Volksverhetzung und ein Schweigen im Blätterwald
Systematische Volksverhetzung wirft Otto Schily der türkischen Zeitung Vakit vor und verbietet sie. Sie stellt ihn daraufhin als Inkarnation Hitlers dar. Die Presse schweigt bisher.
Von Claudia Dantschke
Seit vier Tagen wird die Geduld von Bundesinnenminister Otto Schily auf eine harte Probe gestellt. Flankiert vom Hakenkreuz prangt sein Foto Tag für Tag auf der Titelseite der in der Türkei erscheinenden Tageszeitung Anadolu’da Vakit (deutsch: „Die Zeit in Anatolien“). Unter Schlagzeilen wie „Die Zionisten haben Deutschland in der Zange“ oder „Die 2. Nazi-Periode“ gehen nicht nur die Vakit-Journalisten und Kommentatoren mit Schily ins Gericht. Auch der Karikaturist der Zeitung lässt seinem Zeichenstift freien Lauf.
So sitzt Otto Schily in der Ausgabe vom 1. März 2005 am Tisch und unterschreibt ein Dekret. Sein linker Arm liegt dabei auf einem Buch, das unschwer als Hitlers „Mein Kampf“ zu erkennen ist. Schily trägt eine Krawatte mit Hakenkreuz und neben ihm liegt seine Brille, darin angeklebt die blauen Augen des Bundesinnenministers. Er hat sie abgelegt und der Betrachter der Karikatur kann nun in die „wahren“ Augen Schilys blicken: zwei Davidsterne als Symbol für „die Juden“, in deren Auftrag der Minister „tatsächlich handelt“.
Beispiellose Hasskampagne
Schily als „Inkarnation Hitlers“, als „Marionette der Juden“, als „Feind des Islam“ mit einem langen „Vorstrafenregister“ als Beleg für diese „Feindschaft“. Kein antisemitisches und islamistisches Stereotyp bleibt ausgespart in dieser Hassorgie, die täglich in fast 70.000facher verkaufter Auflage ihre Leser und Leserinnen in der Türkei erreicht, nicht gezählt die Nutzer des entsprechenden Internetauftrittes dieser Zeitung.
Stein des Anstoßes dieser beispiellosen Kampagne gegen den Bundesinnenminister und damit die Bundesrepublik ist das Verbot der in Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt am Main ansässigen Gesellschaft „Yeni Akit GmbH“ durch Otto Schily am Freitag, dem 25. Februar 2005. Seit Dezember 2001 hatte diese „Yeni Akit GmbH“, den Europa-Ableger der türkischen Tageszeitung Anadolu'da Vakit herausgegeben, nach eigenen Angaben in einer täglichen Auflage von 10.000 Exemplaren europaweit.
Der Verkauf der Zeitung erfolgte über den normalen Zeitungskiosk und zunehmend auch per Abonnement. Vor allem im letzten Jahr präsentierten sich Vertreter der Zeitung auf islamischen Buchmessen mit eigenen Ständen, um neue Abonnenten zu werben. So auch im Frühjahr 2004 in Berlin, als eine derartige Messe im Hof der zur Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs gehörenden Mevlana Moschee stattfand. Die Abonnentenwerber sahen dabei die Schlagzeile der Europa-Ausgabe vom 24. März 2004 als besonders geeignet, potenzielle Interessenten an ihren Stand zu locken. Und so drapierten sie diese Ausgabe gut sichtbar für alle Messe-Besucher, die somit schon von weitem lesen konnten „Verflucht seiest Du, Jude!“.
Vor dem Amsterdam-Mord nicht beachtet
„Die Yeni Akit GmbH verbreitet unter dem Deckmantel angeblich ‚seriöser Berichterstattung’ anti-jüdische und anti-westliche Hetze“, begründete Otto Schily deshalb zurecht sein Verbot des Herausgeberverlages und damit der Tageszeitung Anadolu'da Vakit (kurz: Vakit) in Deutschland.
Bereits am 5. April 2003 hätte die Zeitung bei jedem der türkischen Sprache mächtigen Zeitungskäufer Aufmerksamkeit erregen müssen, titelte sie doch mit riesigen Lettern „Hitler hatte Recht“ und schrieb: „Ihr Juden seid die Schmarotzer der Welt“.
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Wo bleiben da die Proteste von jüdischer Seite?