Etymologie und Politische Korrektheit

[bernhard44]

die Sprache unterliegt ja einen steten Wandel. Doch noch nie änderte sie sich so schnell wie in den letzten Jahrzehnten. Besonders Fahrt nahm die Veränderung mit dem Vordringen der "Politischen Korrektheit" auf. Bis in den Alltag und die tägliche Arbeitswelt greift dieses neumodische Regulativ in unsere Sprache ein. Jüngstes Beispiel, mit großer medialer Aufmerksamkeit, war die angebliche "Entgleisung" (darf man das so sagen?) der Moderatorin ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein mit ihrem "inneren Reichsparteitag.

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nun gibt es aber noch weitere Stolperfallen und Fettnäpfchen mit denen man sich heute um Kopf und Kragen reden kann! Wie sieht es aus mit Redewendungen und Worten, die einem unbedacht über die Lippen kommen und die je nach Gegenüber dramatische Folgen haben können!
Wie schätzt man allgemein die Verwendung nachfolgender Floskeln ein?

- das war für mich ein innerer Reichsparteitag
- das ist ja abartig
- etwas bis zur Vergasung üben (oder tun)
- nicht lange fackeln

um nur die drei zu nennen!
Mir geht es gar nicht unbedingt um einzelne Wörter die mittlerweile negativ besetzt sind wie "Neger" oder "Zigeuner", das hatten wir ja hier schon öfter. Mir geht es vordergründig um solche Beispiele wie die oben genannten und andere. Sind es überhaupt Fallen und Stolpersteine oder halten die Vorwürfe eine etymologische Überprüfung gar nicht stand?

[Paul Felz]

Wieso jetzt Überprüfung der Herkunft? Die Worte gab es auch alle schon vor den Nazis. Geht es jetzt darum, daß bestimmte Worte, die es immer schon gab, von den Nazis "verbrannt" wurden, nur weil sie dort benutzt wurden?

Dann wird es aber schwierig, ich wüßte jetzt kaum Worte, die die Nazis nicht benutzt haben sollen. Außer natürlich, etwas war noch gar nicht erfunden.

[bernhard44]

Wieso jetzt Überprüfung der Herkunft? Die Worte gab es auch alle schon vor den Nazis. Geht es jetzt darum, daß bestimmte Worte, die es immer schon gab, von den Nazis "verbrannt" wurden, nur weil sie dort benutzt wurden?

Dann wird es aber schwierig, ich wüßte jetzt kaum Worte, die die Nazis nicht benutzt haben sollen. Außer natürlich, etwas war noch gar nicht erfunden.

ja klar, ich meine auch die Verwendung in der heutigen Zeit! Dass das keine Worte der"Nazis" sind weiß ich selber!

[twoxego]

"innerer vorbeimarsch" ist etwas ähnliches wie der "innere Reichsparteitag".

letzteren gab es übrigens als "inneren Parteitag", ohne Reich, auch in der zone als redewendung.
sie stellte allerdings in beiden fällen eine ironisierung dar.

frau Katrin Müller-Hohenstein hat sich damit auch nicht als politisch inkorrekt geoutet sondern eher als angehörige der gruppe, die in meiner signatur vorkommt.

[Paul Felz]

ja klar, ich meine auch die Verwendung in der heutigen Zeit! Dass das keine Worte der"Nazis" sind weiß ich selber!

Dann verstehe ich die Absicht nicht. Die Stolperfallen beziehen sich doch gerade auf die Vergangenheit. Gerade Dein Beispiel "innerer Reichsparteitag" verdeutlicht das doch.

Warum sollte man da in eine Falle tappen, hätte es die Nazis nicht gegeben?

[bernhard44]

Dann verstehe ich die Absicht nicht. Die Stolperfallen beziehen sich doch gerade auf die Vergangenheit. Gerade Dein Beispiel "innerer Reichsparteitag" verdeutlicht das doch.

Warum sollte man da in eine Falle tappen, hätte es die Nazis nicht gegeben?

natürlich tappt man in die Falle weil es die Nazis gab! Hab ich mich wirklich so missverständlich ausgedrückt?
Ist es aber wirklich böse dieses Wort auch heute zu benutzen, ich denke nein, wie es "twoxego" auch beschrieben hat. Und weiter haben diese Floskeln überhaupt einen Nazibezug?
wie kurios manche Diskussionen sind kann man hier sehen: [Links nur für registrierte Nutzer]
Oder um mit Kerner zu sprechen - "Autobahn geht gar nicht"

[Paul Felz]

natürlich tappt man in die Falle weil es die Nazis gab! Hab ich mich wirklich so missverständlich ausgedrückt?
Ist es aber wirklich böse dieses Wort auch heute zu benutzen, ich denke nein, wie es "twoxego" auch beschrieben hat. Und weiter haben diese Floskeln überhaupt einen Nazibezug?
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Oder um mit Kerner zu sprechen - "Autobahn geht gar nicht"

Das ist mir in der Tat nicht klar, worauf Du eigentlich hinaus willst. Neger hat ja nunmal nichts mit Nazis zu tun, is aber auch, warum auch immer, verpönt.

Zu fast jedem Wort kann man die Nazikeule schwingen. Es soll ja auch gute Veränderungen unter der NSDAP gegeben haben. Schwupps! Nazi.

Allerdings wundert mich, daß sich noch niemand über den "Reichstag" oder gar das "Deutsche Volk" echauffiert hat. "Autobahn" ist ja auch schon gefährlich, obwohl weder das Wort noch die Erfindung von Hitler waren.

[Berwick]

Das Wort "Vergasung" hat einen völlig harmlosen physikalischen Hintergrund.

Etwa ebenso wie der "Vergaser" beim Motor.

[kotzfisch]

Aschenbecher auch betroffen?
Brennkammer (V2 und Ausschwitz...Tss,tss,tss)

Hermannisieren,Coventrieren,Blondi,Blitz,Eva?

Scheisse.Die Entnasofikation der Sprache tut not!

[Berwick]

Zur Wendung: "bis zur Vergasung":

diese umgangssprachliche Redewendung ist älter als die deutschen Gaskammern. Angeblich (ohne präzise Quellenangabe) hat Hitler selber den Begriff bereits 1939 in einer Rede benutzt - also eine Weile vor T4 und eine ziemliche Weile vor Birkenau. Zu einem Zeitpunkt also, wo seine Massenmordpläne zumindest ihm selber bekannt waren, aber wo noch keineswegs entschieden war, ob man Gas für die Morde benutzen würde.

Volksetymologisch könnte die Redewendung auf das Analysenkochen in der Chemie zurückgehen (welches in der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts durchaus auch an Oberschulen betrieben wurde): Um einen vorliegenden Stoff in einen gasförmigen Zustand zu überführen, muss man ihm relativ viel Energie zuführen -- wenigstens auf dem Papier waren die Offiziere und Lehrer, die irgendwas "bis zur Vergasung" üben ließen, allesamt durch eine Oberschule gegange

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