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Thema: Der 8. Mai 1945 im Wandel der Zeiten

  1. #1
    geradlinig Benutzerbild von ortensia blu
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    Standard Der 8. Mai 1945 im Wandel der Zeiten

    Von der "dunkelsten Stunde" zur "Befreiung"

    Von Adenauer über Weizsäcker bis zur Gegenwart: Der 8. Mai 1945 im Wandel der Zeiten

    Was geschah vor 60 Jahren? Das Ende des Krieges wurde vor allem mit Erleichterung begrüßt - das war das vorherrschende Gefühl. Die Bombenangriffe, die Tiefflieger, das Leben im Luftschutzkeller, die Meldungen über Verluste der nächsten Angehörigen - das meiste hatte ein Ende, der Kampf ums Überleben begann. Was die Deutschen fatalistisch als Zusammenbruch zu bezeichnen sich angewöhnt haben, war keine Befreiung.

    Ohne Reaktion - weder jubelnde Begrüßung noch Widerstand - nahm die erschöpfte Bevölkerung den Einmarsch der Sieger hin. Die Engländer installierten als routinierte Kolonialherren ihr Regime für unterworfene Völkerschaften; die Amerikaner warfen Schokolade aus den Panzern ungeachtet der Direktive ihrer obersten Führung: "Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat." Die französischen Truppen, die teilweise aus dem kommunistischen Untergrund rekrutiert waren und die die deutsche Besatzungszeit nicht vergessen hatten, machten sich durch kleinliche Schikanen bei der Bevölkerung verhaßt.

    Was sich jedoch im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands ereignete und seit dem ersten Vorstoß sowjetischer Truppen nach Ostpreußen bereits vorhersehbar war, hätte keine Goebbels-Propaganda besser erfinden können.

    Seit Menschengedenken hatte es eine solche Orgie von Vergewaltigung, Plünderung und Mord in Deutschland nicht mehr gegeben. Das auszusprechen hat nichts mit Schuldaufrechnen zu tun.
    Denn dieses grauenvolle Geschehen war für die Sowjets selbst kontraproduktiv. Ihre Soldateska zerstörte nämlich deren deutschlandpolitisches Konzept. Nach dem, was geschehen war, stellten die Sowjets für die übergroße Mehrheit der Bevölkerung keinen politischen Partner mehr dar.
    Zumal die Sowjets starr daran festhielten, den 8. Mai, Kriegsende und Besetzung durch die Rote Armee als "Tag der Befreiung" zu feiern, der zuerst in der Sowjetzone, dann in der DDR sogar zum Feiertag erhoben wurde.
    Die Bevölkerung der Sowjetzone hatte fortan ihre eigene Definition für den Anlaß dieses Tages. Mit Schmunzeln pflegten die Menschen zu sagen, sie seien von ihrer Uhr und ihrem Fahrrad befreit worden. Anfang der achtziger Jahre wurde dieser Feiertag wieder abgeschafft, um dadurch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit zu ermöglichen.

    In Westdeutschland spielte der 8. Mai lange keine Rolle. Von "Befreiung" keine Spur. Statt dessen wurde in intellektuellen Kreisen der Mythos von der "Stunde Null" gepflegt, die bei Kriegsende die Chance eines radikalen Neuanfangs geboten habe, die aber nicht genutzt worden sei. Da ist mehr literarische Nostalgie im Spiel als historische Realität. Denn das drakonische Besatzungsregime mit seinen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit und die genaue Kontrolle der Anfänge des politischen wie des kulturellen Lebens, in den verschiedenen Zonen unterschiedlich in den Methoden, aber im Ergebnis recht effektiv, ließ keinen Gestaltungsraum für Traumtänzer, die sich in der "Stunde Null" verwirklichen wollten.

    Konrad Adenauer schrieb am 18. Januar 1947 eine niederschmetternde Lagebeurteilung: "Die "Befreiung" ist eine grausame und harte Enttäuschung." Den CDU-Vorsitzenden der britischen Zone deprimierten die politische und wirtschaftliche Stagnation und die sinnlosen Demontagen. Als Kanzler mußte er dann in unzähligen Begegnungen und in zum Teil harten Auseinandersetzungen immer wieder zur Kenntnis nehmen, wie schwer es war, das Besatzungsregime zu überwinden, wieder Herr im eigenen Haus zu sein ..

    Adenauer zum Kriegsende: "Zehn Jahre vorher zerbrach Deutschland und hörte auf, ein sich selbst regierender Staat zu sein. Es war die dunkelste Stunde unseres Vaterlandes." Das Wort wiegt schwer, denn Adenauer ist nie ein Nationalist gewesen, dafür aber ein überzeugter Anhänger der Weimarer Republik, der zudem unter dem NS-Regime schwer gelitten hatte. Aber das beeinflußte nicht sein Urteil über die tiefe Zäsur des Jahres 1945, das den Verlust der deutschen Staatlichkeit gebracht hatte.

    In den sechziger Jahren begannen mit der Nachkriegsgeneration und ihrem Konflikt mit der Elterngeneration die Aufkündigung des demokratischen Konsenses und die Revision des Geschichtsbildes. Mit deren Verengung auf Nationalsozialismus und Holocaust wurde der zweite deutsche Staat bewußt aufgewertet. Was die intellektuelle Linke trotz einiger Vorbehalte an der DDR so schätzte, war ihr antifaschistischer Ursprung. Anders als in westeuropäischen Demokratien bestand in diesem Milieu seit jeher die Spannung zwischen Nation und Gesellschaft. Im Zweifelsfalle entschied man sich gegen die Nation. Konkret auf die DDR bezogen hieß das, die Spaltung Deutschlands als Strafe für die deutschen Verbrechen hinzunehmen.

    Vor diesem Hintergrund ist die Rede Richard von Weizsäckers am 8. Mai 1985 zu verstehen. Er gab diesem Tag eine neue Deutung. Sei er doch, bei allem Schmerz über die erlittenen Verluste, ein "Tag der Befreiung" gewesen. ...

    Die seitdem weitverbreitete Beflissenheit, zu feiern und sich auf die Seite der Sieger zu schlagen, das Bedürfnis, die deutsche Schuld zu pflegen, da diese ja nur die Väter und Großväter betreffe, ist jedoch auf lange Sicht ein Weg in die Sackgasse. Geschichtsloses Fellachentum wirkt auf die Dauer lähmend und verhindert die dringend notwendige Besinnung auf die eigene Kraft.

    Henning Köhler
    Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin.

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    Schröder, ein geschichtsloser Felache, der sich beflissen auf die Seite der Sieger schlägt und sich entschuldigt. Warum verlangt er keine Entschuldigung von den Russen für die brutale Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat, für die Besetzung und Eroberung deutscher Gebiete?

  2. #2
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    Rede des Bundespräsidenten:

    "Wir trauern um alle Opfer"
    Von Horst Köhler

    08. Mai 2005 Am 8. Mai 1945 sitzt der deutsche Sanitätsoberfähnrich Wolfgang Soergel in einem Kriegsgefangenenlager in Schottland. Dort schreibt er in sein Tagebuch:
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    Also ich find sie ziemlich gelungen.
    MfG LL

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  3. #3
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    Schröder, ein geschichtsloser Felache, der sich beflissen auf die Seite der Sieger schlägt und sich entschuldigt. Warum verlangt er keine Entschuldigung von den Russen für die brutale Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat, für die Besetzung und Eroberung deutscher Gebiete?
    Wäre schlecht fürs Geschäft ?!


    MfG LL

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  4. #4
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    Zitat Zitat von ortensia blu
    Zumal die Sowjets starr daran festhielten, den 8. Mai, Kriegsende und Besetzung durch die Rote Armee als "Tag der Befreiung" zu feiern, der zuerst in der Sowjetzone, dann in der DDR sogar zum Feiertag erhoben wurde.
    Also ich fänd einen Feiertag dafür voll ok. Wen interessiert den schon richtig, was hier vor 50 oder noch mehr Jahren los war. Ich find, dass es uns gut geht, wenn auch erst mal die Arbeitslosigkeit im Griff ist. Die Deutschen sollten nach vorn gucken und nicht immer nur nach hinten. Das Schröder oder Fischer mit Putin feiert ist daher voll in Ordnung.

  5. #5

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    Wir Deutsche blicken mit Schrecken und Scham zurück auf den von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieg
    Ein bisschen mehr Bildung sollte man von einem Bundespräsidenten schon erwarten können...

  6. #6
    berlincruiser
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    Ich weiß zwar, dass natürlich ein geistiger Bürgerkrieg tobt um die Deutungshoheit der Geschichte und das diese Geschichte überall ihre Pfeile bis ins Jetzt schießt, aber ich muss es einfach mal sagen:
    Ich habe es alles so pappensatt, das kann ich gar nicht beschreiben.
    Und ich hoffe inständig, dass es 2015 hoffentlich schon mal eine Nummer kleiner geht und das Thema endlich zur Ruhe kommt.
    70 Jahre danach werden fast alle Zeitzeugen verstorben sein.
    Die im Moment tobende Hysterie ist nicht mehr witzig und nicht mehr gut.

    Aber sicher werden in dem Bereich noch ein paar "Bomben" platzen, wenn erst einmal die Archive der Allierten geöffnet werden!!! Das wird noch lustig bzw. erschütternd für viele.
    Warum nur sind die meisten davon bis heute unter Verschluss ??? Was könnte denn ein Grund sein in mittlerweile nur noch demokratischen und freien Gesellschaften ?!?!?
    Frühestens 2045 werden die ersten freigegeben.

  7. #7
    Trötenflöt Benutzerbild von Lahn12
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    Ich denke auch, daß 2015 die Euphoriewelle der Befreiung etwas nachgelassen hat.
    Das Problem ist, daß die Medien und die Politiker nicht die Meinung des Volkes wiederspiegeln. Die Politiker sind an die Diplomatie gebunden und an Unterwürfigkeit (Schröder), und die Medien sind zur Zeit noch sehr linkslastig. Wird sich aber mit Abtreten der 68er hoffentlich ändern.
    Wenns leicht wäre, würden es andere machen.

    Was ist falsch an gesundem Patriotismus?

    Political Correctnis verschleiert die Tatsachen und
    bremst die Wahrheit.

  8. #8
    Ens Käufens Benutzerbild von Parabellum
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    Zitat Zitat von berlincruiser
    Aber sicher werden in dem Bereich noch ein paar "Bomben" platzen, wenn erst einmal die Archive der Allierten geöffnet werden!!! Das wird noch lustig bzw. erschütternd für viele.
    Warum nur sind die meisten davon bis heute unter Verschluss ??? Was könnte denn ein Grund sein in mittlerweile nur noch demokratischen und freien Gesellschaften ?!?!?
    Frühestens 2045 werden die ersten freigegeben.
    Weil manche "Möchtegern-Revisionisten" die Quellen wieder für ihre Zwecke uminterpretieren.

    Zündel, Farisson und App lassen grüßen. Meister des Uminterpretierens.

  9. #9
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    Zwei Anmerkungen zum OT: Ich glaube, die Sowjets haben das Kriegsende immer am 9. Mai gefeiert. Am 8. Mai wurde in Reims die Kapitulation mit den Westmächten unterzeichnet und am 9. Mai in Karlshorst mit den Sowjets - auf Stalins Drängen - wiederholt.

    Ich weiß auch nicht, ob Adenauer ein glühender Verfechter der Weimarer Republik war. Meines Wissens war er wenigstens eine Zeit lang ein Vertreter der separatistischen Rheinland-Bewegung. Vielleicht kann uns jemand darüber Näheres erzählen.
    Quidquid agas prudenter age et respice finem.

  10. #10
    Mitglied Benutzerbild von Lord Solar Plexus
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    Zitat Zitat von berlincruiser
    Ich habe es alles so pappensatt, das kann ich gar nicht beschreiben.
    Das kann ich völlig nachvollziehen. Dennoch, es ist notwendig, ab und an mal in den Rückspiegel der Geschichte zu schauen.

    Und ich hoffe inständig, dass es 2015 hoffentlich schon mal eine Nummer kleiner geht und das Thema endlich zur Ruhe kommt. 70 Jahre danach werden fast alle Zeitzeugen verstorben sein.
    Das wird es nicht, weil jede Generation immer wieder alles neu lernen muss. Dazu gehören auch die Gründe, warum politisches Handeln verantwortungsvoll sein muss. Es geht auch nicht um die Zeitzeugen, sondern um die Fragen, ob man aus Geschichte lernen kann und wenn ja, was diese Lehren sein mögen. Darüber wird es unausweichlich immer verschiedene Interpretationen geben.
    Quidquid agas prudenter age et respice finem.

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