Kritiker werfen den Grünen vor, sie seien seit ihrer Gründung stromlinienförmig geworden. Doch es gibt eine Zukunftsperspektive: Die Idee der Nachhaltigkeit soll von der Partei breiter definiert werden.
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"Wer in Amt und Würden ist, wird hyperpragmatisch und ordnet alles dem Funktionieren des Regierungshandelns unter", kritisiert beispielsweise Oswald Metzger, der von 1994 bis 2002 für die Grünen im Bundestag saß und für 2006 ein Comeback plant. Über seine Parteifreunde in Berlin sagt der Finanzexperte: "Sie wollen den großen Partner SPD nicht reizen, um das historische Projekt rot-grüne Koalition nicht zu gefährden."
Das hält Metzger für gefährlich: "Wenn wir Grünen als Spätgeburt erst einmal so ausgezehrt sind wie die FDP nach 30 Jahren an der Regierung, sind wir ruckzuck weg vom Fenster. Wir sind nicht so stark in wirtschaftlichen Milieus verwurzelt wie die Liberalen."
"Mittlerweile sind alle Parteien angegrünt"
Auch der Mainzer Parteienforscher Jürgen Falter zieht eine Parallele zur FDP: "Die Grünen wehren sich nicht mit Klauen und Zähnen gegen Eingriffe in die Freiheitsrechte. Wie die FDP zu ihren Regierungszeiten tragen sie vieles mit, was nicht zu einer liberalen Partei passt."
Auch bei ihrem Kernthema Ökologie bekämen die Grünen Konkurrenz. "Mittlerweile sind alle Parteien angegrünt", so Falter. "Das ist der gleiche Effekt wie bei der FDP, die darunter leidet, dass mittlerweile alle Parteien ein bisschen liberal sind. Da fragen sich die Wähler: Wofür braucht man noch das Original?"
Die Frage nach der Existenzberechtigung der Grünen werde umso lauter gestellt, sagt Falter, je länger sich die Grünen in der "babylonischen Gefangenschaft" der SPD befänden und alle anderen Koalitionsmöglichkeiten ausschlössen. Im vergangenen Jahr hätten die Grünen in der Diskussion um die Agenda 2010 eine "Windschatten-Existenz" geführt. Die Prügel für die Reformen sei auf die SPD niedergegangen.
"In letzter Zeit ist das Potenzial der Partei nicht gewachsen"
Die Stärke der Grünen sei auf den Effekt der "kommunizierenden Röhren" im rot-grünen Lager zurückzuführen: Sobald sich die SPD stabilisiere, würden die Umfragewerte der Grünen wieder einstellig. "In letzter Zeit ist das Potenzial der Partei nicht gewachsen. Die Kernwählerschaft, die auf jeden Fall grün wählt, ist sogar rückläufig", sagt Falter. "Die Phase, in der die Partei eine ganze Generation für sich gewinnen kann, ist vorbei."
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