Bundestag debattiert über EU-VerfassungBundestag debattiert über EU-Verfassung
Berlin (AFP) - Bundeskanzler Gerhard Schröder hat im Bundestag für eine Ratifizierung der Europäischen Verfassung geworben. Das Vertragswerk verdiene das große Wort "historisch", sagte Schröder in seiner Regierungserklärung. Sie sei "ein sehr guter und fairer Kompromiss". SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte, das Vertragswerk gebe Orientierung. "Wir wollen dieses Europa demokratisch, sozial und friedfertig." Unionsfraktionschefin Angela Merkel erklärte, sie könne zu der Verfassung "aus vollem Herzen Ja sagen, auch wenn mir nicht alles gefällt".
Die Abgeordneten rief der Kanzler zur Zustimmung auf: "Wer mehr Demokratie will in Europa, muss für die Verfassung stimmen." Das Vertragswerk werde dem europäischen Integrationsprozess einen "neuen Schub" verleihen. Die Verfassung sei das vorläufig "krönende Werk von zwei oder drei Generationen". Durch die Verfassung werde die EU entscheidungsfähiger und bleibe zugleich politisch führbar. Die EU werde demokratischer und bürgernäher. Das Europäische Parlament werde gestärkt. Die nationalen Parlamente erhielten zusätzliche Informations- und Kontrollrechte.
Schröder erinnerte an die Leiden durch die NS-Herrschaft und die Jahre nach dem Ende des Krieges. Damals hätte niemand von einer europäischen Verfassung zu träumen gewagt. "Europa wurde aus der Not geboren", sagte Schröder. "Aus dem Elend des Seins wuchs ein neues Bewusstsein: ein neuer Geist." Dabei sei vor allem die besondere Bindung zwischen Deutschland und Frankreich, die nach 1945 erreicht wurde, für alle nachkommenden Generationen "Erbe und Verpflichtung".
Europa als "Werte- und Friedensgemeinschaft zu stärken - dazu gibt es keine Alternative", sagte Merkel. Zwar seien die Zweifel einiger in der Union geblieben, die dem Text nicht zustimmen wollten. Doch werde eine große Mehrheit "Ja" sagen. Merkel kritisierte erneut, dass in der Verfassung kein "klarer Gottesbezug" festgeschrieben worden sei. Dies hätte "mit Sicherheit geholfen, unsere Identität klarer zu definieren".
Trotz Kritik einiger Unionsabgeordneter wird mit einer großen Mehrheit für das Verfassungswerk gerechnet. Bei einer Probeabstimmung der Unionsfraktion am Dienstagabend hatten 13 Abgeordnete mit Nein votiert.