KRISENGIPFEL IM KANZLERAMT
Union gibt Eigenheimzulage zum Abschuss frei
Von Severin Weiland
Beim Thema Eigenheimzulage zeigten sich weite Teile der Union bislang hartnäckig. Nun könnte Bewegung in die Materie kommen - wenn sich Rot-Grün beim Thema Unternehmenssteuer bewegt. CDU-Ministerpräsident Böhmer fordert gegenüber SPIEGEL ONLINE eine Reform der Milliarden-Subventionen für Häusle-Bauer.
DDP
Eigenheim-Bau: Steuerliche Höchstsubventionen
Berlin - Die Erwartungen an das Spitzentreffen von Gerhard Schröder mit Angela Merkel und Edmund Stoiber sind in Unionskreisen eher gedämpft. Zwei Themen dürften am Donnerstagabend kommender Woche im Kanzleramt zur Debatte stehen - die Eigenheimzulage und die Unternehmenssteuer.
Themen, bei denen die üblichen Parteifronten kaum noch auszumachen sind. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer etwa unterstützt zwar Änderungen bei der Unternehmensteuer, doch zeigt sich der Christdemokrat zurückhaltend gegenüber Forderungen, reinvestierte Gewinne von der Besteuerung auszunehmen. In Magdeburg heißt es dazu, schon einmal sei ein CDU-Wirtschaftsminister in der alten Bundesrepublik einen solchen Weg gegangen. Der habe damals Ludwig Erhard geheißen und sei nach einem Jahr dazu übergegangen, die Änderung wieder zurückzunehmen, weil das Instrument missbraucht worden sei.
Böhmer setzt deshalb die Erwartungen für einen Durchbruch im Kanzleramt beim Thema Unternehmenssteuer niedrig an. "Es wäre schon ein wichtiges Zeichen für die Suche nach einer gemeinsamen Lösung, wenn eine Arbeitsgruppe eingesetzt würde", erklärt er am Freitag gegenüber SPIEGEL ONLINE.
Problem Eigenheim
Eines ist schon jetzt klar: Soll der Termin kommenden Donnerstagsabend im Kanzleramt kein Schaulaufen bleiben, sind Abstriche auf allen Seiten notwendig. Merkel hatte sich am 3. März in der ARD zum Thema Eigenheimzulage eher vage geäußert und mit dem Steuerreform-Plan der Union verbunden - faktisch eine Blockade. "Wir haben gesagt, dass wir die Eigenheimzulage durchaus zur Disposition stellen, dann allerdings in einer Art und Weise, dass es auch denjenigen, die heute von der Eigenheimzulage profitieren, nämlich den Familien mit geringen Einkommen, direkt zugute kommt. Das wäre eine umfassende, vereinfachende, transparente Steuerreform. Dazu sind wir jederzeit bereit", so Merkel.
Aus dem Kreis ihr nahe stehender CDU-Bundestagsabgeordneter war Merkel bereits vor zwei Wochen, als die Zahl der Arbeitslosen auf über 5 Millionen kletterte, vorgeschlagen worden, die Eigenheimzulage als Verhandlungsmasse für Gespräche mit der Regierung ins Spiel zu bringen, sofern im Gegenzug Rot-Grün wirkliche Strukturreformen anpacke.
Ronald Pofalla, Fraktionsvize im Bundestag und nach dem Abgang von Friedrich Merz auf Geheiß Merkels für Wirtschaft und Arbeitsmarkt zuständig, ließ am Donnerstag erkennen, dass die Union über die Eigenheimzulage in Verbindung mit der Unternehmensteuer sprechen könnte. Allerdings, so der Christdemokrat, müsse es bei einer Reform zu einer erheblichen Reduzierung der Steuerlast für Unternehmen kommen.
Ohne es explizit so zu nennen, hat Pofalla damit ein Junktim für die Gespräche mit dem Kanzler aufgemacht: Änderungen bei der Eigenheimzulage nur bei Änderungen beim Unternehmens-Steuerrecht. Letzteres aber ist ein in der SPD höchst umstrittenes Thema, das kürzlich auf Geheiß des Kanzlers im Streit zwischen seinem Wirtschafts- und Finanzminister auf die lange Bank geschoben wurde und bis zum Jahresende durch einen Sachverständigen-Rat begutachtet werden soll.
Unions-Fraktionsvize Pofalla hat mit seiner Verbindung von Eigenheimzulage und Unternehmenssteuerreform einen Testballon gestartet. Der sich aber nicht nur an Rot-Grün, sondern offenbar auch an die eigenen Reihen richtet. Denn die Eigenheimzulage, die mit 6,5 Milliarden Euro jährlich zum größten Subventionstopf gehört und die Rot-Grün zur Finanzierung von Forschung und Bildung ganz abschaffen will, ist in den Unions-Ländern durchaus umstritten. Böhmer und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller haben wiederholt auf die Folgen der Häusle-Subventionen aufmerksam gemacht - die Zersiedelung der Landschaft, die zunehmende Abwanderung und damit den Leerstand vieler Häuser.
Doch bei der Eigenheimzulage, für deren Reform es der Zustimmung des Bundesrats bedarf, geht es auch um handfeste finanzielle Interessen. Das Ende oder weitere Abschmelzen der Eigenheimzulage käme auch manchen finanzgeplagten Unions-Ministerpräsidenten gelegen - wie etwa Müller und Böhmer. Das würde Länderhaushalte entlasten, zwar nicht sofort, aber in den Folgejahren.
Verschiebung des Themas
Zuletzt war im Februar das Thema im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag erneut vertagt worden - um, wie der Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, anmerkte, der Union mehr "Zeit für eine Einsicht" zu geben. Rot-Grün setzt bei der Zulage auf Zeit - und den Druck der öffentlichen Haushalte. Vier Länder, so eine Auflistung von Rot-Grün, würden derzeit mit verfassungswidrigen Haushalten arbeiten - darunter seien mit dem Saarland, Hessen und Niedersachsen drei mit CDU-Ministerpräsidenten.
Doch für eine Kurskorrektur in der Union, für die Merkel wegen der Zustimmung im Bundesrat die Riege ihrer Ministerpräsidenten bräuchte, gab es bislang wenig Anzeichen. Zum einen, weil manche Länderchefs negative Effekte für die leidende Baubranche in ihren Regionen befürchten, zum anderen aber auch parteitaktische Gründe. Die Union brachte bislang stets ein Abschmelzen oder die Abschaffung der Zulage mit einer vereinfachten Steuerreform in Verbindung, also nach einem erhofften Wahlsieg 2006.
In der Union tat sich zuletzt ein widersprüchliches Bild auf: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion votierte im Herbst noch gegen eine Abschaffung der Eigenheimzulage, aber Länderchefs wie Böhmer sind durchaus kompromissbereit.
DDP
Ministerpräsident Böhmer: Offen für Reformen
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident zeigt sich in dieser Frage auch vor dem Gipfel im Kanzleramt offen. "Wir sollten die Eigenheimzulage öffnen und eine deutliche Familienkomponente hineinbringen", sagte der CDU-Politiker gegenüber SPIEGEL ONLINE. Böhmer wandte sich zwar gegen eine generelle Streichung, doch "über eine gewisse Reduzierung des Volumens lässt sich aber im Zuge einer solchen familienfreundlichen Reform reden".
Wenn das nicht nach hinten los geht !