Zitat von
-jmw-
An dieser Stelle, trotz Zeitmangel, möcht ich doch mal einhaken:
Aber setzt Du nicht auf Deine eigene Vernunft, um zu erkennen, was "Pflicht" sein soll?
Und setzt Du nicht auch auf Deine eigene Vernunft, um zu erkennen, was richtig und was falsch ist, wenn andere von "Pflicht" sprechen?
Gehst Du also mithin nicht davon aus, dass Deine Vernunft eine solche ist, die sehr wohl zu beantworten mag, die anderer hingegen vielfach nicht?
Was aber, wenn jemand die Position einnähme, Deine reiche auch nicht?
Wie wolltest Du feststellen, dass er diese Position einnimmt aus (überlegener) Vernunft, nicht aber aus "Begierde", "Trieb", "Neigung"?
Anders: Du misst "Pflicht" an einem Masstab - der Vernunft.
Du gehst davon aus, dass diese nicht gleichverteilt ist.
Du gehst auch davon aus, dass, wer in der Verteilung zu kurz gekommen ist, sich auf die anderen stützen sollte.
Aber nach welchem Masstab?
Wieder der Vernunft?
Soll ihm seine Vernunft sagen, er sei unvernünftig oder mindervernünftig?
Und wenn das: Sagt Dir Deine Vernunft das auch?
Wann? Wobei? Wie?
Oder auch, kürzer: Wenn ich jetzt sagte: "NITUP, sorry, Du liegst meilenweit daneben. Ich hab Vernunftgründe, das zu sagen, aber wo Du eh schon so weit vom Schuss ab bist mit Deinem Vorschlag, werd ich sie Dir nicht erklären, Du verstündest sie eh nicht.", antwortetest Du dann eher "Quatsch" oder eher "okay"?
Du erkennst das Problem?
Zum Stichwort "Kant":
Auch hieran können wir die Schwierigkeit veranschaulichen.
Ayn Rand schrieb einmal, der Herr Kant sei der böseste Mensch in der Geschichte - bezogen nicht auf seine Person, sondern auf seine Philosophie.
Frau Rand meinte dies vom Standpunkte ihrer "objektivistischen" Philosophie (oder, wohl besser: "Philosophie") aus, also aus "Vernunftgründen".
Nehmen wir an, ich stelle mich auf den Standpunkt, nicht die Fähigkeiten zu haben, zu beurteilen, wer richtig läge, aber doch noch weit genug denken zu können, um in vielen Punkten eher eine Übereinstimmung mit Frau Rands Ansichten festzustellen.
Dann würde ich mich aus Vernunftgründen dem Urteil Ayn Rands unterordnen, das sie aus Vernunftgründen über den Herrn Kant fällte.
Damit wäre ich den Regeln gefolgt, die Du vorschlägst - aber käme zu einem anderen Ergebnis, als Du es tust.
Wir hätten dann Unvereinbarkeit, ein Patt quasi!
Was täten wir dann?
Dann könnten wir lediglich jeder für sich behaupten, die eigene Vernunft stünde noch soweit über der des anderen, dass sie reiche, sich der Vernunft eines Dritten (Kants bzw. Rands) unterzuordnen.
Das wäre aber eine Lösung des Problems, das wir haben!