Sozialhilfebezug der Einwanderer steigt um 5000 Prozent
Zugleich aber stieg etwa in Berlin der Sozialhilfebezug der Einwanderer von anfänglich weniger als einem Prozent auf knapp 50 Prozent aller Türkischstämmigen (DIW/Karl Brenke 2008). Wir haben es also mit einem Anstieg von 5000 Prozent zu tun. Wer das unterschlägt, begreift dann die Debatte nicht mehr.
An die 100.000 Euro bis zum 18. Lebensjahr für bald 200.000 Kinder aus jedem Jahrgang sollen die Nachbarn für Edelkrippen, Spezialkitas, Coaches, Lotsen, Therapeuten, Sozialgeld, Schulen, Nachhilfelehrer etc. aufbringen.
Um dem Schritt in die Integrationsverweigerung zuvorzukommen, sollen die Kinder schon mit 18 Monaten dem Einfluss ihrer Eltern zumindest partiell entzogen werden, damit sie später fähig sind, auf nationalistische Parolen nicht mehr hereinzufallen. Doch nicht einmal der Bundespräsident gibt eine Garantie dafür, dass mit all diesen Sonderprogrammen tatsächlich Heere von Abiturienten gewonnen werden können.
Das Einkommen wird durch Neugeborene aufgebessert
Das Gefühl der Aussichtslosigkeit rührt daher, dass jeder legal in Deutschland Lebende ohne Einkommen bis ans Ende seiner Tage von den Mitbürgern für eine menschenwürdige Existenz bezahlt werden muss. Das Problem kann sich mithin niemals auswachsen.
Unser Verfassungspatriotismus kollidiert mit der Versorgungskraft
Bei uns jedoch ist der Hilfeanspruch an die Person gebunden. Seine Übertragung an das Familienkollektiv verletzt das Gleichheitsprinzip und ist deshalb verfassungswidrig. Unakzeptabel ist auch der amerikanische Weg, der seit 1997 nur maximal fünf Jahre Sozialhilfe vorsieht und damit die Geburtenzahl bei bildungsfernen Hilfeempfängern bis 2005 um 70 Prozent gesenkt hat.
Die Amerikaner verletzen zwar nicht das Gleichheitsprinzip, aber wegen fehlender Lebenslänglichkeit der Versorgung die Menschenwürde. Das gilt auch für andere Regierungen, die Zuwanderer erst einmal fünf oder zehn Jahre von der Sozialhilfe ausschließen. Was sie, Den Haag oder Washington machen, wäre in Deutschland strafbar.
Gleichwohl kollidiert unser Verfassungspatriotismus mit der Versorgungskraft des vergreisenden Restes. Wird deshalb das Sozialstaatspostulat des Grundgesetzes bald genauso vor das Bundesverfassungsgericht müssen wie hochrangige Verleumder Sarrazins? Oder werden die – gewiss ebenfalls raren – Verfechter seiner Reform dann als Verfassungsfeinde am Pranger landen?
Der Autor ist emeritierter Professor für Sozialpädagogik an der Universität Bremen.