Ich bezweifle, dass man hier einfach so geradlinige Linien durch mehr als 2000 Jahre ziehen kann. Und das diese Linie in unserer Zeit bei Ratzinger angelangt sein soll, was das "wahre" Christentum, angeht, will ich am wenigsten glauben.
Überhaupt ist "Wahrheit" nicht die Legitimationskategorie, in der man bei solchen Themen denken sollte. Oder zumindest, in der ich denke...
Mir geht es nicht darum, mich für die theologischen Offenbarungen zu öffnen.Ich glaube nicht, dass man aus der "wissenschaftlichen Aufarbeitung" einer Entwicklungsgeschichte, so sinnvoll sie auch ist, hier die maßgeblichen Einsichten gewinnen kann. Das wäre in etwa so, als würde ich ein Buch über die Geschichte der Schwulenbewegung lesen und dann glauben, ich könne einschätzen, wie es sich anfühlt, Schwuler in einer alteuropäischen Großstadt zu sein. Naja, n' besserer Vergleich fällt mir jetzt nicht ein.
Allerdings halte ich deinen Vergleich für sehr passend. Wenn du wissen willst, wie es ist, ein Schwuler in einer europäischen Großstadt zu sein, solltest du eine Liebesbeziehung zu einem anderen mann herstellen. Das kannst du nicht, so sehr du dich auch bemühen wirst. Schließlich bist du Heterosexuell. Genausowenig, können sich andere Menschen für das Christentum öffnen...es ist nicht ihre Veranlagung.
Und ich finde es anmaßend, diesen Anspruch zu stellen, wenn es darum geht das Christentum zu bewerten.
Ja, aber wie du ja bereits gesagt hast, trifft diese Unredlichkeit ja wohl nur Christen. Einem "ungläubigen" wirst du kaum vorwerfen können, die Bibel falsch zu verstehen.Es ging mir um die Bibel selbst, in Abgrenzung zu subjektiven und vermeintlich "historisch-kritischen" Konstruktionen - und es ist intellektuell nunmal nicht redlich, einen Satz, nachdem "die Ungläubigen" ins "ewige Feuer" geworfen würden, wo "Heulen und Zähneklappern" seien wird, so zu interpretieren, dass die Hölle eigentlich leer sei und Gott zudem ein großer und doch harmloser Hund, von dem man sagen kann, er tue nichts.
Das ist doch im Grunde das alte Spiel der Bibel-Exegenten. Wenn ich mir die Auseinandersetzung Luthers mit den katholischen Gelehrten anschaue, dann kommen viele zum Schluss, dass Luther ganz klar die Nase vorn hatte, schon weil seine Lehre stringenter und logischer auf das NT aufbaut.
Und niemand wird mir sagen, dass Ratzinger in Traditionslinie zu Luther stehen würde. Ich halte solche Diskussionen, über einzelne Bibelstellen, einer so großen Religion für unwürdig.