Links blinken, rechts überholen
Von Ahmed Aboutaleb könnte die Schweizer SP lernen: Er brach ein Tabu nach dem andern und machte so die Sozialdemokraten wieder zur stärksten Partei in Amsterdam.
(...) «Immigranten müssen sich der hiesigen Ordnung anpassen, nicht umgekehrt», sagt der gebürtige Marokkaner jedem, der es hören will, «wer sich damit nicht abfinden kann, sollte besser heute als morgen wieder gehen.» Als praktizierender Muslim beklagt er sich über einen «eklatanten Mangel an Intellektuellen in unserem Kulturkreis, die diesen Namen auch verdienen». (...)
Einen Tag nach der Ermordung des Filmemachers Theo van Gogh, während sein jüdischer Kollege Job Cohen auf dem Damm-Platz vor Zehntausenden von Trauernden sprach, legte Aboutaleb in der Al-Kabir-Moschee ein unmissverständliches Bekenntnis zur Meinungsäusserungsfreiheit ab, rief seine Glaubensbrüder dazu auf, gegen den Islamismus zu kämpfen und Extremisten bei der Polizei zu denunzieren. Seine Rede sorgte für Aufsehen weit über die Stadtgrenzen hinaus. Der Preis: Seither lebt auch Aboutaleb unter ständigem Polizeischutz. (...)
Während insgesamt Personal abgebaut wurde, stampfte Aboutaleb eine komplett neue Abteilung für Abklärungen und Betrugsbekämpfung aus dem Boden, mit 190 Mitarbeitern und umfassenden Kompetenzen – vom unangemeldeten Hausbesuch bis zur verdeckten Videoüberwachung. Die Abteilung hat bisher die Hälfte aller Sozialhilfebezüger kontrolliert. Resultat: In jedem fünften Fall wurde die Fürsorgerente ersatzlos gestrichen, bei den vermeintlichen Obdachlosen betrug die Missbrauchsrate gar 30 Prozent. Die Investition hat sich für die Stadtverwaltung längst ausbezahlt. (...) Für eine hitzige Debatte sorgte auch Aboutalebs Forderung, den Musliminnen, die nicht bereit sind, ihre Burka während der Arbeit abzulegen, die Sozialhilfe zu streichen. Seine Begründung: «Jedem steht es frei, sich zu vermummen; doch Vermummte sind auf dem niederländischen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, also haben sie auch keinen Anspruch auf Unterstützung.» Eine Marokkanerin, die keine Arbeit fand, weil sie sich prinzipiell weigerte, einem Mann die Hand zu geben, wurde bereits von der Sozialhilfe ausgeschlossen.