Ein neuer Fall von Nazi-Raubkunst? Erben jüdischer Vorbesitzer fordern die wertvollen Stücke aus dem Kunstgewerbemuseum Berlin zurück.
Ein Konsortium von vier Kunsthändlern veräußerte 1935 den sogenannten Welfenschatz an den preußischen Staat. Seit vergangenem Jahr fordern die Erben der Händler ihn aus dem Berliner Kunstgewerbemuseum von der heutigen Eigentümerin zurück, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ("SPK"). Noch vor Ende dieser Woche will die SPK ihre Entscheidung bekanntgeben.
Unbestritten sind die zeithistorischen Stationen des Eigentums an dem Schatz: 1928 bot das Haus Braunschweig-Lüneburg, seit dem 17. Jahrhundert im Besitz der Sammlung, die 82 noch vorhandenen Exponate zum Verkauf an. Da kein deutsches Museum den Erwerb finanzieren konnte (der Herzog erwartete 24 Millionen Reichsmark), kauften Anfang Oktober 1929 jene vier jüdischen Frankfurter Kunsthändler für 8 Millionen Reichsmark den Schatz an. Das war knapp drei Wochen vor dem schwarzen Freitag und dem Beginn der Weltwirtschaftskrise.
Massive Verkaufsprobleme
Die Händler organisierten trotz des schwierigen Umfelds in Deutschland und den USA Verkaufsausstellungen und schafften es bis Anfang 1935, insgesamt 40 Einzelstücke in alle Welt zu verkaufen. Ins Stocken gerieten aber, so tragen es ihre Erben heute vor, die Bemühungen seit dem 30. Januar 1933. Die SPK bestreitet selbstverständlich nicht diese Zäsur, wendet aber ein, dass die massiven Verkaufsprobleme vor 1933 eingesetzt hätten, eben wegen der Weltwirtschaftskrise, die die Zahl potenter Käufer enorm reduzierte. Die Erben wiederum verweisen darauf, dass die vier Händler seit 1933 drastische Umsatzeinbußen erlitten. Drei der vier seien 1933 und 1934 zur Aufgabe ihrer Frankfurter Firmen und zur Emigration nach Amsterdam und London gezwungen gewesen.