Nun ist in diesen Tagen ein Buch in Frankreich erschienen, das bezüglich des aktuellen Konflikts in Afghanistan zur gleichen Schlussfolgerung kommt, nämlich, dass die USA in Afghanistan vornehmlich ein Interesse am freien Zugang zu den Ölvorkommen haben. Und hier liegt die Brisanz der in dem Buch „Ben Laden: La verité interdite“ aufgestellten Behauptungen zweier französischer Experten, die bereits weit vor den Anschlägen am 11. September Kontakte von Vertretern der US-Regierung zum Taliban-Regime aufgedeckt hatten. Die beiden Autoren, Jean-Charles Brisard, intimer Kenner der geheime Finanzierung der Al Qaeda-Terrororganisation bin Ladens und Guillaume Dasquié, Chefredakteur des Informationsdienstes „Intelligence Online“, werfen mit ihren Ausführungen Fragen auf, die, sollten sie bestätigt werden, ein neues Licht auf die Geheimdiplomatie der USA würfe.
So soll bereits die Clinton-Administration nach den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 von den Taliban die Auslieferung Osama bin Ladens gefordert und im Gegenzug die Anerkennung des Regimes angeboten haben.
Hauptziel sei hierbei jedoch nicht die Ausrottung des Terrorismus gewesen, sondern die Stabilisierung der politischen Situation Afghanistans, um den lange geplanten Bau einer Ölpipeline zwischen Zentralasien und den Weltmeeren realisieren zu können. Des weiteren soll der britische Geheimdienst bis 1996 mit Verbindungsleuten bin Ladens eng zusammengearbeitet haben, um gegen Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi vorzugehen, der damals ganz oben auf der Liste der für den Westen „unerwünschten Personen“ stand. Höhe- und Schlusspunkt waren schließlich, so die Autoren,
im Sommer 2001 Verhandlungen, die zwischen Vertretern der USA, Russlands, der Nordallianz und den Taliban stattgefunden haben - moderiert von den Vereinten Nationen. Im Laufe dieser Verhandlungen hätten die Amerikaner mit einer "Militäraktion" gedroht, sollten die Taliban nicht einlenken und die vorgeschlagene Lösung, sich an einer multiethnischen Versammlung zu beteiligen und sich der wiedererweckten Monarchie unter dem Ex-König Sair Shah zu unterwerfen, nicht akzeptieren.
"Wenn die Taliban bin Laden ausliefern und sich mit der Nordallianz einigen, legen wir ihnen einen roten Teppich aus. Wenn nicht, ist ein Bombenteppich die Alternative", zitieren Brisard und Dasquié einen US-Diplomaten. Diese Taktik habe dazu geführt, dass sich die Taliban in die Enge getrieben fühlten. Mit dem Ergebnis, dass sie ihre Position radikal verhärteten. Bis zum letzten Moment hätten die Amerikaner die Machtposition Osama bin Ladens und seine Bedeutung für den Talibanführer Mohammed Omar unterschätzt. Besonders brisant ist der Vorwurf der beiden Autoren, dass die amerikanische Regierung die Ermittlungsarbeit des FBI massiv behindert habe. Dabei beruft sich Jean-Charles Brisard auf den ehemaligen Chef der Antiterrorabteilung des New Yorker FBI-Büros, John O’Neill, der über Jahre die Untersuchungen gegen die Al Quaida geleitet hat. Bei zwei Treffen im Juni und im Juli 2001 habe John O’Neill ihm mitgeteilt, dass nach seinen Erkenntnissen
das "Zentrum des Übels" in Saudi-Arabien liege. Das saudische Königshaus spiele eine verbrecherische Doppelrolle: als Unterstützer von Al Quaida und als Partner der USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
Interpol blieb untätig
Trotz der erdrückenden Beweise für die engen Verbindungen zwischen der königlichen Familie und Al Quaida habe Amerika die guten Beziehungen zu Saudi-Arabien nicht gefährden wollen. O’Neill habe schließlich den Eindruck gehabt, dass seine Ermittlungen gegen bin Laden von oberster Stelle boykottiert worden seien. "O'Neill sagte mir, er sei völlig frustriert", so Jean-Charles Brisard, "ihm schien die Führung des FBI zunehmend dem starken politischen Druck nachzugeben. Der Einfluss der Diplomatie untergrabe seine Arbeit.
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