Die Rede des iranischen Präsidenten Achmadinejad vor der UN-Hauptversammlung am 23. September 2009 könnte wohl kaum ein besserer Grund für die Aufforderung sein, Schuhe zu werfen. Wie eine Schallplatte mit Sprung wiederholte der iranische Präsident erneut seine rhetorischen Ausfälle gegenüber Israel und benahm sich dabei wie ein Elefant im Porzellanladen. Dabei machte er erneut jede Hoffnung zunichte, einmal auf sachlicher Ebene über den Nahostkonflikt diskutieren zu können. Diesmal war man sich auch weitgehend darüber einig, dass kein Übersetzungsfehler vorgelegen hat, als er den Holocaust als "Märchen" abgetan hat. Ein "Mythos" wie z. B. Woodstock drückt ja lediglich die übersteigerte Bedeutung eines Ereignisses aus. Wenn jemand hingegen von einem "Märchen" spricht, gibt es keinen Zweifel darüber, dass er dieses Ereignis für eine Lüge hält. Damit widersprach Achmadinejad auch einigen seinen früheren Aussagen, mit denen er den Holocaust eingeräumt hatte. Fettnäpfchen!
Aber auch die Delegierten, die bei der Rede schnell den Fisch gemacht hatten, konnten nicht wirklich jemanden beeindrucken. Dafür ihre Beine in die Hand zu nehmen, werden diese Damen- und Herrschaften vom Steuerzahler schließlich nicht bezahlt. Weder in der islamischen Welt, noch bei uns im Westen dürfte diese Aktion Begeisterungstürme hervorgerufen haben.
Dabei könnten wir von den Arabern lernen, denn wie kann es sein, dass ein einzelner irakischer Journalist, Muntazer al-Zaidi, mehr Mut hat wie alle Delegierten der UN-Hauptversammlung zusammen? Dieser hatte bekanntlich zwei Schuhe auf George W. Bush geworfen, der ebenso wie Achmadinejad auf Ablehnung sowohl im Westen, wie auch in der in der islamischen Welt gestoßen ist. Die Delegierten werden jetzt sagen, Schuhe werfen entspreche nicht dem Niveau eines Parlamentariers. Frage: Was entspricht denn deren Niveau? Das Abhalten von Mammutsitzungen, die meist nicht zum gewünschten Ergebnis führen?
Ist das Werfen von Schuhen Terrorismus? Es wäre doch sinnvoller zu fragen, wann machen wir uns zu Mittätern, und wann ist ziviler Ungehorsam legitim? Es gab in der Menschheitsgeschichte so ziemlich keinen Märtyrer, der berechtigte Reformen durch das Abhalten von Kaffeekränzchen herbeigeführt hat. So widersprachen schon Jesus und Luther der Obrigkeit auf eine Weise, die damals als "Majestätsbeleidigung" und "Gotteslästerung" betrachtet wurde. In den 40er Jahren bezeichneten die Geschwister Scholl die damalige deutsche Regierung völlig zurecht als ein "Terrorregime", was heutzutage den Tatbestand der "Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole" erfüllen würde. In den 60er Jahren organisierte Martin Luther King Sitzblockaden, die gegen gültiges Recht verstoßen hatten. Aber es gab wohl kaum ein geeigneteres Mittel, um auf die Unterdrückung der Farbigen in den USA aufmerksam zu machen.
Doch es gab auch andere, wie z. B. die RAF-Terroristen, Osama Bin Laden und George Bush, die sich selbst zwar auch zu Märtyrern erklärt haben, aber weltweit auf wenig Akzeptanz mit dieser Selbsteinschätzung gestoßen sind. Die Gründe dafür liegen in der Verhältnismäßigkeit der Mittel: Verbale Attacken gegen die Obrigkeit, Flugblätter, Sitzblockaden, sozialkritische Lieder und fliegende Schuhe fallen von meinem Verständnis her immer unter zivilen Ungehorsam. Wer hingegen Folter, Knarren, Maschinengewehre, Bomben, Attentate, entführte Flugzeuge, Feuerstürme und obdachlose Zivilisten als legitimes der politischen Auseinandersetzung betrachtet, nimmt die Bestrafung Unschuldiger billigend in Kauf. Daher frage ich mich, ob manch fliegender Schuh zum richtigen Zeitpunkt der Menschheit so einiges von ihrem Leid erspart hätte...
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Einen frohen ersten Weihnachtsfeiertag wünscht Euch der Punisher