Zitat von
Parker
Es gibt wenig exakt Meßbares, worauf sich eine Diagnose aufbauen ließe. Viele Symptome wiederum treten bei unterschiedlichen Krankheiten gleichermaßen auf.
Obendrein werden Psychiater ganz unterschiedlich in ihr Handwerk eingeweiht und erlernen damit auch unterschiedliche Wege zu interpretieren.
Seien wir mal ehrlich, eine Medikation zu verordnen ist letzten Endes in der Psychiatrie wenig mehr als Trial und Error. Man beginnt mit dem Medikament, von dem man sich die größte Erfolgsaussicht verspricht und probiert dann mit Dosierung und gegebenenfalls anderen Medikamenten herum, bis der gewünschte Erfolg da ist, möglichst auch mit denkbar geringen, vertretbaren Nebenwirkungen. Nebenwirkungen verursachen Psychopharmaka bis heute so gut wie immer. Sie sollten eben für den Patienten nicht schlimmer werden, als die unbehandelte Krankheit es ist.
Mit ein bißchen Routine sollte so ziemlich jeder das irgendwann hinbekommen können.
Das Geheimnis liegt woanders. Vertrauen. Der Patient muß sich ihm öffnen können und von ihm auch annehmen können. Er muß schließlich nicht nur ein paar Pillen schlucken, sondern häufig auch recht bedeutsame Veränderungen in seinem täglichen Leben vornehmen, wenn er seine Erkrankung in den Griff bekommen will. 'Krankheitseinsicht' bedeutet nicht nur zu begreifen, man ist krank, sondern auch sich darauf einzulassen, mit seiner Krankheit fortan zu leben. Genau da liegen viele psychiatrische Niederlagen. Das Dilemma ist nämlich, Psychiatrie heilt nicht. Das kann sie gar nicht. Sie kann eine wie auch immer beschädigte Persönlichkeitsstruktur ja nicht einfach austauschen. Sie kann medikamentös Symptome zudecken, und den Patienten dahin führen, mit seiner Erkrankung, die er nunmal hat, zu leben. Das kann sie ihm aber nicht abnehmen. Das muß er selbst tun.