Ein Wunderwerk der Überwachung: Eine schwarze Fessel aus Plastik soll verhindern, dass in Spanien prügelnde Männer ihren Opfern zu nahe kommen.
Ein Hauch von George Orwells Visionen lag in der Luft, als Spaniens Gleichstellungsministerin Bibiana Aído die jüngste Waffe im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen vorstellte. Ein Wunderwerk der Überwachung, genauer: Eine schwarze Fessel aus Plastik, die entfernt an eine Uhr erinnert. Per Funksignal soll sie verhindern, dass prügelnde Männer ihren Opfern zu nahe kommen. 3000 Exemplare hat Spaniens Staat bestellt, von 24. Juli an können sie von den Richtern angewendet werden.
Millionen bewachen
Die elektronische Fessel stellt den bisherigen Höhepunkt im Kampf der sozialistischen Regierung Spaniens gegen Beziehungsdelikte dar. In zahlreichen Kampagnen hat sie seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero im Jahr 2004 die Gewalt gegen Frauen gebrandmarkt und so die Hoheit über die öffentliche Debatte errungen. Medien berichten in großer Aufmachung über häusliche Gewaltverbrechen. Längst ist in vielen Nachrichtensendungen von "Macho-Terrorismus" die Rede, wenn der gewaltsame Tod einer Frau vermeldet wird.
Schauderhaft genug sind die Zahlen. Pro Jahr werden in Spanien siebzig Frauen von verschmähten Liebhabern umgebracht. Allein 2008 gingen bei der Polizei 140.000 Anzeigen wegen "geschlechterspezifischer Gewalt" ein, das sind 400 pro Tag, Tendenz steigend. In Deutschland suchen 40.000 Frauen pro Jahr Schutz in Frauenhäusern.
Vor wenigen Jahren sagte eine Frau noch im Fernsehen: "Mein Mann schlägt mich nicht mehr als nötig." Heute werden Peiniger angezeigt. Kritiker meinen: zum Teil übereifrig. Anfang 2008 saßen mehr als 900 spanische Männer wegen Macho-Gewalt im Gefängnis, Ende Juni dieses Jahres waren es 3645.
Die 3000 Fesseln, die fünf Millionen Euro kosten, sollen aber bloß den schlimmsten Schlägern angelegt werden.
Hinterfragt wird die Überwachung nach Art von Orwells " Großem Bruder" bislang nicht. Auch der Umstand, dass die Daten in private Hände geraten werden, hat bislang keinerlei breite öffentliche Diskussion ausgelöst.
Bislang hat es nur regional begrenzte Projekte gegeben, aber die hatten Erfolg. Die Zeitung Público zitierte eine 32 Jahre alte Frau namens Mar, die neun Jahre lang vom Vater ihrer beiden Kinder verprügelt worden war und oft versucht hatte, sich seiner zu entziehen. "Seit es diese Anlagen gibt, fühle ich mich wieder wie ein Mensch", sagt sie.