Bisher verlief der Massenprotest gegen den ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi friedlich - doch in den Abendstunden kam es zu den ersten Zusammenstößen. In der Nähe des Präsidentenpalasts durchbrachen Demonstranten eine Polizeibarriere. Nach Informationen aus Mursis Umfeld soll der Präsident inzwischen den Palast verlassen haben. Dies meldet auch die Zeitung "al-Ahram" unter Berufung auf Sicherheitskreise. Sein genauer Aufenthaltsort ist derzeit unbekannt.
Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengasbeschuss auf die Aktionen der Demonstranten. Es kam auch zu körperlichen Auseinandersetzungen, immer wieder brachen Schlägereien aus. Das Gesundheitsministerium meldete mindestens 18 allein bei den Zusammenstößen am Palast. Inzwischen sollen sich die Sicherheitskräfte jedoch wieder passiver verhalten, berichtet der TV-Sender al-Dschasira.
Seit 17 Uhr Ortszeit marschierten von mehreren Sammelpunkten in der Stadt Menschenzüge mit Fahnen und Plakaten in den Stadtteil Heliopolis, berichtet SPIEGEL-ONLINE-Reporter Matthias Gebauer aus Kairo. Dort hat die Polizei den Palast weiträumig mit Hunderten Beamten der Bereitschaftspolizei, schwarz gekleidete Männer mit Schilden und Schlagstöcken, abgesperrt. An vielen Kreuzungen stehen Straßensperren mit Stacheldraht.
Durch die Menschenmenge schlängeln sich Krankenwagen mit Blaulicht, die Verletzte abtransportieren. Gleichzeitig sammeln Demonstranten aus dem Gleisbett einer Straßenbahnlinie Steine auf. Ganz vorne an den Absperrungen stehen inzwischen hauptsächlich Vermummte, teilweise mit Gasmasken ausgerüstet. Die aufgebrachte Menge forderte lautstark den Rücktritt Mursis und die Abkehr von den geplanten Verfassungsänderungen.
"Wir marschieren gegen die Tyrannei und werden unseren Kampf erst aufgeben, wenn alle unsere Forderungen erfüllt sind", sagte Oppositionsvertreter Hussein Abdel Ghany der Nachrichtenagentur Reuters.