André Shepherd meldete sich zur US-Armee. Als man ihn aber zum zweiten Mal in den Irak schicken wollte, verließ er unerlaubt die Truppe. "Ich wollte kein Blut an meinen Händen." Weil Shepherd in den USA eine lange Haft erwartet, hofft er in Deutschland auf Asyl – mit der heiklen Begründung,
der Krieg sei völkerrechtswidrig....
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Shepherd verpflichtete sich für 15 Monate zum Militärdienst, wobei der Vertrag eine Klausel enthielt, die es der Armee ermöglichte, ihn insgesamt acht Jahr lang als Soldat einzusetzen. Stationiert im fränkischen Katterbach, wurde Shepherd im September 2004 in den Irak geschickt. Während des mehrmonatigen Einsatzes seien ihm erste Zweifel gekommen, sagt Shepherd. „Ich habe mit anderen Soldaten gesprochen und auch mit Irakern.
Irgendwie waren sich alle einig, dass unsere Anwesenheit in diesem Land überhaupt keinen Sinn machte.“
Als Mechaniker für Hubschrauber vom Typ Apache war Shepherd auch während der Schlacht um Falludscha im Spätherbst 2004 im Einsatz. Seine Erlebnisse damals haben ihn tief beeindruckt. Wenn er darüber spricht, ist seine Miene ernst.
„Schulen, Krankenhäuser, alles wurde zum Ziel. Die Armee setzte Belagerungstechniken ein, sie ließ kein Wasser und kein Essen in die Stadt hinein.“ Falludscha sei komplett zerstört worden, so Shepherd. „Ich zog für mich den Schluss, dass ich mit all dem nichts mehr zu tun haben wollte.“
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Es sah so aus, als müsse er das auch nicht. Nach seiner Rückkehr wurde seine Einheit in Katterbach neu organisiert, eine weitere Entsendung Richtung Irak schien unwahrscheinlich. Shepherd arrangierte sich offensichtlich mit seinem Leben als Soldat. Doch im April 2007 kam die Nachricht, dass er erneut in den Irak müsse. „Ich konnte nicht wieder dorthin“, sagt Shepherd heute. „Ich wollte kein Blut an meinen Händen haben. Das erste Mal Irak war schon schlimm genug.“
"Ich sehe die politischen Hindernisse"
Also beschloss er, abzuhauen. Besonders schwierig sei das nicht gewesen, sagt Shepherd. „Ich habe einfach mein Zeug gepackt und bin gegangen.“ Das war im April. Frühjahr, Sommer und Herbst gingen ins Land, Shepherd lebte im Untergrund, schlief bei Freunden mal hier, mal da – immer in der Sorge, von der Polizei aufgegriffen und dem US-Militär übergeben zu werden. Er fand Unterstützung und Kontakt zum Frankfurter Anwalt Reinhard Marx, der am 27. November 2008 für ihn den Asylantrag einreichte.
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Die Begründung in Kürze:
Shepherd drohe bei einer Rückkehr in sein Heimatland eine Bestrafung für die Weigerung, an völkerrechtswidrigen Handlungen teilzunehmen. Marx beruft sich unter anderem auf Artikel 9, Absatz 2, Buchstabe e) der europäischen Richtlinie 2004/83/EG. Diese definiert als „Verfolgung“ im Herkunftsland, die das Aufenthaltsrecht in einem anderen Land begründen kann, unter anderem: „Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen (...) umfassen würde.“
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