Die moderne Form des Protektionismus: Amokfahrende Autos
Blockierte Gaspedale, defekte Ölschläuche, klemmende Bremsen – was ist denn auf einmal los mit dem ehemaligen Branchen-Primus, dessen Prius für neue Schlagzeilen sorgte? Rückrufaktionen gab es immer, jeder Autohersteller war davon schon betroffen und hat natürlich panische Angst vor solch negativer Werbung.
Aber geht hier beim Thema Toyota noch alles mit rechten Dingen zu oder stecken vielleicht finstere Absichten der Wettbewerber hinter den seltsamen Vorkommnissen?
Die Welt berichtete am 03.03.2010 dazu folgendes:
Toyota: Jetzt sind es die Ölschläuche
Washington – Nach den Problemen mit Gaspedalen und Bremsen sorgen nun auch defekte Ölschläuche bei Toyota-Fahrzeugen für Schwierigkeiten. Es gebe zwar keine weitere Rückrufaktion, Toyota tausche den Schlauch derzeit aber “freiwillig” bei 1,3 Millionen Autos in Nordamerika aus, sagte eine Sprecherin.
Stattlich, eine ganze Menge Autos und sicher auch hohe Kosten. Doch die gesamte Rückrufaktion mit den vorherigen bekannt gewordenen Mängeln dürfte deutlich teurer gewesen sein. Dazu veröffentlichte der Spiegel am 09.03.2010 diese Zahlen:
Das Debakel um Millionen klemmende Gaspedale dürfte Toyota teuer zu stehen kommen: Analysten rechnen mit Belastungen von bis zu fünf Milliarden Dollar im laufenden Jahr. Grund sind teure Rechtsstreitigkeiten, aufwendige Verkaufskampagnen und drohende Absatzeinbrüche.
Diese Kosten sind immens und in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage ein existenzielles Problem, zumal die USA der größte Absatzmarkt für Toyota sind. Der Spiegel schrieb von inzwischen 89 Sammelklagen gegen Toyota, in welchen enttäuschte Amerikaner “den Ersatz des Wertverlustes fordern, den gebrauchte Toyota-Modelle seit Beginn der Pannenwelle erlitten haben”.
Rechtsstreitigkeiten in den USA sind bekannt für die wahnsinnigen Beträge, die immer wieder fällig werden. Da dieses Thema noch längst nicht ausgestanden ist, muss Toyota zudem bangen, dass zu den bisher ausgesprochenen 5,4 Millionen, allein in den USA zurückgerufenen Wagen, noch weitere hinzukommen. Weltweit waren es sogar 8,7 Millionen Fahrzeuge, die einen Rückruf erhalten haben.
Die Folgen dieser Pannen bekommt der Autohersteller bereits zu spüren. Der Spiegel schrieb dazu weiter:
Trotz der negativen Medienberichterstattung sei der US-Marktanteil im Februar zunächst nur von 14 Prozent auf 12,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen. Toyota stemme sich derzeit mit einer teuren Absatzkampagne in den USA gegen einen Absatzeinbruch.
Nun, der Marktanteil zeigt die Dimensionen des Schadens für Toyota nicht direkt. In den Yahoo-News wurden am 02.03.2010 weitere Zahlen genannt:
Der von einer massiven Rückrufaktion betroffene japanische Autobauer Toyota hat im Februar im US-Geschäft einen Einbruch seiner Verkaufszahlen um 8,7 Prozent hinnehmen müssen. Mit exakt 100.027 verkauften Fahrzeugen sei der Rückgang im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings etwas geringer als erwartet ausgefallen, teilte das Unternehmen am Dienstag in Chicago mit. Analysten hatten einen mehr als zehnprozentigen Einbruch vorhergesagt.
Ein Rückgang der Verkaufszahlen von fast zehn Prozent in einem einzigen Monat und das nur wegen einer großen Rückrufaktion ist mehr als bedenklich und höchst kritisch.
Könnte es vielleicht sogar sein, dass dieser Rückgang irgendwem noch nicht hoch genug war? Am 09.03.2010 schaute ganz USA auf einen quasi amokfahrenden Toyota Prius, dessen Fahrer sein Auto angeblich nur noch mit Hilfe der Polizei stoppen konnte. Die Welt berichtete von diesem Manöver am 09.03.2010:
Auf einem US-Highway hat es erneut einen Vorfall mit einem unkontrolliert beschleunigenden Toyota-Fahrzeug gegeben. Der 61-jähriger Fahrer eines Toyota Prius war auf der viel befahrenen Interstate 8 bei San Diego unterwegs, als er nach Angaben der Autobahnpolizei merkte, wie sein Wagen von allein immer schneller wurde.
Obwohl er schließlich mehr als 90 Meilen pro Stunde (fast 145 Stundenkilometer) schnell war, schaffte der erschreckte Fahrer es, die Polizei anzurufen.
Per Lautsprecher wiesen die Polizisten den Mann an, durch wiederholte Betätigung der Handbremse und dann Abschalten des Motors abzubremsen. Als der Toyota langsamer wurde, setzte sich ein Polizeiwagen vor ihn, fuhr in eine Haltebucht und brachte mit der hinteren Stoßstange das Auto endgültig zum Stehen.
Höchst seltsam, dass der Fahrer nicht einfach die Bremse benutzte, den Leerlauf einlegte – das geht auch bei Automatikautos – oder den Motor abschaltete. Dass die Polizei gar Anweisungen zur Nutzung der Handbremse gab, macht wirklich stutzig, da dies bei der relativ hohen Geschwindigkeit leicht zum Ausbrechen des Hecks und anschließendem Überschlag des Autos führen kann.
Welch ein “Zufall”, dass zudem genau an diesem Tag Toyota die bekannten Probleme öffentlich widerlegen wollte. Dazu die Fortsetzung von der Welt:
Der Vorfall wurde just an dem Tag bekannt, als Toyota mit einer technischen Demonstration Vorwürfe entkräften wollte, Probleme mit dem elektronischen Kontrollsystem hätten zu plötzlicher und ungewollter Beschleunigung geführt.
Gut abgepasst könnte man meinen. In einem weiteren Artikel der Welt vom selben Tag berichtete der Fahrer des “Amok-Prius”:
James Sikes aus Kalifornien ist froh, noch am Leben zu sein. Nach seinem Schreckenstrip bei Tempo 150 in einem unkontrollierbaren Auto berichtete er nun über die Einzelheiten seiner Rettung. Seine langjährige Liebe zu Toyota habe einen schweren Dämpfer erlitten – und er zittert immer noch.
Sikes beschreibt sein Abenteuer und erklärt, dass er sich nur noch durch den Notruf an die Polizei zu helfen wusste. Er erklärte:
“Überall, links und rechts, waren Autos. Dann schlug der Beamte mir vor, die Automatik auf ‚Neutral’ zu schalten. Aber ich sagte, ich hätte Angst vor einem Auffahrunfall, wenn ich so abrupt stehen bliebe. Wieder verlor ich das Handy und weil ich es nicht erreichen konnte, brüllte ich die ganze Zeit, um den Kontakt zu halten.“
Soso, bei Neutral bleibt man also abrupt stehen? Man brüllt in ein runtergefallenes Handy, um den Kontakt zu halten? Man kommt nicht auf die Idee, den Motor abzuschalten? Man muss sich von der Polizei medienwirksam stoppen lassen?
Das klingt nach einer seltsamen Veranstaltung. Ob es tatsächlich inszeniert ist, wissen wir nicht. Aber der Effekt, den dieser angebliche Fast-Unfall haben wird, dürfte klar sein. Die US-Toyota-Fahrer werden sich jetzt bestimmt präventiv massenhaft in die nächste Werkstatt begeben, was den Autohersteller nochmals sehr viel Geld kosten wird. Kaufinteressenten werden sich außerdem dreimal überlegen, ob sie sich dieses japanische Auto zulegen sollen. Doch wozu ein Risiko eingehen?
Ob dies den amerikanischen Autoherstellern wirklich hilft? im-auto.de berichtete am 06.03.2010 über einen Rückruf von General Motors:
Im Gegensatz zu Toyota gibt es bei GM dann auch keine Probleme mit Gas- oder Bremspedalen, sondern mit der Servolenkung!
1,3 Millionen „GMs“ müssen daher in die Werkstatt, wobei nur Modelle betroffen sind, die auf dem (nord)amerikanischen Markt vertrieben wurden.
Auf der anderen Seite kann sich jedoch Ford über sein Geschäft nicht beklagen, wie Ad Hoc News am 02.02.2010 bereits veröffentlichte:
Der US-Autohersteller Ford hat im Januar auf dem Heimatmarkt wieder deutlich mehr Fahrzeuge verkauft. Der Absatz stieg im Vergleich zum Vorjahresmonat um knapp ein Viertel auf rund 116.500 Stück, wie das Unternehmen am Dienstag in Dearborn mitteilte. Damit sei den Berechnungen zufolge ein Marktanteil von rund 16 Prozent erzielt worden, eine Steigerung von zwei Prozentpunkten zum Vorjahr.
Wann immer solche seltsamen “Zufälle” geschehen, sollte man hellhörig werden. Natürlich kann es wirklich ein Zufall gewesen sein, aber dazu erscheint die Geschichte des “Amok-Prius” doch sehr abenteuerlich.
Diese Art von Protektioniusmus ist jedenfalls gesünder für die Beziehungen zwischen den USA und Japan, als wenn die Amerikaner Einfuhrzölle oder -verbote erheben würden, um ihre eigene Automobilindustrie zu stärken. Wie es heute üblich ist, werden die Menschen “freiwillig” dazu gezwungen, Dinge zu tun oder zu lassen, denn dann fragen sie nicht. Allerdings nicht jeder lässt sich so für dumm verkaufen.
DER TERMINATOR LÄSST GRÜSSEN
hasta la vista ,BABE :hihi: