Sehen sich schon Eltern in "offenen" Kulturkreisen in ihren erzieherischen Kontrollfantasien bedroht, wird verständlich, dass diese von Erwachsenen nicht mehr kontrollierbare Spielwelt in streng hierarchisch strukturierten Gesellschaften auf ganz erheblichen Widerstand bis hin zum Verbot wie in Saudi-Arabien im Jahr 2000 führen musste. Wie der Islamwissenschaftler Henner Kirchner (Justus-Liebig-Universität, Gießen) mitteilt, wurden in diesem Land nach einem religiösen Gutachten, einer Fatwa, auch die Pokémon-Karten verboten, da dort angeblich der jüdische Davidstern, das christliche Kreuz und das von den Freimaurern verwendete Dreieck zu finden seien. Ein weiterer Grund sei der Umstand, dass das Spiel mit den Karten eine Art des (verbotenen) Wettspiels um Geld darstelle. Ferner befürworte die Pokémon-Entwicklung die darwinsche Evolutionstheorie und widerspreche somit den Lehren des Islam.
Auch Muslime aus Jordanien und Ägypten beargwöhnten Pokémon als Teil einer jüdischen Verschwörung zur Beeinflussung muslimischer Kinder. Die gerne verbreitete These,
Pokémon sei ein
japanisches Wort, das
Ich bin Jude bedeutet, ist eindeutig falsch. Von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde wiederum wurde Pokémon wegen der Verwendung der Swastika, des bekanntesten Symbols des Nationalsozialismus, auf einer bestimmten Pokémon-Sammelkarte kritisiert. Hierbei handelt es sich um ein kulturelles Missverständnis, denn die Swastika gilt in fernöstlichen Kulturen als Glückssymbol des Buddhismus. Auf das Drängen jüdischer Gemeinden hin stoppte Nintendo dennoch die Verwendung des Symbols. Bis hin zu skurrilen Gruppen wie Satanisten gab es eine Fülle weiterer Versuche, die Verbreitung des Spiels zu verhindern.