Krieg in Afghanistan – Müssen Bundeswehrsoldaten vor Gericht?
Sendung vom 10. November 2009
...Denn die Lage im Einsatzgebiet der Bundeswehr im
Norden Afghanistans wird immer prekärer. Soldaten kämpfen,
sterben und töten dort.
Das klingt nach Krieg. Nicht nach
„Stabilisierungseinsatz", wie es bisher offiziell genannt wurde.
Was aber bedeutet dieser Unterschied für Soldaten und ihre
militärischen Entscheidungen? Gegen den deutschen Oberst
Georg Klein wird jetzt ermittelt, wegen seines Feuer-Befehls
gegen zwei Tanklastwagen Anfang September.
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Solche Entscheidungen haben dann womöglich in Deutschland
ein juristisches Nachspiel. Insbesondere wenn afghanische
Zivilisten ums Leben kommen. An Straßensperren und
Checkpoints passiert das immer wieder.
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Das Problem: Deutschlands Soldaten werden beurteilt nach
einem Strafgesetzbuch, das eigentlich für Kriminelle vom
Ladendieb bis zum Gewalttäter geschrieben ist. Doch spätestens
der schwere Luftangriff auf die entführten Tanklaster mit vielen
Toten und auch zivilen Opfern ist mit dem deutschen Notwehr-
Paragraphen nicht mehr abzuhandeln. Und so wird das
Afghanistan-Mandat des Bundestags für die Bundeswehr zur
Belastung.
Die Politik erkennt immer noch nicht an, dass die
Soldaten in Afghanistan in einen bewaffneten Konflikt verwickelt
sind. Für den würden, so Experten, die Sonderregelungen des
Kriegsvölkerrechts gelten, mit weitreichenden Folgen für die
Soldaten:
O-Ton Professor Kai Ambos, Internationales Strafrecht,
Universität Göttingen:
Wenn man die Taliban als de facto Kombattanten, faktische
Kombattanten, ansieht, können sie auch von Bundeswehr-
Einheiten oder anderen ISAF-Truppen getötet werden. Und
das wäre ja im Frieden nicht der Fall, in Friedenszeiten unter
dem normalen Strafrecht können wir nicht einfach Personen
töten. Das wäre eine extralegale Hinrichtung, dann man
müsste sie festnehmen, müsste sie aburteilen. Insofern ist es
also für die deutschen Soldaten günstiger, wenn man von
einem bewaffneten Konflikt ausgeht, weil sie einfach mehr
Rechte haben.
Deshalb hat die Staatsanwaltschaft Dresden den Fall des Oberst
Klein an den Generalbundesanwalt abgegeben.
Begründung:
in Afghanistan handele es um einen bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches. Der Generalbundesanwalt entscheidet jetzt, ob erstmals ein Bundeswehreinsatz nach Kriegsvölkerrecht beurteilt wird.
Danach würde sich Oberst Klein nur dann strafbar machen, wenn er den
Luftangriff befiehlt und
§11, Abs.1, Nr.3
„…als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder
Verletzung von Zivilpersonen … in einem Ausmaß
verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt
erwarteten … militärischen Vorteil steht.“
Eine Verurteilung wäre danach unwahrscheinlich.
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Unbeteiligte seien nicht ums Leben gekommen – sagen sie. Doch
ob das stimmt, wollen viele hier wohl nicht ganz so genau wissen.
Für die Amerikaner gilt in solchen Fällen die Militärgerichtsbarkeit
nicht aber für die Bundeswehr. Den deutschen Soldaten bleibt die
Sorge vor unschuldigen Opfern und auch vor einer veralteten
Rechtssprechung. .......................
Afghanistan ist in einem Bürgerkrieg. Die deutschen Soldaten
mittendrin. Viele erwarten, dass Politik und Gesetzgeber in
Deutschland darauf endlich reagieren..................