Obamas Schweigen verwirrt die Welt
Krieg in Nahost - und der künftige US-Präsident Barack Obama taucht ab. Auch sonst bleibt seine Position zum Nahost-Konflikt unklar, und das heizt Spekulationen an: Hat Israel seine Offensive jetzt gestartet, um schnell noch Bushs Unterstützung mitzunehmen?
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Seit Israel den Krieg gegen die Hamas im Gaza-Streifen begann, hat der designierte 44. Präsident der USA, der in 15 Tagen in sein Amt eingeführt wird, jeden Kommentar vermieden.
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Aber das Schweigen verwirrt auch. Denn im Wahlkampf und auch noch nach seiner Wahl hat Obama erklärt, er werde "keine Zeit verschwenden", sich um den Nahen Osten zu kümmern.
Tatsächlich hat Obama in seinem Wahlkampf zwar viel Hoffnung verbreitet, was den Nahen und Mittleren Osten angeht - aber auch Konfusion. So erklärte er etwa am 4. Juni 2008, Jerusalem müsse die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben - eine ausgesprochen pro-israelische Position. Einen Tag später klang es dann zurückhaltender: Natürlich müssten die Konfliktparteien sich über den Status der heiligen Stadt einigen.
Dann wieder verwies er auf die "spezielle Beziehung" zwischen Israel und den USA - eine Formulierung, die ebenfalls als israelfreundlich gelesen wurde, weil sie auf der Linie bisheriger israelfreundlicher US-Politiker liegt. Sie wurde allerdings aufgewogen durch Obamas Ankündigung, den unter Bush gestrichenen Posten des ständigen Nahost-Sondergesandten wieder einzurichten, denn das hörte sich so an, als ob er - im Gegensatz zu Bush, der lange Zeit gar nicht auf den Nahostkonflikt sah - ernsthafte Dauerdiplomatie betreiben wolle. Noch mehr jedoch irritierte seine Aussage, man müsse - unter Umständen - auch mit Feinden der USA sprechen.
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Die "New York Times" berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, dass die mangelnde Klarheit über Obamas zu erwartenden Kurs den Ausschlag für die Entscheidung gegeben haben könnte, gerade jetzt den Gaza-Streifen anzugreifen.
Dass Bush Tel Aviv nicht in den Rücken fallen würde, dessen sei man in Israel sicher gewesen. Bei Obama jedoch habe man Zweifel gehabt. "Auch wenn Obama einige deutlich israelfreundliche Berater hat, wussten die Israelis nicht, wie sie reagieren sollten", zitiert das Blatt den renommierten Nahostexperten Sami G. Hajjar.