Demo gegen Abschiebung
500 Jugendliche protestierten vor dem Rathaus
Wanne-Eickel, 15.09.2009
Dank, Lob, Ermutigung. Die große Schar jugendlicher Demonstranten erfuhr gestern Nachmittag viel Sympathie. Kein Redner, der nicht das Engagement der jungen Leute ausdrücklich würdigte, die vom Bahnhof vor das Rathaus gezogen waren.
Sie protestierten gegen die weiter drohende Abschiebung der syrischen Familie Dalaf. 500 waren es nach Schätzung der Polizei.
Die Realschule Sodingen wie das Pestalozzi-Gymnasium hatten als Schulen der beiden jüngsten Dalaf-Töchter ihre Schülerschaft mobilisiert, einzelne Unterstützer aus anderen Schulen schlossen sich an.
Unüberhörbar pfeifend, aber diszipliniert hatte sich der Zug durch die Fußgängerzone bewegt, bestaunt von Passanten, die sich auf Schilder wie „Susi muss bleiben” oder „Einer für alle und alle gegen Abschiebung” ein Reim machen mussten, sofern sie nicht Bilde waren über den Fall, der immer weitere Kreise bewegt.
Bewegend war dann auch die Kundgebung. Eingestimmt durch das an der Realschule geschriebene und eingesungene
„Lied für Susi” („Du bist 'ne gute Freundin, hörst uns immer zu”), nahm die Menge die erfrischend kurzen Statements der Redner aufmerksam und heftig applaudierend zur Kenntnis.
Gut und Böse waren klar verteilt: Mit Buhrufen bedacht wurde der abwesende Oberbürgermeister, Horst Schiereck, während seine Stellverteterin, die grüne Bürgermeisterin Dorothea Schulte, Beifall erntete. Von ihr hatten Pestalozzi-Schüler in der letzten Woche Tipps zum weiteren Vorgehen bekommen, jetzt rief sie ihnen zu: „Gebt nicht auf, gebt nicht nach, haltet durch.”
Stellvertretend für die Realschüler hatten ihr Mareike Krüper und Sandino Orosa Mariano zuvor einen 40 Meter langen „Kettenbrief” übergeben. Beide richteten kurz das Wort an die Menge, ebenso Steven Sarwar und Timur Yalcin aus der Stufe 11 des Gymnasiums und deren Referendar Daniel Wlotzka.
Silke Masannek als eine der Hauptaktiven dankte für die Unterstützung, sogar GEW-Vorsitzender Peter Velten kam kurz zu Wort. „Mächtig stolz” zeigte sich Realschulleiter Uwe Scholle auf seine Schüler. „Ihr gehört zu uns, wir lieben euch”, sagte er den Dalaf-Mädchens. Sie fortzuschicken, zeige, „dass mit dem Gesetz etwas nicht in Ordnung ist”. Caritas-Berater Karl-Heinz Großerohde war „überwältigt”, Integrationsrats-Vorsitzender Muzaffer Oruc sprach von einem „historischen Ereignis”. „Es zählt nicht, wo sie herkommen, es zählt, wer sie sind”, zitierte Bärbel Beuermann (Die Linke) ein Transparent, um hinzuzufügen: „Ihr gehört zu uns wie der Kanal und die Cranger Kirmes.” Im Namen der evangelischen und der katholischen Kirche dankte Pfarrer Martin Domke (Eine-Welt-zentrum) den Jugendlichen für „den Mut, den Politiker immer einfordern”.
Die Familie dürfe „nicht gnadenlos ins Nichts zurückgeschickt werden”.
Am nächsten Dienstag steht eine Anhörung des Petitionsausschusses in Düsseldorf an, auf den die Familie jetzt baut.