Am 28. Juni 2018 wurde im Bundestag der Antrag der AfD vorgestellt und debattiert, der die Regierung auffordert, sämtliche „Klimaschutzbemühungen“ wegen erwiesener Nutz- und Wirkungslosigkeit einzustellen. Aus der anschließenden Debatte ragten drei Beiträge hervor, den zweiten will ich hier jetzt vorstellen und ein wenig analysieren: den von Dr. Anja Weisgerber, CSU.
Alle diese Beiträge hatten den gemeinsamen Nenner, dass keiner der Redner den Antrag gelesen hatte, oder wenn doch, er ihn nicht verstanden hatte, oder wenn doch, er wider besseres Wissen das Gegenteil dessen behauptete, was im Antrag steht. Das ist ein starkes Stück, aber wohl normales Verhalten der Altparteien im Deutschen Bundestag.
Anlass der Rede von Weisgerber war die Rede des umweltpolitischen Sprechers der AfD-Fraktion, Karsten Hilse, sowie der Antrag, den er damit ins Plenum einbrachte.
Was steht im AFD-Antrag?
Zum besseren Verständnis will ich hier den Inhalt des Antrages – der für Anträge von Fraktionen ungewöhnlich detailliert begründet wurde – kurz umreißen. Er zeigt auf: dass die Bemühungen der Bundesregierung, die deutschen CO2-Emissionen zu senken, seit 2008 – also seit zehn Jahren – keine merkbaren Ergebnisse erbrachten, also rundherum gescheitert sind; dass auch dann, wenn diese Bemühungen erfolgreich sein und bis zum bitteren Ende fortgesetzt würden, das Verschwinden der deutschen Anteile an der Anreicherung des CO2 in der Atmosphäre – vorausgesetzt, dass die Treibhaus-Hypothese à la IPCC stimmt – nur eine Minderung des Anstiegs der hypothetischen globalen Mitteltemperatur um 0,000653 bewirken würde; dass auch die geplanten Absenkungen sowohl des Primär- als auch des Energieverbrauchs uneinholbar weit unter den klar formulierten Zielen bis 2020 liegen und damit auch die Ziele für 2030 und später uneinholbar weit entfernt liegen und dass die ebenfalls geplante Umstellung des Individualverkehrs auf E-Mobilität sie noch weiter ins Land Absurdistan verschöbe; dass auch die klar formulierten Zwischenziele des „Klimaschutzplans 2050“ und seiner jeweiligen Unterpläne im Bereich des Anteils der „Erneuerbaren“ am Endenergieverbrauch bis 2020 weit verfehlt würden; dass dies alles auch der Bundesregierung bekannt ist oder sein müsste, was sie trotz totaler Zielverfehlung, also völligen Versagens, nicht davon abhält, zum Beispiel allein im Ausland für diese in jeder Hinsicht unsinnigen Maßnahmen allein im Jahr 2016 8,4 Milliarden Euro zu verschleudern; dass, wenn man die inzwischen relativ sichere Größe des Wertes für die Klimasensitivität (ECS-Wert) von einem Kelvin oder kleiner zugrundelegen würde, jedes Klimaproblem zum Nicht-Problem wird; dass, weil niemand ausschließen kann, auch die AfD nicht, dass es in Zukunft zu beschwerlichen, vielleicht gefährlichen Klimaänderungen aus natürlichen Ursachen kommen könnte, es sinnvoll wäre, zehn Prozent der Mittel, die heute für den „Klimaschutz“ aufgewendet werden, als Vorsorge in einen Zukunftsfonds einzuzahlen, um dann die für alle Menschen, die ihre fünf Sinne beieinander haben, einzig sinnvolle Schlussfolgerung zu ziehen, diesen verschwenderischen Unsinn einzustellen.
All dies wird bereits auf den Seiten 2 und 3 der Begründung vorgetragen. Und keiner der Debattenredner sah sich in der Lage, diese Angaben anzuzweifeln. Doch jeder missverstand sie und fabulierte sich eigene Ergebnisse zusammen, die häufig überhaupt nichts mit den im Antrag erwähnten zu tun hatten.
Der Antrag enthielt auch keinerlei Hinweis darauf, dass die AfD den Klimawandel als solchen negiert. In den Punkten 3 und 4 wurde hingegen korrekt darauf hingewiesen, dass es für die Wirkung des CO2 auf das Klima keinerlei Belege gibt, und ferner, dass die ebenfalls hypothetische „Wohlfühltemperatur“ von 15 Grad Celsius niemals in den letzten 150 Jahren überschritten wurde. Auch deswegen gäbe es also keinerlei Handlungsbedarf.
In der dann folgenden „Detaillierten Begründung“ wird das oben gesagte ausführlich mit klaren Quellenangaben wiederholt und zusätzlich die vermutete Wirkung des CO2 über den sogenannten Treibhauseffekt auf die globale Mitteltemperatur erläutert. Korrekt erwähnt wird, dass es sich dabei um die unbewiesene Hypothese handelt, wie sie von den Wissenschaftlern des IPCC – fälschlich zum „Weltklimarat“ veredelt – vertreten wird. Quellenangaben dazu wären an dieser Stelle überflüssig, weil die inzwischen in jedem Schulbuch sinngemäß stehen.
Wer ist Dr. Anja Weisgerber?
Bei Wikipedia finden wir: „Nach dem Abitur am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium Schweinfurt im Jahr 1995 studierte Anja Weisgerber 1995 bis 2000 Rechtswissenschaft an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Universität Lausanne und schloss das Studium mit dem Ersten Staatsexamen ab. 2003 legte sie das Zweite Staatsexamen ab und promovierte zum Thema ‚Parlamentarische Untersuchungsausschüsse‘. 2003 arbeitete Anja Weisgerber bei der Price Waterhouse Coopers Veltins Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München, und seit 2004 ist sie Rechtsanwältin. Anja Weisgerber ist evangelisch und mit dem Physikprofessor Carsten Deibel verheiratet. 2011 kam ihre Tochter zur Welt; 2013 wurde ihr Sohn geboren. Anja Weisgerber ist ehemalige bayerische Meisterin im Tennis.“
Und auf der offiziellen Webseite des Deutschen Bundestages wird unter „Mitgliedschaften und Ämter im Bundestag“ ergänzt: „Obfrau Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit“, „Ordentliches Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit; Unterausschuss Europarecht; Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen; Stellvertretendes Mitglied Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz“.
Die Weisgerber-Rede
Weisgerber behauptet schon ganz am Anfang: „Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag die Abkehr von allen Gesetzen und Verordnungen in der Klimapolitik, die Aufgabe aller Klimaziele, die Beendigung aller nationalen und internationalen Verpflichtungen und die Entlassung aller Klimamanager und Mitarbeiter in ganz Deutschland, die sich mit diesem Thema befassen – ‚sozialverträglich‘, schreiben Sie in Ihrem Antrag“ (Heiterkeit bei Abgeordneten der Linken) „und das mit der Begründung: CO2 ist das ‚Gas des Lebens‘“.
Während die Auflistung der Forderungen korrekt ist, hat die AfD sie niemals mit der Feststellung begründet, dass CO2 das „Gas des Lebens“ sei. Das ist also glatt gelogen.
Dann behauptet die promovierte Juristin Weisgerber locker-flockig, aber wahrheitswidrig weiter: „Mei*ne Da*men und Her*ren, so gut wie alle Wis*sen*schaft*ler welt*weit sa*gen, dass Kli*ma*ga*se wie CO2 den Klimawan*del be*för*dern und die*ser auch men*schen*ge*macht ist. Sie sind die ein*zige Par*tei im Bun*des*tag, die den Kli*ma*wan*del kom*plett ver*leugnet.“
Offensichtlich ist der Dame nicht klar, worüber sie redet, sonst würde sie solch leicht zu widerlegenden Unsinn nicht öffentlich behaupten. Sie sollte wissen, dass sich „so gut wie alle Wis*sen*schaft*ler weltweit“ mit völlig anderen Themen beschäftigen als mit dem Klimawandel. Und nur ein zwar unbekannter, aber sicher kleiner Bruchteil der „Wis*sen*schaft*ler weltweit“ forscht überhaupt zum Klimawandel.
Und von denen gibt es viele, die die Hypothese vom menschgemachten Klimawandel unterstützen und vielleicht mindestens ebenso viele, auch wenn sie öffentlich kaum zu Wort kommen, die das nicht tun. Denn allein in den ersten Monaten 2017 kamen knapp 500 zu den Tausenden von Publikationen hinzu, die anderer Meinung sind, als Weisgerber ihren Autoren unterstellt. Inzwischen dürften es weit mehr sein. Und nirgends steht im AfD-Antrag, dass die Partei „den Kli*ma*wan*del kom*plett ver*leugnet“. Im Gegenteil; sie akzeptiert ihn als naturgegeben und fordert deswegen die Einrichtung eines Fonds für spätere Generationen, um sie in die Lage zu versetzen, dessen gegebenenfalls negative Folgen zu bewältigen. Erneut lügt also Weisgerber, oder – wahrscheinlicher – sie weiß nicht, wovon sie redet.
Dann lässt sich Weisgerber – nach eigenem Bekunden hat sie sich intensiv damit auseinandergesetzt – des Längeren über die unbestrittene Düngewirkung des CO2 aus, erst bestätigt sie sie, dann widerspricht sie ihr, aber nur ein bisschen im nächsten Satz, und lässt sich dann lang und breit über den Treibhauseffekt und seine Wirkung aus. Ohne dabei zu merken, dass die AfD in ihrem Antrag ja rein formal so getan hat, als würde der, wie vom IPCC beziehungsweise seinen Mannen postuliert, funktionieren, um dann die trotzdem extrem geringe Wirkung der (nicht erfolgten, aber) geplanten deutschen Dekarbonisierung numerisch abzuleiten. Das ist ihr völlig entgangen! Stattdessen zählt sie die sattsam bekannten potenziellen zukünftigen Klimafolgeschäden auf, von denen dummerweise – trotz 30 Jahren Klimaalarms – bisher keiner eingetreten ist.
Und die Klima-Zukunft kennen auch nur Klimamodelle. Modelle, von denen keines auch nur die Klimavergangenheit nachbilden konnte. Aber das weiß die promovierte Juristin und umweltpolitische Sprecherin ihrer Fraktion nicht, obwohl sie es wissen müsste. Es macht ihr dann auch nichts aus, Unwetterschäden, die jüngst in ihrem Heimatort auftraten, ungeniert dem „Klimawandel“ anzulasten. Dabei sagt sie wirklich und wahrhaftig: „Man muss auch gar nicht in die Ferne schauen: In meinem Heimatort hat es vor wenigen Wochen ein so starkes Unwetter gegeben, dass es allein in einem kleinen Ortsteil 200 Feuerwehreinsätze gegeben hat, weil die Keller vollgelaufen sind, teilweise auch die Erdgeschosse.“ Na so was! Sogar die Erdgeschosse! Das kann nur ein echter Klimawandel bewirken!
Anschließend schränkt sie das zuvor Gesagte zwar noch ein wenig ein, weiß aber immer noch nicht, wo die Glocken hängen, die sie hört, denn sie sagt weiter: „Man kann Wet*ter und Kli*ma nicht komplett gleich*set*zen, das stimmt. Aber die Ex*per*ten sa*gen, dass die Zahl der Ext*rem*wet*te*re*reig*nis*se in den letz*ten Jah*ren stark zu*ge*nom*men hat.“ (Jür*gen Braun (AfD): „Wel*che Ex*per*ten?“) „Das ist ein*fach Fakt, mei*ne Da*men und Her*ren.“
Selbst das IPCC und der Deutsche Wetterdienst – zumindest in seinen Daten – sagen zwar das komplette Gegenteil, aber glauben heißt eben: nicht wissen. Und eines hat Weisgerber immer noch nicht begriffen, nämlich dass man Wetter und Klima überhaupt nicht gleichsetzen darf, auch nicht ein wenig. Obwohl das eine aus dem anderen folgt. Es sind und bleiben zwei Paar Schuhe. Ebenso wie man Wasser und Dampf nicht gleichsetzen darf, obwohl Wasser zu Dampf werden kann. Macht man es trotzdem, zeigt man nur, dass man nicht weiß, wovon man redet.
Und so bekennt sich Weisgerber dann lieber zur Glaubenslehre der Kirche von der globalen Erwärmung – trotz der auch von ihr unbestrittenen Nichterreichung aller Ziele und der vollkommenen Nutzlosigkeit des deutschen Einsparpotenzials: „Wir be*ken*nen uns wei*ter*hin zu un*se*ren Kli*ma*zie*len – na*ti*o*nal, europä*isch und in*ter*na*ti*o*nal. Wir sa*gen, dass wir die Kli*ma*schutz*lü*cke so weit wie mög*lich schlie*ßen wollen und dass wir das Kli*ma*ziel 2030 in je*dem Fall er*rei*chen wol*len, mei*ne Da*men und Her*ren. Deshalb ist es wich*tig, dass wir schon heu*te den rich*ti*gen Weg einschla*gen.“
Wer glaubt denen noch? Wer wählt die noch?