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Thema: Schwarzbuch des Kommunismus

  1. #1
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    Standard Schwarzbuch des Kommunismus

    Rot = Massentod?

    Zur Debatte um das Schwarzbuch des Kommunismus

    Schon bevor es erscheinen war, hat es Furore gemacht: Das Schwarzbuch des Kommunismus. In Frankreich ist so ein Buch natürlich ein anderer Schnack: Dort sitzen die Kommunisten in der Regierung und waren immer anerkannter Teil der Nation. Dort gab es eine kommunistisch-sozialistische Gegenkultur, die in Deutschland mit dem Machtantritt der Nazis beseitigt wurde. Und natürlich geht es auch um die Resistance, den französischen Widerstand, auf den sich die Französische Republik beruft und zu dem auch Kommunisten gehört haben.
    In Deutschland geht es deshalb auch um etwas anderes: Zum einen soll noch einmal die DDR als böse, böse, böse dargestellt werden, Honecker=Stalin=Pol-Pot. Zum anderen geht es um die Zulässigkeit marxistischer Gesellschaftskritik überhaupt. Der Hinweis auf das Interesse von Herausgeber und Diskutanten ist aber noch keine Widerlegung der Argumente des Buchs. Denn auch ein politischer Gegner kann mit schlechtester Absicht ja trotzdem etwas richtiges sagen. Um den Schluß zu verraten: Dies ist hier nicht der Fall.

    In dem Buch steht nichts Neues. Wie meistens, wenn mit Geschichte Politik gemacht werden soll, wissen die Historiker gar nicht so recht, was die Aufregung soll: Alles längst bekannt. Der Gestus des Buchs, hier würde mit einem langgehegte Tabu gebrochen, ist eine so offensichtliche und dumme Lüge, daß sich vielmehr die Gegenfrage aufdrängt: Was soll das?

    Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid (Brecht: An die Nachgeborenen)
    Nun ist es ein bißchen billig, vom sicheren Lehrstuhl in Paris aus ca. 70 Jahre später den russischen und chinesischen Revolutionären vorzuwerfen, Gewalt angewandt zu haben. Das haben sie, das mußten sie auch, und wer sich die Geschichte der bürgerlichen Revolutionen in England 1648, in Frankreich 1789 und den USA 1777 ansieht, kann erkennen, daß es sich um ziemliche Gemetzel gehandelt hat, wie die Geschichte der Durchsetzung des Kapitalismus überhaupt mit Blut geschrieben ist. Die Verhältnisse im zaristischen Rußland und dem vorrevolutionären China waren schrecklich: Unglaubliches Elend, Hungersnöte (mit mehreren Millionen Toten), brutaler Terror — eben durchaus dem Teil der freien Welt ähnlich, der so schön „Dritte Welt“ heißt und jeden Tag über 100.000 Hungertote produziert. Gegen solche Verhältnisse und ihre Repräsentanten und Macher gewalttätig vorgegangen zu sein, kann kein Vorwurf sein.

    Ein toter Mensch ist ein toter Mensch. Wer vor Hunger verreckt, dem kann es egal sein, warum: Ob der Jang-Tse wie die letzten tausend Jahre über die Ufer getreten ist und die Ernte deswegen verfault, ob der Warlord oder die japanischen Besatzer die gesamte Ernte beschlagnahmen, ob auf dem Weltmarkt der US-Weizen so billig ist, daß der angebaute Reis schlichtweg unverkäuflich ist, oder ob der Bauer sein Küchengerät einschmelzen mußte, um die Stahlquote des Dorfs zu erfüllen und deswegen viele Felder unbestellt blieben, weswegen die Volkskommune nun unter Führung der Partei verreckt — tot ist tot.

    Mit der Übernahme der Macht durch die Kommunisten sind die bisherigen Gründe für massenhaftes, vorzeitiges Verrecken zumindest in der Sowjetunion und China entfallen. Schon der Kapitalismus überwindet die Naturschranken der Produktion: Wenn Leute nach einer Dürre oder Überflutung des Hungers sterben, so liegt das keineswegs mehr daran, daß es nichts zu beißen gäbe, sondern daß die Leute es nicht kaufen können. Nichts anderes kann die Aufgabe einer sozialistischen Gesellschaft sein: Schluß damit zu machen, daß das Überleben der Produzenten z.B. von Börsenkursen abhängig ist oder daran scheitert, daß sie über kein Geld verfügen.

    Daß das nicht passiert ist, sondern daß Leute, die sich Kommunisten genannt haben, nicht nur kalkuliert Millionen haben verrecken lassen — das ist der Großteil der ‘Opfer des Kommunismus’ — sondern auch Hunderttausende in Lagern sich totarbeiten oder gleich erschießen haben lassen, das wirft Fragen auf. Und daß massenhafte widerliche Foltermethoden angewandt wurden in Ländern, die sich sozialistisch nannten — und eben nicht nur in den Militärdiktaturen Südamerikas, in Nazi-Deutschland oder durch den japanischen Militär-Faschismus 1932-1945 — das ist schon heftig. Und das läßt sich auch weder durch die schrecklichen Verhältnisse vorher, noch durch die massenhaften Greueltaten in der kapitalistischen Welt rechtfertigen: Wer eine Gesellschaft schaffen will, in der die freie Entwicklung eines jeden Voraussetzung und Bedingung der freien Entwicklung aller ist, muß sich an diesem Ziel messen lassen. Aber das ist etwas komplett anderes als mit den Leichenbergen des Staatssozialismus die des Kapitalismus oder gar der NS-Herrschaft rechtfertigen zu wollen.

    Falsch ist allerdings das Argument der KritikerInnen, die Autoren des Schwarzbuchs würden nur über die Leichen des Staatssozialismus reden. Zum einen ist es immer doof, jemandem, der von etwas bestimmten redet, vorzuwerfen, von anderen Dingen nicht zu reden. Das ist immer wahr, aber uferlos — darum ist mit schöner Regelmäßigkeit auch die Antwort die, mensch wolle wohl nicht über die Opfer des Staatssozialismus sprechen. Gleichzeitig läßt sich nun mal nicht über alles Schreckliche reden — denn davon gibt es schlichtweg so viel, daß es auch ein bezeichnendes Licht auf die schöne moderne Welt wirft. Zudem: Wer etwas über die Opfer von Stalinismus, Maoismus, den Roten Khmer etc. herausfinden will, der muß nun einmal darüber sprechen und nicht über irgend etwas anderes.

    Der Punkt aber ist: Das Schwarzbuch redet gar nicht nur über die Leichenberge der einen Seite. Es macht ja selbst den Vergleich zum Faschismus und zum Rechtsstaat. Und dann ist die Frage nach dem Schwarzbuch des Kapitalismus, der Demokratie, dem Faschismus, der Nationalstaatlichkeit oder den antikommunistischen Folterregimes in der Tat ziemlich zulässig. Das Schwarzbuch will gerade über die Anzahl der Opfer den Beweis der Verdammungswürdigkeit des Kommunismus und der Überlegenheit der bürgerlichen Demokratie führen und zugleich den Hinweis auf die faschistischen Formen des Kapitalismus abweisen. Es will der Linken das Gefühl der moralischen Überlegenheit nehmen.

    Vergleich, Gleichsetzung — oder Analyse?

    Und dieses Anliegen kommt dabei jeder ernsthaften historischen Auseinandersetzung in die Quere. Wäre es den Autoren ernsthaft darum gegangen herauszufinden, warum so viele Menschen im Namen des Sozialismus sterben mußten, so hätten sie sich folgende Fragen stellen müssen: Was war das Programm der Täter? Was waren die Umstände der Tat? Was ihre Gründe? Das wäre aber das Gegenteil eines Vergleichs. Es wäre eine Untersuchung. Ein Vergleich von zwei Sachen geht immer nur, wenn mensch die Sachen kennt, die da verglichen werden. Vergleichen läßt sich prinzipiell alles und jedes: Der Vergleich von Atombombe und Erbsensuppe z.B. würde sehr viel Unterschiede und ziemlich wenig Gemeinsamkeiten zu Tage bringen. Alle Eigenschaften von Atombombe und Erbsensuppe lassen sich nicht durch den Vergleich, sondern durch die Untersuchung von Atombombe bzw. Erbsensuppe herausfinden. Sinnvoll ist ein Vergleich, um das Besondere oder Allgemeine einer Sache zu verdeutlichen, indem mensch zeigt, daß eben andere Sachen in der Frage genauso oder ganz anders sind. Nun ist es so, daß die Begriffe „Kommunismus“ und „Faschismus“ immerhin der gleichen Sphäre entstammen, also vielleicht etwas mehr Gemeinsamkeiten haben als Erbsensuppe und Atombombe.

    Ein Vergleich ist im Regelfall keine Gleichsetzung, denn er wird zwischen zwei unterschiedlichen Sachen gemacht. Sonst hat er wenig Sinn. Die AnhängerInnen des Schwarzbuchs tun so, also ob sie durch den Vergleich von Kommunismus und Faschismus herausgefunden hätten, daß beide ziemlich das Gleiche seien: Totalitarismus. Neu ist diese Behauptung nicht, von 1947 bis 1968 war das sogar die allgemeine Sichtweise in der westlichen Welt.

    Nun kann mensch ja, wenn mensch nach gründlicher Untersuchung von zwei Sachen einen Vergleich zwischen beiden Dingen macht, einen gemeinsamen Oberbegriff vorschlagen. Ob ein gemeinsamer Oberbegriff sinnvoll ist, muß dann inhaltlich diskutiert werden.

    Und da sind beim Begriff „Totalitarismus“ allerhand Zweifel angesagt: Wir wissen nichts über die Programme der NSDAP, der italienischen Faschisten, der spanischen Falange, der KPdSU oder der Partei der Arbeit Albaniens, wenn wir sie als totalitär bezeichnen. Im Gegenteil: Alle Unterschiede sind durchgestrichen, es wird eine Identität behauptet, von der die Unterschiede nur Varianten sein sollen. Aber was soll diese Identität sein?

    Totalitarismus ist nur negativ definierbar: Er ist nicht die westliche Demokratie mit ihren Wahlen, ihrem Rechtsstaat und all den vom Staat gewährten Freiheiten. Und das ist fast so, als ob mensch Atombombe und Erbsensuppe durch die Abwesenheit von Broccoli-Röschen, Spargelspitzen und roter Farbe definieren würde. Die Versuche, Totalitarismus positiv zu definieren, landen in schlechter Abstraktion: Herrschaft einer Partei (was für einer?), die ihr Programm verbindlich macht (worin bestand es?), und dabei massenhaft Leute ermordet (warum? wen? wie?).

    Schlechte Abstraktion: Opfer des — Kommunismus?

    Aber nicht erst der Begriff Totalitarismus ist kritikabel. Nicht erst der Versuch, nationalsozialistische, faschistische, stalinistische und maoistische Herrschaft unter einen Begriff zu fassen, verfällt der Kritik: Gibt es eigentlich einen gemeinsamen Grund für den Mord an sowjetischen Parteikadern, dem Verhungern chinesischer Bauern und dem Massenmord an allen möglichen Menschen, die die Roten Khmer als Hindernis für ihre bessere Gesellschaft ausgemacht haben? Das allein würde es rechtfertigen, sie — und sagen wir die toten des äthiopischen Bürgerkriegs und die vielen anderen, die im Schwarzbuchs erwähnt sind — unter ‘Opfer des Kommunismus’ zu subsumieren.

    Um Trauer kann es, im Ernst, kaum gehen, bei den vielen Tausenden von Menschen, die die LeserInnen persönlich auch nicht kennen. Und der Schrecken über die Toten bleibt dann ja eine etwas seltsame Sache, wenn er nicht die Absicht hervorbringt, etwas gegen eine mögliche Wiederholung zu tun — und das erfordert Wissen über die Sache, die sich nicht wiederholen soll. Den toten Menschen kann es völlig gleichgültig sein. Die sind tot und können sich von Trauer und Betroffenheit von Menschen, die in anderen Zeiten unter anderen Umständen in anderen Weltteilen leben, auch nichts kaufen.

    Untersuchen wir also drei Punkte, an denen besonders viele Menschen gestorben sind: die sowjetische Industrialisierung in den 30er Jahren, der „Große Sprung nach vorn“ in China 1958-61 und der Massenmord in Kambodscha 1975-1979.

    Die Sowjetunion war nach der Revolution 1917 und dem Bürgerkrieg 1919-1924, in dem westliche Staaten sich auf Seiten der Feinde der Sowjetmacht einschalteten, ein zerstörtes Land. Die Industrieproduktion lag danieder, die Landwirtschaft war in den Händen von Groß- und Mittelbauern, die wenig Neigung zeigten, für wertloses Papiergeld ihre Ernten abzuliefern. Geplant war die russische Revolution sowieso nur als Auftakt zur Weltrevolution, die ja bekanntlich nicht stattfand. Als Stalin seine Doktrin vom „Sozialismus in einem Land“ vortrug, meinte er damit nicht, nunmehr eine Planwirtschaft in dem Sinne zu errichten, daß der gesellschaftliche Bedarf ermittelt werden sollte, um dann den Betrieben mitzuteilen, was so gebraucht wird, um dann zu kucken, wie das mit den vorhandenen Mitteln am Besten zu machen sei. Die Betriebe wurden darauf verpflichtet, aus der zugewiesenen Rubelmenge Gewinn zu machen und das war unter den gegebenen Verhältnissen nur auf Kosten der ArbeiterInnen möglich. So sah denn die sowjetische Arbeitsgesetzgebung aus und die radikalste Form war, in den sowjetischen Arbeitslagern den Tod der Arbeitskräfte in Kauf zu nehmen, so daß trotz bewußter Anwendung des Wertgesetzes eine „ursprüngliche sozialistische Akkumulation“ ins Werk gesetzt werden konnte. Notwendig war der Aufbau der Schwerindustrie— mit allem, was dazu nötig war: Verkehrswege, Kraftwerke, Erschließung von Kohle- und Eisenlagern — schon, um die Sowjetunion kriegsfähig zu machen. Bekanntlich war 1933 in Deutschland eine Bewegung mit einem wenig sowjetfreundlichen Programm an die Macht gekommen.

    Die Parteisäuberungen der KPdSU dienten nicht nur der Ausschaltung der Opposition — die grandiosen Fehlschläge der Planung mit Geld konnten nach der Parteilogik gar nichts anderes als Hinweis auf Verrat und Sabotage sein. Denn alles, was die KPdSU sich vornahm, verkaufte sie gleichzeitig als Vollstreckung historischer Notwendigkeiten, so daß Fehlschläge eben nur auf bösen Willen zurückzuführen waren.

    In China hatte die KP nach langen Jahren des Bürgerkriegs gegen die Guomindang und dem gemeinsamen Krieg gegen die japanischen Faschisten die Macht übernommen. Von Anfang an eher nationalistisch als marxistisch, wollte sie aus dem rückständigen Bauernland einen modernen sozialistischen Industriestaat, am besten mit eigener Atombombe, machen. Den Führungsanspruch der KPdSU stellt die KPCh seit Mitte der 50er Jahre in Frage, und wollte 1958 mit dem Großen Sprung nach vorn unmittelbar den Kommunismus aufbauen: „Drei Jahre Leiden für 1000 Jahre Glück“. Ein Sabotageversuch hätte kaum wirksamer sein können. Eine vernünftige Planung fand schon deswegen nicht statt, weil den Volksmassen nichts unmöglich sei. Dieser Irrsinn erklärt sich daraus, daß der KP, seit es sie gab, permanent ihre Unmöglichkeit entgegengehalten wurde. Niemand hätte 1919, als die Partei gegründet wurde, geglaubt, daß sie 30 Jahre später die VR China ausrufen würden. Die KP hatte das Massaker an ihrer Basis 1928, den Langen Marsch durch China und Stalins Bündnispolitik überlebt — was sollte ihr unmöglich sein? Hunderttausende starben des Hungers, die Wirtschaft und das öffentliche Leben brachen zusammen, China war danach nur noch mit Albanien verbündet. Der ganze Irrsinn endete mit der Entmachtung Mao Zedongs, um dann 1968 als „Große proletarische Kulturrevolution“ seine zweite Aufführung zu feiern.

    Als die Roten Khmer 1975 in Kambodscha die Regierung stürzten, wollten sie von vorne anfangen: Die Stadt Phnom Penh galt ihnen als verderbt und dekadent und bevor an den Aufbau einer Industrieproduktion zu denken sei, müsse die Gesellschaft gesäubert und eine neue landwirtschaftliche Basis geschaffen werden. Die Ermordung aller „unzuverlässigen Elemente“, und dazu gehörten StädterInnen, Intellektuelle und Angehörige der vietnamesischen Minderheit, war in diesem bescheuerten Programm ebenso vorgesehen wie die massenhafte Vertreibung auf das Land, wo wiederum viele Leute an Hunger starben. Beendet wurde der Spuk erst, als das moskauorientierte Vietnam einmarschierte. Das führte übrigens dazu, daß sowohl der freie Westen als auch die heutigen Machthaber Kambodschas sich mit den Roten Khmer verbündeten.

    Was haben diese drei Fälle gemeinsam? Nichts. Zwar haben sich Stalinisten, Maoisten und Rote Khmer jeweils „Kommunisten“ genannt — aber sie haben völlig unterschiedliches darunter verstanden. Daß jeweils eine ganze Menge Menschen gestorben sind, hat vollkommen unterschiedliche Gründe. Terror — und darunter fällt auch die bewußte Inkaufnahme einer Hungersnot durch die Sowjetmacht Anfang der 30er Jahre — ist eben nie ein Zweck, sondern ein Mittel. Die Anwendung dieses Mittels muß aus dem Zweck, der damit verfolgt wird, erklärt werden. Wer aber glaubt, Terror sei eben immer fällig, wenn versucht wird, die Gesellschaft zu verändern — und das ist die Forschungshypothese der Autoren — ist eben blind für die Zwecke und kann darum auch nichts erklären.

    Das post-totalitäre Ticket — die liberale Form der Anti-Antifa
    Warum, so wird nach dem Erscheinen des Buchs oft gefragt, hat die Linke immer auf Auschwitz gestarrt, anstatt die Verbrechen der Linken zu sehen? Wäre die Frage ernst gemeint, wäre die Antwort leicht: Der nette weißhaarige Herr, der einem in der Straßenbahn gegenübersitzt, ist nun mal mit ca. 1000-mal größerer Wahrscheinlichkeit ein SS-Einsatzgruppenleiter gewesen als ein Parteikommissar in Kambodscha. Diese Leute haben dieses Land aufgebaut und wir leben darin, insoweit müssen wir uns eben damit herumschlagen.

    Aber es geht natürlich um etwas anderes: Die Anzahl der Opfer — bei deren Berechnung verfährt der Herausgeber zum Ärger seiner Mit-Autoren ziemlich großzügig — soll zeigen, daß Auschwitz in Zukunft kein Argument mehr für Kapitalismuskritik sein kann. Horkheimer hat einmal gesagt, daß wer vom Kapitalismus nicht reden will, auch vom Faschismus schweigen solle. Vom „Kapitalismus“ wollen Ex-Linke und Neu-Rechte schon länger nicht mehr reden, der heißt mittlerweile ‘Zivilgesellschaft’. Darum soll in Zukunft auch vom Faschismus geschwiegen werden. Oder doch zumindest nicht mehr geredet werden dürfen, ohne den Hinweis, daß die bislang einzig existente Alternative zum Kapitalismus eben genauso böse oder sogar noch schlimmer war.

    Getroffen wird damit eine Linke, die vom Faschismus nichts weiß, außer, daß viele Leute ermordet wurden. Aber nicht, daß sechs Millionen Menschen ermordet wurden, ist das singuläre an Auschwitz, sondern daß eine Gruppe von Menschen als übermächtiger, von der Natur aus böser Feind halluziniert wurde, deren vollständige Vernichtung für die arische Rasse die einzige Überlebenschance gewesen wäre. Darum hatten die Nazis auch tatsächlich vor, alle Juden dieser Welt umzubringen — und das erklärt auch den Unterschied zwischen staatssozialistischen Arbeits- und nationalsozialistischen Vernichtungslagern. Und auch die Zwangsarbeit im Faschismus hatte nun einmal andere Gründe als im Realsozialismus, wie ja auch Formen und Gründe des Wirtschaftens ziemlich unterschiedlich waren.

    Seit 1989 haben viele Linke sich etwas mehr mit der gesellschaftlichen Realität beschäftigt. Seit dem schwarz-rot-goldenen Fahnentaumel wissen sie auch, daß sie nicht im Namen der Volksmassen sprechen und die Geschichte nicht automatisch auf ihrer Seite ist. Das hat auch zu einer Neubewertung des Faschismus als letzter und brutalster Konsequenz des alltäglichen Nationalismus geführt, weswegen konsequenter Antifaschismus nun mal bei der gesellschaftlichen Grundlage des Faschismus anfangen muß: eben mit dem nationalstaatlich verfaßten Kapitalismus. Genau eine solche Konsequenz aus dem offiziellen Antifaschismus ist nicht erwünscht. Wer die bürgerliche Demokratie und den kapitalistischen Nationalstaat kritisiert, der soll in Zukunft mit dem Hinweis auf die „Opfer des Kommunismus“ mundtot gemacht werden. Mensch weiß ja jetzt, wohin das führt...

    Deswegen werden all jene, die früher mal Linke waren und nunmehr die bürgerliche Demokratie hochleben lassen, auch ziemlich fünsch, wenn jemand ihre Absage an linke Gesellschaftskritik in Frage stellt. Da endet dann plötzlich die Toleranz — „keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“ — und die „offene Gesellschaft“ geht ziemlich geschlossen gegen ihre Gegner vor. Gegen ihre linken Gegner — aber das ist wirklich nichts neues.
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    Geändert von Apotheos (28.10.2009 um 16:07 Uhr)

  2. #2
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    Ingesyndrom.

  3. #3
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    Zitat Zitat von Praetorianer Beitrag anzeigen
    Ingesyndrom.
    Gehts auch konkreter?

  4. #4
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    Zitat Zitat von Apotheos Beitrag anzeigen
    Gehts auch konkreter?
    Ok, Vollzitate ohne Quellenangabe sind meines Wissens untersagt. Da es eie bestimmte Userin gibt, die lange Zeit permanent dagegen verstieß, fällt das hier unter den Begriff "Ingesyndrom", ich verrate aber nicht welche Userin das ist.

  5. #5
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

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  6. #6
    SchwanzusLongusGermanicus Benutzerbild von ABAS
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    @ Apotheos:

    Wer sind die Autoren dieses Werkes ?

    Ich würde denen gerne Danke für Nichts sagen !

    " Streicht die Kuechenabfaelle fuer die Aussaetzigen! Keine Gnade mehr bei Hinrichtungen!
    Und sagt Weihnachten ab! "

    (Sheriff von Nottingham)

  7. #7
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    Zitat Zitat von ABAS Beitrag anzeigen
    @ Apotheos:

    Wer sind die Autoren dieses Werkes ?

    Ich würde denen gerne Danke für Nichts sagen !

    Die JD/JL. Der Wert einer Meinung hängt selbstverständlich von der eigenen Perspektive ab

  8. #8
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    ... Dort gab es eine kommunistisch-sozialistische Gegenkultur, die in Deutschland mit dem Machtantritt der Nazis beseitigt wurde. ...

    Tja, und die zweite, kommunistisch-sozialistische Gegenkultur wurde mit den Montagsdemonstrationen beseitigt. Auf unser Volk ist halt Verlass. :]

  9. #9
    SchwanzusLongusGermanicus Benutzerbild von ABAS
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    Zitat Zitat von Apotheos Beitrag anzeigen
    Die JD/JL. Der Wert einer Meinung hängt selbstverständlich von der eigenen Perspektive ab
    Na klar !

    Ich habe mir gerade in meiner Phantasie vorgestellt, das dieses
    "Schwarzbuch des Kommunismus" einige hohen Politiker oder
    Wirtschaftsführer der VR China lesen.

    Es wäre sicherlich ein "Schenkelklopfer" und sie kämen aus dem
    Lachen nicht mehr heraus.

    Die heutige, kommunistisch geprägte, aber freie Marktwirtschaft
    in der VR China hat den Begriff Kommunismus modifiziert und
    evolutioniert. Es ist nicht mehr wie vorher und wie es in der
    Vergangenheit war. Der Klassische Kommunismus ist beerdigt.

    :cool2:
    " Streicht die Kuechenabfaelle fuer die Aussaetzigen! Keine Gnade mehr bei Hinrichtungen!
    Und sagt Weihnachten ab! "

    (Sheriff von Nottingham)

  10. #10
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    Standard AW: Schwarzbuch des Kommunismus

    Sollte § 130 StGB nicht auch für Leugner dunkelrot motivierter Massenmorde gelten?

    Ersetze den in der Nazi-Rhetorik vorkommenden unwissenschaftlichen Begriff "Rasse" durch "soziale Schicht, in die man hineingeboren wird" - dann landet man unweigerlich bei dem massenmörderischen Vokabular derer von linksaußen.
    "Wenn der Faschismus einmal wiederkehrt, wird er nicht so dumm sein zu sagen, er wäre der Faschismus. Er wird sagen, er sei der Antifaschismus." (Ignazio Silone)
    "In der Demokratie mästen sich Sozialisten in Parlamenten, im Sozialismus hungern Demokraten im KZ."
    "There's no business like Shoah-Business!"

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