord, dass der W�hler der Souver�n ist. Wenn die Ostdeutschen die NPD und die PDS, die Ungarn die Postkommunisten und die Algerier eine obskure Fundi-Partei w�hlen, dann haben sie ihre Gr�nde, die man respektieren muss. Nur wenn sich die Amerikaner in freien Wahlen mehrheitlich f�r einen Kandidaten entscheiden, den wir nicht m�gen, dann haben nicht wir uns zu weit aus dem Fenster geh�ngt, sondern die Amis ihre Unreife bewiesen.

    Bundeskanzler Schr�der soll nach den Wahlen in den USA gesagt haben, er wolle die "gute Zusammenarbeit" mit Bush fortsetzen. Noch witziger w�re es, wenn er gesagt h�tte, nach dem gro�en Erfolg von Hartz IV. wolle er mit Hartz V. weiter machen. Aus Schr�ders S�tzen sprach die schlichte Freude, dass im deutsch-amerikanischen Verh�ltnis alles beim Alten und Gewohnten bleibt. Und wie m�ssen dem Kanzler einen Tag darauf die Ohren geklungen haben, als die BILD-Zeitung titelte: "Bush - Sieg mit Schr�der-Trick". Der US-Pr�sident habe sich seine Wiederwahl durch "Polit-Tricks" gesichert, "die er Kanzler Schr�der abgeschaut hat!" Was f�r Schr�der die Flut 2002 war, das waren f�r Bush die Unwetter �ber Florida - Gelegenheiten f�r Auftritte. Wenn wir schon einen US-Pr�sidenten bekommen, den wir nicht haben wollten, k�nnen wir uns nun wenigstens damit tr�sten, dass er bei unserem Kanzler abgekupfert hat.

    Das Bush-Bashing wird also weiter gehen. Wer mit minimalem Einsatz einen maximalen Eindruck erzielen und seine politische Urteilskraft beweisen will, muss nur "der Cowboy" sagen und dabei das Gesicht verziehen, als habe er grade in einem Hamburger eine K�chenschabe gefunden. Das reicht, um als amerikakritisch und progressiv zu gelten.

    Alles �brige erledigt Michael Moore.
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  10. #10

    Standard

    Eine autoritäre offene Diktatur in den USA halte ich für nicht ausgeschlossen.
    Viele der Grundrechte in der amerikanischen Verfassung wurden oftmals beschnitten oder bleiben nur schöne Worte auf dem Papier.
    Die herrschende Politik ist nicht Sachzwang-geleitet, sondern Interessen-diktiert. Sie hat Profiteure. Deren Einfluss allerdings begründet sich nicht in Wählerstimmen, sondern in wirtschaftlicher Macht.

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