Frau Eskandari, Sie suchen nach neuen Begriffen, um die Wirklichkeit der multikulturellen Gesellschaft zu beschreiben. Welche Begriffe könnten das sein?
Wir suchen nicht nach neuen Begriffen. Uns geht es um die Realität: Wir sind seit Jahrzehnten eine Einwanderungsgesellschaft und reden darüber, dass sich Minderheiten einer Mehrheit anpassen müssen, als gäbe es diese "eine homogene Gesellschaft". Doch wir sind eine plurale Gesellschaft mit unterschiedlichen Kulturen, Subkulturen, Milieus, Generationen ... Integration heißt: Wie gehen wir mit Unterschieden konstruktiv um?
Genau. Sie suchen Begriffe - reden wir über eine "plurale Gesellschaft". Und wenn wir von Prozenten reden: 50 Prozent der Frankfurter leben hier seit weniger als 15 Jahren unabhängig davon, wo sie herkommen.
Innerhalb weniger Jahre tauschen sich große Teile der Bevölkerung aus. Zuschreibungen nach Mehrheiten und Minderheiten nützen auch da nur noch wenig.
Diese Frage zielt auf Identität. Es gibt eine kluge Beobachtung des kanadischen Gesellschaftswissenschaftlers Charles Taylor: Nicht das Bedürfnis nach Anerkennung sei neu, sondern "dass wir in Verhältnissen leben, in denen das Streben nach Anerkennung scheitern kann."
Beim Malwettbewerb der FR sind die Kinder für Frankfurt 2030 weiter gewesen. In ihren Werken stehen Moscheen neben katholischen Gotteshäusern. Also sind gewisse Selbstverständlichkeiten wohl auch eine Frage der Zeit.
Selbstverständliches gibt es nur nach Annäherung. Integration braucht auch Räume in den Stadtteilen, wo man sich treffen kann, wenn man will.