Dieser Mordbefehl, so stand bisher selbst in seriösen Darstellungen zu lesen, sei nur selten ausgeführt worden; nicht mehr als einige Hundert Menschen seien ihm bis zu seiner Aufhebung im Juni 1942 zum Opfer gefallen.
Doch wie hoch die Bilanz des Schreckens tatsächlich war, hat jetzt der junge Mainzer Historiker Felix Römer erstmals ermittelt – sein Buch über eines der finstersten Kapitel der Militärgeschichte ist soeben erschienen
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Eine umfassende Untersuchung unterblieb bis in jüngste Zeit, obwohl die deutschen Militärakten seit Ende der sechziger Jahre zugänglich waren. Dies ist jetzt nachgeholt worden. Die Auswertung der Unterlagen sämtlicher Armeen, Korps, Divisionen und Regimenter, die 1941/42 an der Ostfront eingesetzt waren, schafft nun weitreichende Klarheit.
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Von beinahe 60 Prozent aller Kommandobehörden des Ostheeres liegen eindeutige Belege darüber vor, dass sie die »Führererlasse« an ihre Truppen weitergegeben haben. Das ist ein hoher Prozentsatz angesichts der Überlieferungslücken, der Konzentration der Akten auf die späteren Kriegsereignisse sowie der Tendenz, diese Vorgänge aus den Unterlagen auszusparen. Der tatsächliche Grad der Konformität mit den Befehlen dürfte bei über 90 Prozent gelegen haben.
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insgesamt sind in den Unterlagen des Ostheeres fast 4000 Exekutionen an Politoffizieren und Funktionären aktenkundig geworden. Diese gesicherte Mindestsumme übertrifft alle bisherigen Schätzungen bei Weitem. Die tatsächliche Opferzahl muss aufgrund der Überlieferungslücken allerdings noch deutlich höher veranschlagt werden. Vieles spricht dafür, dass sich die Gesamtzahl der Opfer auf eine hohe vierstellige oder knapp fünfstellige Ziffer beläuft, das heißt an oder um die
zehntausend Tote.