Die Vernichtung der Demokratie in Europa
Am 1. Januar 2009 hätte der Vertrag von Lissabon in Kraft treten sollen. Es ist also mehr als höchste Zeit, den von den Bürgern Irlands erreichten Aufschub zu nutzen, um noch einmal über dessen Kerninhalt zu diskutieren, so dick er auch durch einen nahezu unlesbaren Wust aus Artikeln, Querverweisen auf frühere Verträge, Anhängen, Protokollen kaschiert ist und so gut er auch durch Millionen steuerfinanzierte Hochglanzbroschüren und politische Sonntagsreden versteckt werden soll.
Der Vertrag von Lissabon kann mit gutem Gewissen als das neue, gesamteuropäische Ermächtigungsgesetz bezeichnet werden mit dem die (schon arg verkommene) parlamentarische Demokratie in Europa beseitigt wird. Sobald das Wort Ermächtigungsgesetz fällt, erhebt sich natürlich sofort ein großes Geschrei in Presse und Politik. Halb herablassend belehrend, halb drohend heißt es sofort: DAS KANN MAN NICHT VERGLEICHEN. Aber doch! Denken heißt nun einmal vergleichen. Gehen wir also kurz die wichtigsten Begriffe durch, Demokratie, Ermächtigungsgesetz, Lissabon.
Demokratie leitet sich bekanntermaßen von den zwei Wörtern „Volk“ und „Herrschaft“ ab und wurde in Griechenland erfunden. Die Bürger Athens konnten die Herrschaft einer Oligarchie abschütteln und bestimmten mehrere Jahrhunderte ihre Geschicke selbst. Das höchste Organ, das die Regeln des Zusammenlebens (Gesetze) erließ und höchstrichterliche Urteile fällen konnte, war die Volksversammlung. Aus praktischen Erwägungen wurden einzelne Befugnisse einem – im Gegensatz zur Volksversammlung – ständig verfügbaren Rat übertragen dessen Mitglieder auf Zeit gewählt oder sogar ausgelost wurden. In diesen Rat konnte auch der ärmste Bürger gewählt werden, da die Mitglieder des Rats eine (kleine, am Lohn eines Handwerkers orientierte) Vergütung erhielten. Nach den dunklen Jahrhunderten der Könige und Kaiser wurde die Idee der
Demokratie in der Aufklärung neu belebt und man versuchte, die Institutionen der griechischen Stadtstaaten auf europäische Flächenstaaten zu übertragen. Auch hier kam man um eine (auf dem heutigen Stand der Technik eigentlich entbehrliche) Notlösung nicht herum, die Volksversammlung trat weiter in den Hintergrund, in den Vordergrund traten die auf Zeit gewählten Vertreter der Bürger im Parlament. Das
Parlament erlässt die Gesetze und wählt die Regierung (und sollte, als
einzige vom Volk direkt legitimierte und daher auch höchste Instanz, eigentlich auch die Richter wählen – vergessen wir nicht, dass bspw. in den USA Richter direkt gewählt werden, es geht einiges, wenn man nur will).
Wie sieht es nun im zukünftigen Europa aus. Oberstes
Organ der EU ist der Europäische Rat der Regierungschefs aller Mitgliedsländer. Er erhält die Richtlinienkompetenz für die wichtigsten Bereiche der europäischen
Gesetzgebung und für die
Außenpolitik, er bestimmt (naturgemäß) die Zusammensetzung des aus den nationalen Ressortleitern gebilteten EU-Ministerrats, er
ernennt die Mitglieder der
EU-Kommission, er bestimmt den
EU-Außenminister (Kommissionpräsident und Außenminister sind hernach Mitglieder des Europäischen Rats) und er bestimmt die
Richter des EU-Gerichtshofs. Das die Macht des Europäischen Rats bremsende Einstimmigkeitsprinzip wird schrittweise aufgegeben. Die Gesetze werden "in den meisten Fällen" (gilt NICHT für die Außen- oder Sicherheitspolitik) im sog. „Mitentscheidungsverfahren“ erlassen (bereits im Vertrag von Maastricht enthalten, jetzt zum „ordentlichen“ Gesetzgebungsverfahren aufgeblasen). Das
Parlament darf zwar selbst keinen Gesetzentwurf vorlegen, diese obliegt weiterhin dem Ministerrat/Europäischen Rat, es darf aber immerhin zu ihm vorgelegten Gesetzen „Stellung nehmen“, zur kleinsten Änderung benötigt man eine „absolute Mehrheit“. Um das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verhindern muss das Parlament mit „absoluter Mehrheit“ dagegen stimmen, „nicht zustimmen“ oder „nicht abstimmen“ bedeutet Zustimmung (auch das könnte wichtig werden, wie leicht kann man die Arbeit eines Parlaments stören). Seine
Zuständigkeiten kann der Europäische Rat darüber hinaus
relativ ungehindert auf alle noch nicht von der EU an sich gerissenen Bereiche der Politik
ausweiten (hier nicht weiter erörtert, obwohl einer
der gefährlichsten Züge des Vertrags überhaupt, die zur Gesetzgebung ermächtigte Exekutive kann so auch noch die eigene Verfassung bestimmen). Über die bereits im Lissaboner Vertrag enthaltenen Kompetenzen der EU was Sanktionen an Mitglieder, übernationale Polizeibefugnisse, Pflicht zur Aufrüstung oder die Einführung der
Todesstrafe durch die Hintertür (natürlich nuuuur bei Terroristen oder bei Aufständen oder im Krieg) betrifft sollte man sich ebenfalls zügig an anderer Stelle informieren, wie weit es mit der "Erklärung der Grundrechte" her ist die immer wieder als Rechtfertigung für das ein oder andere demokratische "Defizit" herhalten muss wenn man "Terrorist" ist, kann man ebenfalls nachlesen (Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, harharhar).
Egal auch was für Scheindiskussionen geführt werden ob die EU nun ein Staat ist oder ob nur "bilaterale Verträge" geschlossen werden, Tatsache ist dass
EU-Recht Vorrang vor dem Recht der Mitgliedsstaaten hat UND dass der EU Sanktionsmöglichkeiten eingeräumt werden. Es ist daher auch völlig belanglos, ob irgendein Gummiparagraph der eigenen Verfassung (Art. 23) die Regierung ermächtigt, Kompetenzen abzugeben,
wenn die Gesetzgebung nicht mehr ausschließlich in der Hand des (nationalen) Parlaments und des Volkes ist sondern jetzt und für alle Zeit auf andere, nicht in freier Wahl vom Volk bestimmte Institutionen übertragen wird, ist das Grundgesetz und jedes demokratische Prinzip vollständig ausgehebelt, "alle Macht GING, einmal und nie wieder, vom Volke aus".
Aber wie sah es beim Ermächtigungsgesetz aus? Nach der Wirtschaftskrise, der Krise der parlamentarischen Demokratie und Unruhen im Reich waren allerlei honorige Herren der Meinung dass es an der Zeit wäre, eine stabile Regierung zu bilden die etwas länger an der Macht bleiben sollte und dabei vor allem das Wirtschaftssystem stabilisieren und garantieren sollte: Oberstes Ziel war daher auch die endgültige Beseitigung der terroristischen Gefahr durch die Kommunisten (die das bescheuerte Volk mit stetig steigender Zahl ins Parlament wählte). Nachdem sich trotz der durch die Brandverordnung eingeschränkten Bürgerrechte keine verfassungsändernde Mehrheit für die Hitlerkoalition einstellt, wurden durch einen Bruch der Verfassung (den man allerdings schönreden konnte) einige Terroristen aus dem Parlament entfernt. Für das höhere Ziel, der Vernichtung des Terrorismus, arbeiteten die verschiedensten Gruppen zusammen, Kaisertreue, Katholiken, Protestanten, Wirtschaftsführer und Militärs scharten sich trotz einiger Bedenken um die stärkste Fraktion im Reichstag. Ein wenig außerhalb der Legalität (man kann ja nicht immer mit der Verfassung unter dem Arm herumlaufen) wurde das Ermächtigungsgesetz beschlossen, trotz einiger demokratischer Defizite, um der höheren Sache Willen. Im Gegensatz zum Vertrag von Lissabon war es trotz seines Inhalts in einer einem Rechtsstaat würdigen Form ausformuliert, knapp, übersichtlich. Die Reichsregierung wurde NEBEN dem Parlament zum Erlass von Gesetzen ermächtigt, diese Gesetze dürfen in die Verfassung eingreifen, solange sie nicht die Person des Reichspräsidenten oder die Belange des Reichstags betrafen. Die Außenpolitik geht auf die Regierung über. Das Gesetz ist 4 Jahre befristet und tritt selbstverständlich ebenfalls außer Kraft, sollte sich einmal eine andere, am Ende kommunistische Regierung des Reichs bemächtigen.
Wir erkennen nun auch warum man den Vertrag von Lissabon völlig zu Recht als Ermächtigungsgesetz bezeichnen kann.
Nichts anderes als das Ermächtigungsgesetz ist Inhalt des Vertrags. Die Gesetzgebung wird der gesamteuropäischen Exekutive übertragen, die nationalen Parlamente werden mehr oder weniger vollständig entmachtet während das gesamteuropäische Parlament keinerlei einer Demokratie würdigen Kompetenzen erhält. Die nationale Außen- und Verteidigungspolitik geht auf eine gesamteuropäische Exekutive über. Das ganze OHNE Befristung, das ganze mit bereits jetzt festgeschriebenen Möglichkeiten zur weiteren Ausweitung dieser Machtzusammenballung bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Einschränkung der Grundrechte (nur für Terroristen natürlich
). Dass dieses System von anderen Parteien getragen wird ist dabei nebensächlich, denn erstens leckt sich seit alters her der Hund am Schwanz, weil er es kann, zweitens haben in der Weltgeschichte seit Sulla höchstens 10 Personen freiwillig unbeschränkte Macht wieder abgegeben, und drittens KANN im ungünstigsten Fall der Europäische Rat mit 12% der europäischen Wählerstimmen in eine Braunbatzenregierung verwandelt werden während das sowieso mehr dekorative Europäische Parlament immerhin 36% der gesamteuropäischen Wählerstimmen für eine braune Mehrheit benötigen würde.
Dass die Vorkämpfer für das System nicht mehr Rassismus, Antikommunismus, das Reichskonkordat und Gewalt bei der Zerstörung der politischen Vernunft und bei der Entmachtung der Parlamente auf der Fahne führen sondern Antirassismus, Scheinsozialismus, Islam und Gewalt macht das System auch nicht besser. BEIDE Gruppierungen hassen aber die offene Diskussion, BEIDE Parteien schreien viel und argumentieren wenig, BEIDE Parteien arbeiten nur mit Schlagworten, bis sich auch der dümmste unter Antirassismus, Friedenspolitik und Umweltschutz das gewünschte vorzustellen vermag, auch wenn politische Verfolgungen, Krieg und die Vernichtung der persönlichen Freiheit dabei herauskommen. Der Faschismus kann völlig ohne Rassismus auskommen, leider darf man das in Deutschland nicht sagen, denn das würde ja "Auschwitz verharmlosen". Bis zum nächsten mal eben...
Ach ja, frohe Weihnachten.