Wahl 2009: Pläne der Parteien für die Migrationspolitik
Das Thema kam im Wahlkampf kaum vor. Hier eine Kurzübersicht über die Leitbilder und Vorhaben der im Bundestag vertretenen Parteien zur Migrationspolitik laut der jeweiligen Wahlprogramme - und eine persönliche Bewertung.
Natürlich darf nicht vergessen werden, dass Parteien nach der Wahl anders vorgehen können, als sie zuvor angekündigt haben. Trends sollten aber erkennbar sein.
CDU/CSU
Leitbild: "Deutschland ist Integrationsland. Fördern und Fordern stehen dabei im Mittelpunkt. Gute Sprachkenntnisse und gute Bildung sind unverzichtbar. Wer die Werte unserer Gesellschaft und Deutschland als seine Heimat annehmen will, wird seine Chance in unserem Land bekommen und ist uns herzlich willkommen."
Pläne Einwanderung/Ausweisung:
- Ausweisungsrecht vereinfachen und verschärfen. Bei Straftaten soll eher ausgewiesen werden. Neuer Ausweisungstatbestand "massiv integrationsfeindliches Verhalten" geplant (z.B. Erziehung zur Gewalt).
- Visa-Einlader und Warndatei gegen Visummissbrauch und organisierte Kriminalität
- Deutschland für deutsche und nichtdeutsche "Hochqualifizierte" attraktiver machen. Dazu u.a. bessere Anerkennung der im Ausland erworbenen, beruflichen Qualifikationen.
- Kein EU-einheitliches Asylrecht
Pläne Integration:
- "Stärkeres Fördern und Fordern" mit Blick auf die Integrationskurse
- Bis 2010 sollen alle Kinder bei der Einschulung Deutsch sprechen können. Mehr Lehrer mit Migrationserfahrung.
- Kein kommunales Wahlrecht für Ausländer. Keine generelle doppelte Staatsbürgerschaft. Optionsrecht wird geprüft. Einbürgerungsbedingungen nicht aufweichen.
- Eigener Straftatbestand bei Zwangsverheiratung
- Fortsetzung der Islamkonferenz
Bewertung:
Grundsätzlich sind gute Ansätze dabei, beispielsweise beim Ausweisungsrecht und bei der Bestärkung der Integrationsbemühungen und der Hochqualifizierten. Widersprüche zur FDP bei doppelter Staatsbürgerschaft. Beim Ausweisungsrecht wird die Dauerarbeitslosigkeit nicht einbezogen. CDU/CSU behaupten des Weiteren, dass die von ihnen durchgesetzte "Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung" einen "Konsens über Integration in Deutschland" ermöglicht haben. Das ist zu bezweifeln. Es gibt deutliche Gegenströmungen, das Steuern und vor allem das Begrenzen aufzuheben.
SPD
Leitbild: "Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten dafür ein, dass in unserem Land Menschen mit verschiedener Herkunft eine gemeinsame Zukunft aufbauen können."
Pläne Einwanderung/Ausweisung:
- Erleichterung des Ehegattennachzugs
- Mehr "qualifizierte" Einwanderer. Dazu u.a. bessere Anerkennung der im Ausland erworbenen, beruflichen Qualifikationen
- Abschaffung von "Kettenduldungen", ggf. Aufenthaltstitel erteilen
- Flüchtlinge: "Humanitäre Spielräume" konsequent nutzen. "Angemessener Zugang" zur "sozialen Leistungen"
- Wiederkehrrecht für Opfer von Zwangsheirat
Pläne Integration:
- Einbürgerungen erleichtern. Doppelte Staatsbürgerschaft wird akzeptiert.
- Erwerbsleben: Förderprogramm für Migranten
- Mehr Migranten im öffentlichen Dienst. Öffentliche Verwaltung soll "interkulturell qualifiziert werden"
Bewertung:
Insgesamt scheint die SPD der Meinung zu sein, dass Deutschland zu hart mit Einwanderung umgeht und fordert folglich Erleichterungen. Hinsichtlich der Flüchtlinge sind recht schwammige Formulierungen festzustellen. Insgesamt dürften die Pläne der SPD Deutschland nicht nur für Facharbeiter, sondern auch für bildungsferne und mittellose Wirtschaftsflüchtling attraktiver machen. Besonders die Erleichterung des Ehegattennachzugs (vermutlich sind damit die 300 deutschen Wörter gemeint, die ein "Nachzieher" neuerdings aktiv beherrschen muss, bevor er nachziehen darf) halte ich für einen Fehler. Deutschland hat sehr viele Jahre den massiven Zustrom schwer zu integrierender Menschen ertragen, was zu gesellschaftlichen Verwerfungen geführt hat. Die Verschärfung unter der großen Koalition war im Kern der richtige Schritt.
FDP
Leitbild: "Deutschland ist ein Einwanderungsland. Liberale sehen das Zusammenleben verschiedener Kulturen als Chance und Bereicherung an. Die FDP plädiert für eine rationale Integrationspolitik, die Integrationsprobleme nicht verschweigt."
Pläne Einwanderung/Ausweisung:
- Einführung eines Punktesystems in erster Linie für "hochqualifizierte" Arbeitnehmer
- "humanitäre Zuwanderungspolitik auf Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts"
Pläne Integration:
- "Jeder Mensch, der rechtmäßig oder geduldet in Deutschland lebt" [Kommentar: also wohl auch Menschen mit Asylstatus] soll arbeiten dürfen
- Doppelte Staatsbürgerschaft wird akzeptiert
- Verbesserung der Integrationskurse besonders hinsichtlich von Sprachkenntnissen
Bewertung:
Das Punktesystem ist eine interessante Idee, wenn es sich am Wohl für Deutschland orientiert. Ansonsten hat sich die FDP bei der Migrationspolitik etwas schlanker gehalten - ihre Programmatik ist im Großen sowohl mit CDU als auch mit der SPD kompatibel.
Die Grünen
Leitbild: "Mit dem grünen Neuen Gesellschaftsvertrag wollen wir die Integration voranbringen und die multikulturelle Realität demokratisch gestalten."
Pläne Einwanderung/Ausweisung:
- Familiennachzug erleichtern. Sprachnachweis vor Einreise abschaffen, da derzeit Nachzug aus einzelnen Nationen und Bevölkerungsschichten begrenzt werde und dem eigentlichen Ziel - Schutz vor Zwangsverheiratung - nicht gerecht werde
- Asylrecht deutlich lockern: Auflösung der Residenzpflicht, Abschaffung der Sammelunterkünfte. Abschaffung der Drittstaatenregelung. Ergänzung des Asylsystems um ein "Resettlement-Programm". Erhöhung der sozialen Leistungen für Asylbewerber. Abschaffung der Meldepflicht. Reduzierung der Abschiebehaft.
- Großzügige Bleiberechtsregelung
- Wiederkehrrecht für Opfer von Zwangsheirat
- Keine Abschottung der Außengrenzen der EU, Stichwort FRONTEX
- Volle Freizügigkeit auch für Menschen aus neuen EU-Staaten
Pläne Integration:
- Einbürgerungen erleichtern. Doppelte Staatsbürgerschaft soll generell möglich sein. Optionszwang abschaffen.
- Kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger
- Islam gleichstellen: Ausbildung von islamischen Geistlichen und Religionslehrenden. Bund und Länder müssen dafür mit islamischen Organisationen zu anerkannten Religionsgemeinschaften kommen.
- Mehr Rechte für Kommunen zur Förderung von Integration
- Schutz der Minderheiten "Sinti und Roma, Sorben, Dänen und Friesen" ins Grundgesetz
Bewertung:
Das Punktesystem ist eine interessante Idee, wenn es sich am Wohl für Deutschland orientiert. Das Programm hat, wie zu erwarten, viele Schnittmengen mit der SPD. Daher teilt es leider schon da die negativen Seiten. Fehler der Vergangenheit werden demnach wiederholt, da ein starker Zustrom bildungsferner und sozial schwacher Gruppen zu erwarten ist, der die Sozialsystem und die deutsche Gesellschaft belasten wird. Die Grünen sprechen davon, dass es keinen "kulturellen Rabatt bei Grundrechten, Demokratie und Freiheit" geben dürfen, sagen aber nicht, wie sich abweichende kulturellen Hintergründe bei Zuwanderern mit deutschen Interessen vertragen sollen, wenn es kaum Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung geben soll. Integration muss so immer mehr von vorne anfangen. Außerdem gibt es entgegen der Aussagen im Wahlprogramm tatsächlich einen Schutz vor Zwangsheirat durch die Sprachkurse, da mehr Bildung auch immer mehr Aufklärung und Eigenständigkeit bedeutet und die Anzahl der Familiennachzügler durch die Hürde "Spracherwerb" gesunken ist.
Beim Asylrecht drohen ebenfalls vergangene Misstände wieder einzukehren. Die allermeisten Asylbewerber beantragen ihr Asyl zu unrecht, die Ablehnungsquote liegt bei über 90%. Das Asylrecht wird also immer noch vorwiegend zur wirtschaftlichen Migration genutzt, und genau dies würden die Grünen mit ihren Plänen fördern. Dies führt nicht nur zu neuen Integrationsproblemen, sondern auch zu überproportionalen Kosten, da die Grünen gleichzeitig die Ausgaben pro Asylbewerber durch mehr Sozialleistungen erhöhen würden.
Zum Islam wird neben der geforderten Gleichstellung viel von den islamischen Religionsgruppen "erwartet" (Akzeptanz der Menschenrechte, Toleranz gegenüber Nichtmuslimen, Konvertiten, Eintreten gegen Antisemitismus und Homophobie), ohne dass das "wie" geklärt wird oder auf Sanktionsmöglichkeiten verwiesen wird.
Fazit hier: Die Vorschläge der Grünen zur Migrationspolitik sind sehr bedenklich und schaden unter dem Strich den Interessen Deutschlands. Hinsichtlich der Asylpolitik sind sie schlicht verantwortungslos, vor allem weil die Grünen selbst nach der Vielzahl von Asylrechtslockerungen auf die Zahl von 25 Millionen "Umweltflüchtlinge" verweisen, die noch ansteigen soll.
Die Linke
Leitbild: "Deutschland ist ein Einwanderungsland. Diese Erkenntnis wird häufig nur unter dem Aspekt der Nützlichkeit für den Arbeitsmarkt akzeptiert. Quoten, Kontingente und Punktesysteme sind Instrumente einer menschenverachtenden, selektiven Einwanderungspolitik."
Pläne Einwanderung/Ausweisung:
- Deutliche Erleichterungen beim Familiennachzug: Nachzug soll auch für "Lebenspartner" und Verwandte 2. Grades möglich sein.
- Asylrecht soll neben Krieg und politischer Verfolgung auch bei "Menschenrechtsverletzungen" [offenbar aller Art, nicht weiter ausgeführt] gelten.
Pläne Integration:
- Aktives und passives Wahlrecht [d.h. wohl einschließlich Bundestag] auch für in Deutschland lebende Ausländer
- Gleiche Rechte für den Arbeitsmarkt für alle Ausländer, die in Deutschland leben
- Einbürgerungen erleichtern. Doppelte Staatsbürgerschaft soll generell möglich sein
Bewertung:
Die Linke äußert sich eher kurz, aber von der Tendenz her bestimmt zur Migrationspolitik. Sie will 7 Mio. Ausländer kurzerhand zu Wahlberechtigten machen - hier scheint die Vergrößerung der Wählerbasis vorherrschendes Motiv zu sein. Ein Punktesystem lehnt sie streng ab, ebenso das Nutzenprinzip als solches, obwohl es für jede deutsche Regierung im Grundgesetz festgeschrieben ist.
Zusammen mit den Erleichterungen beim Familiennachzug und augenscheinlich beim Asyl sowie dem erweiterten Zugang zum Arbeitsmarkt für Ausländer dürfte es nicht nur zu einem massiv steigenden Migrationsdruck Richtung Deutschland kommen, sondern auch zu einem massiven Lohndruck in den geringen Einkommensklassen, da die oft schwache Heimatwährung zuströmender Migranten auch Niedriglöhne für dieselben schmackhaft macht und die Erfahrung zeigt, dass ohne Steuerung vor allem niedrig Qualifizierte nach Deutschland einwandern wollen.
Durch diese Folgen würden alle bekannten Probleme aus den Versäumnissen der letzten 20-30 Jahre, einschließlich Kriminalitätsproblemen wie Clanbildung, Jugendgewalt in Großstädten, Parallelgesellschaften usw. neu aufblühen.