Die griechische Krise hat deutsche Wurzeln.So schreibt die Financial Times am 3. Dezember 2009, in Griechenland seien die Lohnstückkosten übermäßig stark gestiegen, während sie in Deutschland seit Beginn der EWU fast konstant geblieben seien, was die griechische Wirtschaft schon lange krank aussehen ließ.
Das ist richtig: Nach Daten der EU-Kommission sind die Lohnstückkosten, die wichtigste Determinante der Wettbewerbsfähigkeit in einer Währungsunion, in Griechenland von 1999 bis 2009 um 26 Prozent gestiegen, in Deutschland aber nur um gut acht Prozent. Was aber ist damit gesagt? Entsprechen den Zielvorstellungen der EWU eher konstante Lohnstückkosten oder steigende?
Darauf gibt es eine klare Antwort. Die EWU hat nämlich ein Inflationsziel von jährlich leicht unter zwei Prozent. Zu einem solchen Inflationsziel passen zweifellos Lohnstückkostenzuwächse von leicht unter zwei Prozent, sagen wir 1,9 Prozent. Kumuliert man die über zehn Jahre, kommt man auf knapp 21 Prozent Zuwachs.
21 Prozent sind also die Norm, an die sich alle hätten halten sollen. Griechenland landet bei 26, Deutschland bei acht; die EWU ohne Deutschland erreicht fast 27 Prozent. Wer hat stärker gegen die Regeln des Vertrags verstoßen, derjenige, der fünf Prozentpunkte über seinen Verhältnissen gelebt hat, oder der, der 13 Prozentpunkte unter seinen Verhältnissen gelebt hat? Und wie viel Schaden hat der größere Sünder dem kleineren zugefügt?
Wie kann man in Brüssel zulassen, dass ein Mitgliedsstaat in der internationalen Presse und bei den Ratingagenturen schlechtgemacht wird, während ein anderer, der weit mehr gegen gemeinsame Regeln verstoßen hat, gefeiert wird?