Er habe 53 Jahre als Psychiater gearbeitet, davon mehr als 20 Jahre im Strafvollzug, sagt der Angeklagte. Ihm könnten die Kollegen nichts vormachen, die “Gutmenschen”, die Gefälligkeitsgutachten erstellten. Als ein solches hatte er nach eigener Darstellung vor zwei Jahren auch das Begleitschreiben der Kollegen aus der Hanauer Psychiatrie entlarvt.
Darin stand, dass Mustafa Alcali unter paranoider Psychose und akuter Selbstmordgefahr gelitten habe. In Wirklichkeit, meint der 82-Jährige, habe der 30-Jährige nur zu viel Haschisch konsumiert. Also schrieb er den Kurden gesund und gab ihm damit zur Abschiebung in die Türkei frei.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung vor. Ohne Rücksprache mit den Hanauer Ärzten habe er als Gutachter für die Justizvollzugsanstalt in Kassel die Diagnose der Kollegen revidiert. Vier Wochen war Mustafa Alcali dort in Behandlung, nachdem er sich mit Benzin übergossen hatte und damit drohte, sich anzuzünden.
Der Angeklagte hingegen wusste schon nach einem knapp zweistündigen Gespräch, dass der Kurde "nur eine Show" abgezogen hatte, um der Abschiebung zu entgehen. Das habe der Patient ihm gesagt und auch versichert, dass er sich nicht umbringen, sondern seine Verlobte heiraten wolle.
Der Psychiater mit den jahrzehntelangen Erfahrungen glaubte dem Kurden das. Er nahm ihm auch ab, dass er als Mitglied der Vereinigung PKK in den wilden Bergen Kurdistans gekämpft hatte - was ebenfalls nicht stimmte, wie der Anwalt der Nebenklägerin sagte, der die Mutter des Opfers vertritt. Er geht davon aus, dass der Kurde nicht zurück in die Sicherheitszelle wollte, in der Tag und Nacht Licht brennt, um einen von Suizid bedrohten Häftling zu beobachten. Auch habe der 30-Jährige starke Psychopharmaka geschluckt, die die schizophrenen Schübe unterdrückten.