Zitat von
Larry Plotter
Ich versuche mal das Thema komplett abzuarbeiten ohne zu stark ins Detail zu gehen:
Das Problem mit Gesellschaften ist meist, dass man häufig die Nachteile zweier Gesellschaften kombinieren kann, aber höchst selten die Vorteile.
Zum anderen war der damalige Zeithorizont zu kurz, um die notwendige politische Debatte zu führen und zu überlegen was sinnvoll gewesen wäre zu übernehmen.
Zu Deiner Frage, ich glaube dies eher nicht.
Hier muss man aber die Dinge etwas trennen. Zum einen die wirtschaftliche und allgemeinpolitische Lage.
Die Ex-DDR lieferte zwar in begrenztem Umfang billige Waren gen Westen,
aber für die Konzerne war ein Niedriglohn nicht direkt greifbar (keine Möglichkeit eigener Investitionen in eigene „Auslandsfirmen“)
Dies bedeutete eine stabile Wirtschafts- und Konsumlage mit geringen Auf-und Ab-Bewegungen. Dazu kam das damals noch vorhandene Steuersystem der sozialen Marktwirtschaft, welches Arbeitsplatzinvestitionen HIER gegenüber denen im Ausland steuerlich drastisch bevorzugte. Somit gab es ein Lohnsystem, welches für einen "ausreichenden" Wohlstand sorgte und gleichzeitig für ein wesentlich besseres soziales Netz, da dies dann auch finanzierbar war. Dazu ein extrem starker Mittelstand und erarbeiteter technisch/technologischer Vorteil zu mindestens gegenüber der europäischen und amerikanischen Konkurrenz.
Zum anderen entschied die Politik fast grundsätzlich nur entspr. der Mehrheitsakzeptanz der Bevölkerung wodurch sich relativ stabile Volksparteien ergaben und gleichzeitig man in der Politik nicht so verkniffene Gerechtigkeitsfanatiker hatte.
Beim Thema Osten und Deutschtum dürfte eher etwas anderes eine Rolle gespielt haben.
Mit zunehmender Zeit des Bestandes der Mauer wurde "der Osten" an sich
d.h. die EX-DDR im speziellen , der Rest der "Bruderstaaten“ im allgemeinen
zu einem schwarze Fleck auf der Landkarte,
welcher den "normalen" Westbürger, der keine Verwandten dort hatte,
nicht die Bohne interessierte. (Ausnahmen bestätigen die Regel)
Weit wichtiger waren die "westlichen" Möglichkeiten
wie Urlaub in Italien, Spanien, später nach Afrika, USA, Karibik usw. usw. verbunden mit der ständig steigenden Kaufkraft der DM in vielen Ländern.
Damit ein Bezug zum Osten Deutschlands erhalten blieb wurde viel getan.
Angefangen von Billigflüge nach Westberlin über teilweise gesponserte Abschlussfahrten der Schulen
nach Westberlin mit zwingendem Besuch Ostberlins
über Förderung der Vertriebenenvereine, was dann auch allgmeinpolitisch in den Medien gebracht wurde und vieles mehr.
Dadurch sollte die "westdeutsche" Allgemeinheit das Gesamtdeutsche nicht aus den Augen verlieren.
Nach 1989 wurden diese ganzen Dinge obsolet.
Nur so, wie Viele aus/in der EX-DDR ihre vergangenen Verhaltens-/Betrachtungsweisen nicht ändern können, gilt dies auch für Viele im Westen, für die der „Osten“ nach wie vor ein uninteressanter Fleck auf der Landkarte geblieben ist. NUR, dass sich deren Lebensbedingungen nach 1989 nach unten angepasst haben, denn über den finanziellen Ausgleich ergab sich nun ein „neuer allg. Mittelwert“. Vereinfacht gesagt (Lebensstandard West plus Lebensstandard Ost) geteilt durch 2 plus einheitsbedingtes Wirtschaftswachstum womit sich aber im Ergebnis eine Minderung beim Lebenstandads West ergab.
Und wenn nun Leute wie Gysi sagen, DAS wäre nicht sein Deutschland, weil nicht so sozial wie er sich das wünschte,
dann können viele „Westler“ dem nur zustimmen denn vor 1989 ging es denen eben besser. Dies wird nur nicht so erwähnt oder dargestellt, weil es politisch nicht opportun ist.
Und deswegen mein Hinweis auf den „Westen“ VOR 1989.
Das Thema "kalter Krieg" war zum grossen Teil auf die "Weltverbesserer"
welche sich letztendlich in den Grünen zusammenfanden, begrenzt.
Die Nachrüstung war nur über diese Gruppe und deren öffentlichkeitswirksamen Protesten in den Medien.
Im allgemeinen gab es eine Akzeptanz der Präsenz der 3 Westmächte.
Zumal, die Ami's z.B. einen nicht zu verachtenden Wirtschaftsfaktor für die Kommunen darstellten.
Ab Reagan zog der Dollar so an, das nicht wenige Offiziere sich ihre Quartiere in den Städten suchten,
die GI's sich die Autos kaufen, die sie sich in den USA nicht leisten konnten oder ihre Dollars andersweitig
unter die deutsche Bevölkerung brachten.
Man kann sagen, die Bevölkerung hatte sich ganz gut mit dem Status Quo arrangiert.