Steinkohlewälder und Amphibien – das Karbon
Die Bezeichnung Karbon für den Zeitraum vor 359 bis 299 Millionen Jahren leitet sich vom lateinischen carbo für Kohle ab: In diesem Zeitraum wuchsen auf einer Erde mit tropischem Klima ausgedehnte Wälder, die von Bärlapp- und Schachtelhalmgewächsen sowie Baum
farnen gebildet wurden, die bis zu 40 Meter hoch waren. Diese Wälder bildeten den größten Teil der heutigen >> Kohlelager, als die Bäume nach ihrem Absterben in den Sümpfen verrotteten und schließlich durch anderes Material bedeckt und zusammengedrückt wurden. Damit wird auch anschaulich, welch riesige Mengen Pflanzenmaterial es damals gegeben hat, welche Mengen Kohlenstoff die Pflanzen also aus der Atmosphäre entfernt haben. Zu Beginn des Karbon betrug der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre etwa
1.500 ppm (im Vergleich zu heute 380 ppm); die Erde war etwa 10 Grad wärmer als heute. Mit der Entstehung der Wälder wurde so viel Kohlenstoff gebunden, dass der Kohlendioxidgehalt zurück ging, dafür erhöhte sich der Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre bis auf 35 Prozent (>> Abbildung) – so hoch wie nie zuvor und nie danach. (Beim Abbau organischen Materials wäre Sauerstoff verbraucht worden; der hohe Sauerstoffgehalt im Karbon deutet darauf hin, dass damals organisches Material rasch von Sedimenten bedeckt wurde, was seinen Abbau verhinderte und die Kohlebildung förderte.)
Aber nicht nur große Pflanzen breiteten sich aus: Das Karbon (bis Mitte des folgenden Perm) wird auch oft das Zeitalter der Amphibien genannt, denn Amphibien waren neben Insekten die wichtigsten Vertreter der Tierwelt. Die Insekten eroberten die Luft und „lernten“ das Fliegen, aus den Amphibien entwickelten sich die Reptilien. Diese waren bei ihrer Fortpflanzung nicht mehr auf Gewässer angewiesen, da ihre Embryonen sich in einem wasserdichten Ei in einer mit Fruchtwasser gefüllten Höhle entwickelten; eine “Erfindung”, die die Besiedelung des Landes erleichtern sollte und später auch von den Vögeln und Säugetieren beibehalten wurde. Mit dem hohen Sauerstoffgehalt der Atmosphäre ging auch ein Größenwachstum der Tiere einher, es gab bis zu 70 Zentimeter lange Skorpione und Libellen mit 60 Zentimeter Spannweite. (Was hat der Sauerstoffgehalt mit der Größe zu tun? Insekten und die anderen Gliederfüßer haben keine Lungen, sondern ein fein verzweigtes Kanalsystem – von den Biologen “Tracheen” genannt -, das den Sauerstoff im Körper verteilt. Beim heutigen Sauerstoffgehalt reicht dieses nur für kleine Tiere, bei höherem Sauerstoffgehalt kann man so aber auch die Organe größerer Tiere versorgen.)