Karlsruhe: Auslieferung in Folterländer erlaubt

Deutschland darf mutmaßliche Straftäter in Länder ausliefern, in denen die Polizei Verdächtige häufig foltert. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Die Auslieferung eines Ausländers sei nur dann unzulässig, wenn in dem Staat systematisch und massenhaft Menschenrechte verletzt werden oder für den Betroffenen eine "konkrete" Foltergefahr besteht. Gegen die Stimmen von zwei Richtern wies der Zweite Senat die Beschwerde eines mutmaßlichen Betrügers gegen seine Auslieferung an Indien ab.

Nach einem Bericht des Auswärtigen Amtes sei in Indien Folter zwar eine "häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode", erklärte das Gericht. Laut Amnesty International seien Misshandlungen sogar an der Tagesordnung. Folter sei jedoch in Indien gesetzlich verboten. Sie werde vom Staat nicht zielgerichtet gefördert, sondern im Gegenteil verstärkt geahndet.

Zudem habe Deutschland mit Indien vor zwei Jahren einen Auslieferungsvertrag geschlossen. So sei gerade im Verhältnis zu Deutschland davon auszugehen, dass in indischen Strafverfahren menschenrechtliche Mindeststandards eingehalten würden, argumentierte das Gericht.

Deutsches Verfassungsrecht verbiete die Überstellung zwar bei unerträglich harten, grausamen oder unmenschlichen Strafen. Andererseits gebiete das Grundgesetz, "fremde Rechtsordnungen und -anschauungen zu achten, auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen".

Die beiden überstimmten Richter, Bertold Sommer und Gertrude Lübbe-Wolff, wandten ein, das Auswärtige Amt selbst bezeichne die Haftbedingungen in Indien als desolat. Bis zu 50 Gefangene müssten sich eine Großraumzelle teilen sowie ohne Betten und Decken schlafen. Das Oberlandesgericht München hätte diesen Informationen wie auch den Folterberichten nachgehen müssen.


dpa